Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
Trotzdem hat mich die Direktorin am nächsten Tag nach der Pause abgepasst und gesagt:
„Einen Yoda als Mathelehrer werden wir nicht bekommen. Tut mir leid.“
„Warum nicht?“
„Weil Außerirdische bei uns keine Arbeitserlaubnis bekommen.“
„Das ist ja blöd.“
„Ja. Im Grunde eine tolle Idee, Hoffmann. Aber die Zeit ist dafür noch nicht reif.“
„Wann ist die Zeit reif?“
Sie hat so komisch gegrinst, zuckte die Schultern und sagte:
„Das ist Politik! Darauf haben wir keinen Einfluss. Du musst Dir keinen Kopf mehr darüber machen, OK?“
„OK.“
„Ich kümmere mich darum und halte dich auf dem Laufenden.“
„Und sobald es eine Arbeitserlaubnis für Yodas gibt, stellen Sie einen für Mathe ein?“
„Selbstverständlich. Danke noch mal, dass du so mitdenkst.“
Dann ist sie abgedüst, hat ihre Fassade aufgestellt und alle Kinder in die Klassenräume zurückgetrieben. Deshalb mag ich meine Direktorin, weil sie sich um alle meine Zettel kümmert, die ich in den Kummerkasten werfe. Deshalb bin ich ganz sicher, dass wir mal einen Yoda als Mathelehrer bekommen. Aber das kann natürlich noch eine Weile dauern, weil unsere Direktorin noch ganz viele andere Sachen hat, um die sie sich kümmern muss. Zum Beispiel das Sommerfest. Ich bin dafür, dass sie sich zuerst um das Sommerfest kümmert, und dann erst um die Arbeitserlaubnis für die Yodas.
11
Mein Vater saß am Tisch bei Serrano und hatte Angst. Es war so wie bei Napoleon. Er hatte schon fast gewonnen, und dann kamen doch noch die Preußen und haben ihn besiegt. Das haben wir in Geschichte gelernt. Das war in Waterloo. Das ist irgendwo in Belgien. Obwohl ich Geschichte nicht mag und alles sofort wieder vergesse, habe ich mir das so gut gemerkt, weil ich mich in der Geschichtsstunde total blamiert habe. Ich wollte ganz schlau sein und habe gefragt, ob Waterloo immer noch in Belgien ist. Mein Geschichtslehrer ist total ausgerastet.
„Was ist denn das für eine saublöde Frage, Hoffmann? Waterloo ist ein Ort. Ein Ort in Belgien! Meinst Du der ist auf einmal in England? Komm mal in der Wirklichkeit an.“
Die ganze Klasse hat gejault und gefiept vor Wonne und ich bin ganz rot geworden. Aber manchmal ist es doch so, dass ein Ort mal in einem Land ist und dann nach einem Krieg in einem anderen, oder?
Mein Vater hatte jetzt auch Angst vor seinem Waterloo. Dabei hatte es bis jetzt für ihn so gut ausgesehen, weil er Leute wirklich gut beschwallen kann. Jetzt aber hatte er Angst, dass Serrano und ich doch keine Gegner sind, sondern plötzlich Jedi-Verbündete. Gegen einen alten Jedi-Yoda und ein ADS-Kind, das auf Teufel komm raus fragt, und die sich verbünden, haben die anderen Erwachsenen keine Chance.
Serrano lächelte und kam noch mal um den Tisch geschlurft, um mir Fruchtsaft einzuschenken. Aber diesmal drehte er mir nicht seine riesigen Ohren mit den Haarbüscheln zu, sondern sah mich an und zwinkerte mir ganz kurz zu. Nur ungefähr eine milliardstel Sekunde, damit nur wir beide es mitbekommen. So als wollte er sagen: ich gebe dir den zweiten Schlüssel für den Todesstern später. Den Hauptschlüssel darf er mir nicht geben, den muss er nämlich behalten. Das weiß ich ganz sicher. Kinder dürfen keine Hauptschlüssel bekommen, nur Zweitschlüssel. Das weiß ich von meinem Vater. Wenn man den Hauptschlüssel verliert, müssen nämlich in der ganzen Wohnanlage alle Schlösser ausgetauscht werden. Und das kostet ungefähr eine Million. Und die will mein Vater nicht zahlen. Deshalb bekommen Kinder nur Zweitschlüssel.
Serrano und ich hatten uns verbündet, ohne dass meine Eltern es mitbekommen hatten. Irgendwie tat es mir jetzt leid, dass ich bei der Polizei angerufen hatte und sie Bomben bei ihm gesucht hatten. Aber das war bestimmt Teil seines Plans. Yodas denken ja immer um 800 Ecken. So wie ich. Und wenn ich nicht angerufen hätte, dann hätte ich auch nie einen echten Yoda getroffen und wir hätten uns nicht verbünden können.
Eigentlich hätten wir jetzt wieder gehen können. Weil das, worum es ging, hatten wir ja gemacht. Wir hatten uns verbündet. Serrano war ein Yoda und ich hatte es gemerkt und die ganze blöde Bombengeschichte war nur das Drumherum. Ich glaube Yodas schwallen nicht gerne herum wie Erwachsene. Erwachsene müssen immer reden und reden, bis man überhaupt nicht mehr weiß, worum es ging. Mein Vater erzählte zum Beispiel von unserem letzten Urlaub in Italien. Dass wir im Stau gestanden sind, weil wir
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