Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
blöderweise natürlich immer losfahren wie alle. Am ersten Ferientag ganz früh. Aber es gibt scheinbar eine Million Leute, die noch früher aufstehen als meine Eltern, denn als wir auf die Autobahn gefahren sind, ging gar nichts mehr und wir standen bis Italien. Ich glaube wir haben den halben Urlaub auf der Autobahn verbracht. Eigentlich hätte meine Mutter am Standstreifen Würstchen grillen müssen. Das macht sie doch so gerne. Aber auf dem Standstreifen Würstchen Grillen darf man nicht, obwohl da gar nichts brennen kann. Das ist doch gepflastert.
Serrano hörte sich alles geduldig an. An den Stellen, wo ich nicht so gut weg kam, zwinkerte er mir immer wieder zu. Aber natürlich immer nur eine milliardstel Sekunde, damit nur wir beide es mitbekommen. Manchmal schenkte er mir auch noch Fruchtsaft nach. Dann stand Serrano auf und schlurfte zur Kochnische, um sich einen Tee zu kochen.
Wurzelblätter - ich selbst gekocht. Es war irgendwas aus Kräutern. Er fragte gar nicht, sondern stellte mir eine Tasse hin und schenkte einfach ein.
Ich mag eigentlich gar keinen Tee. Auf jeden Fall keinen Kräutertee. Das habe ich mal gemerkt, als ich bei Mona war und ihre Mutter uns dann im Winter mal eine Kanne Kräutertee reinbrachte.
„So, das tut Euch gut“, sagte Monas Mutter. Aber mir tut Kräutertee gar nicht gut. Ganz im Gegenteil. Ich bekomme Panik und raste völlig aus, wenn man mich zwingt Kräutertee zu trinken. Für mich ist Kräutertee nicht gesund, sondern ein Gift. Das findet meine Mutter schrecklich. So schrecklich, dass sie es sogar mal Frau Dr. Müller-Nöllendorf erzählt hat. Das war auf dem Gang. Ich hätte das nicht hören sollen, aber ich habe es gehört. Frau Dr. Müller-Nöllendorf hat so seltsam zu mir rübergesehen mit einem Blick, dass das nun auch schon egal ist. Sie hatte so einen „Wenn er um Säulen an der Garage rennt, muss er auch keinen Kräutertee trinken“-Blick. Ich weiß nicht, ob das aus ihrer Sicht gut oder schlecht ist. Das war kurz bevor sie mir das erste Asterix geschenkt hat.
„Was ist?“ hat Monas Mutter gefragt, weil ich natürlich schon total hibbelig war, als sie das Tablett mit der Kanne auf den Boden gestellt hat. Ich war natürlich so blöd Monas Mutter anzuschwindeln und zu sagen, „der ist mir zu heiß.“
„Dann wartest Du eben 10 Minuten.“ Bumm. Manche Erwachsenen schwindelt man besser nicht an, weil man sich dann eine Sekunde später was Neues überlegen muss. So wie bei Monas Mutter. Monas Mutter ist manchmal ein bisschen wie ich. Sie fragt immer „warum?“, „wieso?“ oder sagt „das musst du mir erklären“. Dann setzt sie sich neben einen an den Tisch und schaut. Monas Mutter setzt sich immer so hin, dass man sofort weiß, sie bleibt 2000 Jahre sitzen, wenn sie nicht hört, was sie hören will. „Warum?“, „Wieso?“.
Deshalb ist es auch völlig bescheuert jemanden wie Monas Mutter anzuschwindeln. Denn wenn Monas Mutter dann endlich aus einem rausgekitzelt hat, was sie hören will, dann verpasst sie einem doch noch einen Einlauf. Sie sagt dann:
„Du hast mich angeschwindelt, Sportsfreund. Das ist nicht OK.“
Monas Mutter ist ein wenig wie ein Elefant. Sie hat ein Elefantengedächtnis und vergisst nichts. Vielleicht mag ich sie deshalb auch so gerne.
Monas Mutter hat sich auch gleich zu uns auf den Boden fallen lassen, weil sie wissen wollte, warum ich keinen Kräutertee mag. Wenn Erwachsene sich auf den Boden setzen, dann ist das oft ein Riesentheater. Sie ächzen, japsen, beugen sich nach vorne und labern dann in die Runde, dass ihnen wegen ihrem Job am PC der Rücken weh tut. Es ist eine Riesengeschichte, bis sie endlich auf dem Teppich sitzen. Monas Mutter lässt sich einfach fallen wie eine Abrissbirne. Ich glaube sie kann einfach die Beine wegklappen und dann fällt ihr Körper nach unten. Mir fällt deshalb immer eine Abrissbirne ein, weil es richtig rummst, wenn Monas Mutter auf dem Boden aufschlägt und einmal haben sogar die Gläser in Monas Vitrine geklirrt wie bei einem Erdbeben. Mona und ich sind völlig ausgerastet und haben herumgetobt und mit Monas Mutter eine halbe Stunde gelacht.
„Warum magst Du keinen Kräutertee?“
Ich mag keinen Kräutertee, weil Kräuter am Boden wachsen und es am Boden schmutzig ist. Ich meine nicht schmutzig wie in der Küche, wenn jemand mit Straßenschuhen darin herumläuft. Viel schlimmer. Wegen der vielen Tiere. Ich meine Hasen und Kaninchen und Wasserratten, die alle ihr Pipi auf die
Weitere Kostenlose Bücher