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Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Pöll
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Kräuter machen. Monas Mutter sagte zwar, dass ich das nicht übertreiben darf. Und außerdem werden die Kräuter dann in der Fabrik gewaschen und ganz sauber gemacht, bevor sie in die Teebeutel kommen. Das glaube ich aber nicht. Und es ist mir auch egal. Wenn ich Kräutertee trinken soll, dann sehe ich immer die Tiere, die ihr Pipi auf die Kräuter machen und dann trinke ich es nicht. Das hat mir auch Monas Mutter nicht ausreden können.
    Deshalb trinke ich nur schwarzen Tee, weil der weiter oben wächst und die Tiere mit ihrem Pipi nicht dran kommen. Wir haben mit Monas Mutter ewig rumgelabert, bis Monas Vater dann hereinkam und fragte, was wir zum Abendbrot wollten. Danach hat Mona auch nie wieder Kräutertee getrunken. Ich glaube Monas Mutter ist deshalb ein wenig sauer auf mich. Aber das ist mir egal, weil ich Mona gerettet habe und Monas Mutter hat auch nie mehr was gesagt.
    Als Serrano mit dem Tee kam, dachte ich, das sind Wurzelblätter wie im Film, wo Yoda Tee macht. Tee aus Wurzelblättern sind aber eigentlich noch schlimmer als Kräuter. Sie sind ja noch weiter unten und das Pipi sickert in den Boden und bleibt dann jahrelang an den Wurzelblättern kleben oder wird sogar von den Wurzelblättern aufgesogen.
    Ich muss ganz angewidert ausgesehen haben, denn mein Vater sagte total genervt: „Jetzt reiß Dich zusammen.“
    Ich mag mich aber gar nicht zusammenreißen, wenn ich Pipitee trinken soll. Und außerdem kann ich mich gar nicht zusammenreißen, wenn mir mein Fusionsreaktor um die Ohren fliegt. Mein Vater merkte dann, dass ich zu zittern anfange und meine Anzeige in den roten Bereich läuft. Deshalb hat er die Teetasse von mir weggezogen und gesagt:
    „Er trinkt keinen Kräutertee. Aber ich nehme ihn gerne, vielen Dank.“
    So sind die Erwachsenen. Sie denken immer, dass es eine totale Katastrophe ist, wenn ein Kind etwas nicht mag. Zum Beispiel Spinat. Sie sagen dann:
    „Iss jetzt deinen Spinat. Der hat viel Eisen.“
    Aber ich mag den Spinat ja nicht, weil er zu viel Eisen hat und mir vom Eisen schlecht wird, sondern weil der Spinat auf dem Boden wächst. Deshalb mag ich eigentlich gar kein Gemüse, sondern nur Obst. Am besten vom Baum.
    Für meine Eltern ist das eine Vollkatastrophe, weil Salat doch so gesund ist. Und so lecker. Und weil meine Eltern wegen der schlanken Linie gerne abends einen Salat essen. Meine Mutter dachte lange, sie müsste nur das richtige Dressing finden, damit mir ihr Salat schmeckt. Sie hat ungefähr 2000 Dressings ausprobiert. Aus Asien und Amerika und von überall. Und die Dressings waren wirklich todeslecker. Ich habe sie teilweise in einem Zug ausgetrunken und meiner Mutter gesagt, wie super sie sind. Aber sie hat trotzdem geweint.
    Erwachsene sind eigentlich viel empfindlicher wie Kinder. Wenn ich Mona sage, ich mag etwas nicht, sagt sie „gut“ und lässt mich in Ruhe. Wenn ich meiner Mutter sage, ich mag etwas nicht, dann fragt sie entweder „warum?“ oder sagt: „Aber das ist doch lecker, probier doch.“
    Wenn ich dann „Nö“ sage, dann sind die Erwachsenen tödlich beleidigt. Ich glaube, wenn Erwachsene irgendwo zum Spinatessen eingeladen sind, dann nehmen sie sogar noch Nachschlag, nur damit der Gastgeber nicht schmollt. Auch wenn es ihnen gar nicht schmeckt. Und hinterher latschen sie zum Klo, stecken sich den Finger rein und kotzen heimlich alles aus. Das machen die Erwachsenen doch, oder? Mona meinte auch, dass sie das machen, aber ganz sicher sind wir nicht.
    „Ich mag keinen Kräutertee, weil Kräuter auf dem Boden wachsen. Ich mag nur schwarzen Tee, weil der weiter oben wächst und die Tiere mit ihrem Pipi nicht dran kommen.“
    „Oh“, sagte Serrano, „das verstehe ich. Du erinnerst mich an meinen Enkel.“
    Dann wurde Yoda traurig und schlurfte wieder zur Kochnische, um noch mal schwarzen Tee für mich zu brodeln. Ich glaube, mein Vater und meine Mutter hatten sich ausgeklinkt. Wir waren eigentlich gekommen, damit ich mich entschuldige. Aber darum ging es jetzt gar nicht mehr. Oder hatte mein Vater sich schon entschuldigt, als ich noch Standby war? Weiß nicht. Yoda wuselte an seinen beiden Kochplatten herum. Meine Eltern schwiegen und ich versuchte genau achtundzwanzig Mal pro Minute auf meinem Stuhl hin und her zu wippen, bis meine Mutter mir in Gebärdensprache sagte, dass ich damit aufhören soll. Sie deutete nur und sagte es nicht laut, weil sie nicht wollte, dass Serrano etwas mitbekam.
    Yoda bekam es aber doch mit, denn ohne sich

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