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Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Pöll
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wir zum Mount Everest hochklettern wollten. Sie hat uns alle ganz fest gedrückt und ein Eis mitgegeben, obwohl es erst neun Uhr morgens war.
    Wir waren natürlich zu spät. Aber nicht, weil ich verschlafen habe. Mein Vater vertut sich immer mit der Zeit. Er sagt, von da nach dort braucht man mit dem Auto zehn Minuten. Aber am Samstag ist in der Stadt immer Stau. Oder irgendwelche Lastwagen stehen mit Warnblinker rum und laden irgendwelche Kisten aus. Oder Möbel. Oder frisches Gemüse. Meine Mutter sagte im Auto, dass ich mit dem Aufzählen sofort aufhören soll, weil alle wissen, was Lastwagen alles geladen haben können. Deshalb sind wir fast eine halbe Stunde zu spät gekommen. Serrano hat natürlich schon gewartet, weil er mit dem Rad gekommen ist. Obwohl er weiter weg wohnt als wir. Aber wir haben auch Mona abgeholt. Er war überhaupt nicht angepisst wegen unserer Verspätung. Mein Vater dagegen läuft immer Amok, wenn jemand eine halbe Stunde zu spät kommt. Aber Serrano ist eben Rentner und kein Berater.
    Er ist dann mit uns Kindern zum vierten Stock hochgefahren und hat an einer Türe eine siebenstellige Zahlenkombination eingegeben. Er war ganz vorsichtig, aber ich habe trotzdem gesehen, dass er 7564788 eingetippt hat. Dann war alles plötzlich wie in einem Raumschiff. Wir standen mitten in dem Saal mit der U-Bahn-Karte aus dem amerikanischen Thriller und mein Fuß hat sofort angefangen zu zucken. Aber Serrano hat mir den Arm um die Schulter gelegt und gesagt, dass alles in Ordnung ist und alle U-Bahnen pünktlich sind.
    Plötzlich ist dann eine frühere Kollegin von Serrano hinter uns gestanden. Sie heißt Marlies und hat ausgesehen wie Frau Dr. Käfers Zwilling. Ist sie aber nicht. Das weiß ich, weil ich sie gefragt habe. Sie hat gesagt, dass sie eine Frau Dr. Käfer ganz bestimmt nicht kennt. Sie hat schon auf uns gewartet, weil wir ja zu spät waren, und hat jedem eine Flasche Limonade mitgebracht. Dann hat sie uns zu der großen Wand geschleift, wo die U-Bahn-Linien sind. Wenn man weiß, wo die richtigen Monitore sind, dann kann man hier in der ganzen Stadt zusehen, wie die Leute in der U-Bahn ein- und aussteigen. Und wenn die Türen zugehen, dann fängt auf der großen Wand ein roter Punkt zu blinken an und bewegt sich nach links oder rechts oder oben oder unten. Das ist nämlich die U-Bahn, die zur nächsten Station weiterfährt.
    Einmal hat Mona total laut geschrien, weil wir plötzlich an einer Haltestelle unseren Geschichtslehrer auf dem Monitor gesehen haben. Er hatte ein ganz junges Mädchen dabei mit langen blonden Haaren und ist mit ihr die Rolltreppe hochgefahren. Er war ungefähr nur zwei Meter von uns weg. Ich meine nicht direkt, sondern eben zwei Meter von der Kamera, die ihn aufgenommen hat. Wir haben Marlies gefragt, ob wir die beiden verfolgen können. Sie hat ja gesagt. Auf einem anderen Monitor sind sie wieder aufgetaucht. Unser Geschichtslehrer hat eine Zeitung gekauft und ist dann mit seiner Begleitung zur Straße hochgefahren und dort mit ihr in ein Taxi gestiegen. Dann waren sie weg. Marlies sagte uns, dass man Leute nur mit den Kameras in den Bahnhöfen verfolgen kann, weiter nicht. Mona und ich haben uns dann auch plötzlich gar nicht mehr so für die U-Bahn interessiert, sondern nur für die Kameras. Wir haben aber niemanden mehr gesehen, den wir kannten, obwohl ungefähr tausend U-Bahnen in der Minute überall ein- und ausgefahren sind.
    Dann sagte Marlies, dass wir jetzt los müssten zum Tunnel. Wir sind mit ihr in den Keller gefahren und dann durch eine Seitentür direkt in den U-Bahnhof. Ich sagte, dass ich überhaupt keine Fahrkarte habe, aber Marlies meinte, dass das OK ist, wenn sie dabei ist. Und dann waren wir plötzlich am Tunneleingang zur Baustelle.
    Vier Leute haben schon auf uns gewartet. Aber keiner hat herumgemault. Marlies ließ sich einen Status geben. Das machen die Erwachsenen immer. Auch in den Raumschiff-Filmen nach einem Meteoriten-Einschlag.
    „Geben Sie mir sofort den Status auf die Brücke durch.“
    „Ja, Commander. Wir haben einen Triebwerksausfall.“
    Wir gingen wieder durch eine Eisentüre in einen geheimen Raum, wo einer der Ingenieure ein Papier auseinander rollte und Marlies irgendwas zeigte. Ich habe es nicht gesehen, weil plötzlich Serrano hinter uns stand und uns zwei Helme mit Scheinwerfern gab. Mona und ich haben vor Begeisterung herumgeschrien und gleich die Scheinwerfer eingeschaltet. Wer als erster den anderen mit dem Lichtschwert

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