Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
und wollten von ihr wissen, was wir gerade spielen. Sie sagte „Alice im Wunderland“. Aber das war falsch. Deshalb sind wir noch drei Tage mit dem Bären durch die Wohnung, bis sie total angepisst war. Aber sie hat sich auch keine Mühe gegeben. Plötzlich kam sie ins Zimmer gestürmt, als ich den Bären auf dem Rücken gehabt habe. Sie sagte: „Hoffmann, nimm sofort den Bären vom Rücken, sonst fliegst du raus.“
Wenn Monas Mutter „Monsieur Hoffmann“ zu mir sagt, ist schon Alarmstufe Rot. Aber wenn sie Monsieur weglässt und nur „Hoffmann“ sagt, dann läuft sie gerade total Amok. Deshalb habe ich den Bären abgenommen und ihr gesagt, dass wir „einen Bären aufbinden“ gespielt haben. Das fand sie aber nicht lustig. Aber sie hat uns zehn Minuten später ein Eis gebracht. Aber nur Erdbeere, weil Pistazien aus war. Ich glaube Carl isst jetzt auch gerne Pistazieneis, wenn er nicht mehr so carlish ist. Das finde ich doof, weil Pistazieneis eigentlich meine Sorte ist. Carl könnte doch einfach Haselnuss nehmen. Aber Carl wird bald erwachsen und fängt schon an komisch zu werden.
Serrano war früher Ingenieur bei den Stadtwerken. Im Bereich mit den U-Bahnen. Er hat also selber keine Tunnels gebuddelt, ist aber oft durch die Tunnels gelatscht. Genau habe ich es nicht verstanden. Ich weiß nur aus einem amerikanischen Thriller, dass es in der U-Bahn-Verwaltung eine große Wand mit ganz vielen Lichtern gibt, wo man sehen kann, wo jede U-Bahn gerade ist. Wenn Terroristen eine U-Bahn entführen, dann kann man auf der Tafel sehen, wo sie gerade sind und andere Züge umleiten und alle Kinder warnen, damit sie nicht in die U-Bahn-Höfe hinuntergehen. Ich kann mir Serrano total gut vorstellen, wie er vor der Tafel sitzt und dann immer irgendwelche Knöpfe drückt und dann die U-Bahnen anhält und wieder anfahren lässt.
Serrano hat noch Kontakt zu seinen alten Kollegen. Die sind aber gar nicht so alt wie er, sondern ein paar Jahre jünger. Einen von denen hat er angerufen und ausgemacht, dass er mit Mona und mir eine Besichtigungstour macht. Er zeigt uns das Stellwerk mit der großen Tafel und dann fahren wir zwei Stationen mit der U-Bahn und dürfen dann in den Tunnel mit hineingehen. Nicht alleine. Aber ein paar Leute von der Stadtverwaltung besichtigen wegen irgendwas die Tunnelbaustelle und wir dürfen mit. Serrano hat nämlich gesagt, dass wir beide seine Enkelkinder sind, sonst wäre es nicht gegangen.
Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als er das gesagt hat und habe gleich Mona angerufen. Die wusste es schon. Aber sie hatte versprechen müssen dicht zu halten. Meine Eltern hatten schon alles vorbereitet und ich war die nächsten zwei Tage megaaufgeregt, weil ich mir mindestens hundert Fragen überlegen wollte. Aber dann sind mir nur 25 eingefallen. Deshalb habe ich meinen Vater im Büro angerufen. Das tue ich nie. Nur in Notfällen. Aber das war ja ein Notfall. Ich wollte von meinem Vater wissen, welche Fragen ich noch zum Tunnel stellen kann, damit ich auch nichts vergesse. Aber mein Vater sagte, dass für die meisten Leute 25 Fragen schon zuviel sind und ich maximal fünf stellen darf. Das geht aber nicht, weil ich dann immer fünf Fragen in einem Satz sagen muss.
Ich habe am nächsten Tag meinen Deutschlehrer gefragt, wie ich das machen soll. Er meinte, dass man Fragen mit einem „und“ zusammenhängen kann. Also wissen Sie vielleicht, wo London ist UND wissen sie auch noch, wo Amerika ist. Das kann man tun, aber es wird schnell unverständlich, sagte mein Deutschlehrer. Er wollte dann noch wissen, warum ich das wissen will. Das sind wieder so doofe Erwachsenenfragen. Wieso sagt er mir nicht einfach, was ich gefragt habe? Wenn ich meinen Geschichtslehrer frage, warum er von mir wissen will, wo Napoleon geboren ist, dann ist bestimmt der Teufel los. Dann bekomme ich einen Eintrag in seinem Büchlein und meine Mutter muss zu ihm in die Sprechstunde kommen. Dabei fragen Erwachsene solche Sachen ständig. Warum willst du dies und warum willst du das. Nur Frau Dr. Käfer fragt solche Sachen nicht. Aber sie ist auch eine englische Dampflok-Kettenraucherin vom Andromedanebel.
Wenn Mr. Tinkles auf meinem Bauch liegt und ich kurz vor dem Einschlafen bin, dann stelle ich sie mir immer vor, wie sie in „Tödlicher Staub aus dem All“ völlig angepisst nach irgendwelchen Viren sucht und heimlich im Labor Kette raucht. Ich glaube Frau Dr. Käfer könnte alle Viren besiegen. Einfach weil sie überhaupt keine
Weitere Kostenlose Bücher