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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Kleidung gesehen. Wenn er ihr gesagt hätte, sie sollte tiefer ins Wasser tauchen, hätte sie sich vielleicht ganz ausgezogen. Bei dem Gedanken brannten seine Wangen, doch konnte er sich von der Vorstellung nicht lösen.
    Unvermittelt schüttelte er den Kopf. Was war denn los mit ihm? Er musste aufpassen und den Segen der Nacht holen. Die dunklen Pilze hatten an der Unterseite eine Art Stacheln, hatte Kitai erklärt, an denen sie sich einmal die Hände aufgerissen hatte. Es hatte Monate gedauert, bis die Kratzer verheilt waren.
    Er schaute sich um und sah keine Hüter. Das, so wusste er, konnte Täuschung sein, selbst auf Armesweite mochte sich ein ganzes Dutzend verstecken. Gleichgültig, wie sehr ihm die Angst zusetzte, Tavi musste weitermachen.
    War das nicht schließlich die Grundlage für die Geschichte seines Volkes? Die Aleraner hatten sich niemals von Furcht oder der Angst vor dem
Scheitern aufhalten lassen. Die ältesten Aufzeichnungen, so hatte ihm sein Onkel erzählt, reichten so weit in der Zeit zurück, dass Fell, Pergament oder Stein, auf die man sie geschrieben hatte, längst zerfallen waren. Die Aleraner waren von einem anderen Ort nach Carna gekommen, eine kleine Gruppe, nur wenige Tausend, und sie hatten sich gegen die ganze Welt behauptet. Die Eismenschen hatten sie besiegt, die Kinder der Sonne in ihrer Festung im Fieberdorndschungel, sie hatten die Marat und die Canim über Jahrhunderte hinweg zurückgeworfen und das Land Alera für sich erkämpft. Sie beherrschten die Meere um ihre Heimat, hatten gegen die Eismenschen im Norden eine Mauer gebaut, hatten die Marat in blutigen Schlachten zurückgedrängt. Mit ihren Elementaren dominierten die Aleraner die Welt, und kein anderes Volk konnte die Macht über sie erlangen.
    Tavi schauderte und blinzelte heftig. Mit ausgestreckter Hand, um einen Pilz zu nehmen, musste er eine volle Minute reglos dagestanden haben. Was war bloß los mit ihm?
    Seine Nackenhaare stellten sich auf, als er nun nach einem Pilz griff. Hastig packte er einen, dann noch einen, und steckte sie in die Tasche an seinem Gürtel.
    Und plötzlich meinte er, in dem großen Haufen vor sich eine Bewegung gesehen zu haben.
    Tavi zuckte zusammen und spürte einen scharfen Schmerz in den Fingern. Die Stacheln des Pilzes hatten ihn gestochen. Abrupt riss er die Hand zurück, und Blut spritzte und fiel auf den leuchtenden Hügel vor ihm.
    Er starrte den Haufen an, die Blutstropfen darauf. Auf einmal pulsierte die Oberfläche des Kroatsch , wölbte sich auf und kräuselte sich unter dem Blut, wie die Haut eines riesigen Wesens. Tavi bekam eine Gänsehaut. Die Tropfen verschwanden im Kroatsch wie tauende Schneeflocken in einem Teich.
    Die schemenhafte Gestalt im Kroatsch erzitterte unvermittelt. Und regte sich. Langsam entwirrten sich Glieder, träge und flie ßend, als sei ein Schlafender nach langer, langer Zeit endlich erwacht.
Tavi spürte die Bewegung dieser Gestalt, spürte ein bestürzendes Bewusstsein, das über ihn hinwegglitt wie der Blick einer uralten, entsetzlichen Bestie.
    Der Schreck fuhr Tavi in die Glieder, erzeugte in ihm eine Hitze, die jeden anderen Gedanken ausbrannte außer: Flucht.
    Der Junge drehte sich um, achtete nicht auf die Gefahr, sich zu verraten, und rannte panisch los.
    Diesen Lauf würde er sein Lebtag nicht vergessen. Ein oder zwei zirpende Pfeiftöne hallten durch die Bäume, doch blieben sie vereinzelt und weit hinter ihm. Das Entsetzen verlieh ihm eine Schnelligkeit, wie er sie sich vor dieser Nacht niemals zugetraut hätte.
    Einmal warf er einen Blick über die Schulter und sah etwas zwischen den leuchtenden Bäumen am Fuße dieses monolithischen Stammes, aus dessen Höhle er gerade geflohen war. Er sah etwas Großes, Glänzendes - Fremdartiges. Es stand noch im Inneren des Riesenbaums, gleich hinter dem Eingang. Tavi konnte es nicht richtig erkennen, doch er fühlte es tief in sich und fand keine Worte, um es zu beschreiben.
    Das tiefe Pfeifen, das zu hören war, klang in Tavis Ohren wie spöttisches Gelächter.
    Jetzt rannte Tavi nur noch und sah sich nicht mehr um.
    Er lief über das Kroatsch , bis seine Beine schmerzten und sich anfühlten, als würde die Kraftanstrengung, die er ihnen abverlangte, sie zerreißen. Beinahe hätte er den kleinen Streifen Decke nicht bemerkt, den er von seinem Umhang abgerissen hatte, um den Weg zu markieren. Er lief darauf zu, entdeckte das nächste Zeichen und folgte den weiteren bis zur Felswand.
    »Aleraner!«, rief

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