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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Höhe.
    Tavi spürte einen stechenden Schmerz im Bein. Ein Splitter hatte sich durch seine Hose gebohrt, aus der Wunde floss Blut. Von oben hörte er Dorogas Triumphschrei, ein lautes Gebrüll, das von den Wänden der Schlucht widerhallte.
    Das Wespenwesen pfiff, schriller diesmal, voller Wut und, wie Tavi meinte, auch voller Furcht. Es taumelte und schleppte sich zwischen die Bäume. Hinter seinem Körper verschwanden die glühenden Augen Dutzender Hüter.
    Der Junge ließ das Messer fallen, glitt am Seil hinunter und lief zu Kitai. Mühsam, aber flink schleifte er sie über den Boden.
    »Aleraner«, flüsterte sie und schlug die Augen auf. Ihr Gesicht
war gezeichnet von Schmerzen und Erschöpfung. »Aleraner. Zu spät. Gift. Sag meinem Vater, wie leid es mir tut.«
    Tavi starrte sie an. »Nein«, flüsterte er. »Kitai, nein. Wir haben es fast geschafft.«
    »Der Plan war nicht schlecht«, erwiderte sie.
    Ihr Kopf fiel zur Seite, die Augen verdrehten sich.
    »Nein«, entfuhr es Tavi, den plötzlich die Wut packte. »Nein, sollen dich doch die Krähen holen. Nein!« Er griff in seine Gürteltasche und durchwühlte sie, während ihm die Tränen in die Augen traten und die Welt um ihn herum verschwamm. Es musste etwas geben. Sie durfte nicht einfach sterben. Nein. Sie hatten es fast geschafft.
    Er spürte einen schmerzhaften Stich im Finger. Dieser krähenverfluchte Pilz mit seinen Stacheln. Der Segen der Nacht.
    Fieber. Gift. Wunden. Schmerz. Sogar Alter. Der Pilz hat über alles Macht. Für unser Volk gibt es nichts Wertvolleres.
    Weinend nahm Tavi den Pilz und riss die Stacheln ab, wobei er nicht auf den Schmerz achtete. Um ihn herum erhob sich das Geschrei der Spinnenwesen, die näher kamen, obwohl der brennende Ast sie verwirrte und ihren Vormarsch verlangsamte.
    Tavi schob Kitai den Arm unter den Kopf und zog sie hoch. Mit der anderen Hand zerdrückte er den Pilz über der Wunde an ihrem Bein.
    Eine muffig riechende, klare Flüssigkeit quoll zwischen seinen Fingern hervor und tröpfelte in die Wunde, wo sie sich mit dem Blut und dem gelblichen Gift vermischte. Kitais Bein zuckte, als die Flüssigkeit es berührte, und das Mädchen holte zischend Luft.
    Den Rest des Pilzes hielt Tavi ihr an die Lippen und drückte ihn ihr in den Mund. »Iss«, drängte er. »Iss, du musst es essen!«
    Kitais Lippen zitterten, dann begann sie wie von selbst zu kauen. Sie schluckte den Pilz, schlug die Augen auf und starrte Tavi an.

    Die Zeit blieb stehen.
    Unwillkürlich nahm er Kitai auf eine vollkommen andere Art und Weise wahr wie zuvor. Er fühlte die Struktur ihrer Haut an seinen Fingern und verspürte den plötzlichen Drang, ihr die Hände auf die Brust zu legen, um den Herzschlag zu fühlen, der langsam wieder an Kraft gewann. Er spürte, wie das Blut durch ihre Adern rauschte, wie Furcht und Bedauern und Verwirrung ihre Gedanken beherrschten. Und erst als ihre Augen noch grö ßer wurden, begriff Tavi, dass sie seine Gegenwart auf genau die gleiche Weise wahrgenommen hatte.
    Kitai wandte den Blick nicht ab, streckte die Hand aus und legte sie ihm auf die Brust, um sein Herz zu fühlen.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Tavi seinen eigenen Herzschlag von Kitais trennen und das Rauschen seines eigenen Blutes in den Ohren von dem des Mädchens unterscheiden konnte. Ihre Herzen schlugen in völliger Eintracht. Gleichzeitig beschleunigten sie, und gleichzeitig wurden sein Gesicht und ihr Gesicht rot. Er sah die Verwunderung in ihren Augen und wusste, die spiegelte nur seine eigene.
    Ihr Duft umhüllte ihn, frisch und wild. Er sah nur noch ihre Augen, ihre Wangen, ihren Mund. In diesem Moment entdeckte er die Schönheit, die zu werden sie versprach, die Kraft, die in ihr erwachen würde, den Mut und die Klugheit, die in ihr aufloderten und den Vergleich mit seinen eigenen Eigenschaften nicht zu scheuen brauchten.
    Wieder verschwamm die Welt vor seinen Augen, und er blinzelte, wollte die Tränen vertreiben und sah, dass auch Kitai blinzelte und weinte.
    Als er die Tränen verbannt hatte, blickte er sie wieder an - und jetzt sah er in ihren Augen nicht mehr die schillernden Wirbel, in denen sich die Farben mischten, sondern ein tiefes Smaragdgrün.
    Augen wie seine.

    »Oh, nein «, flüsterte Kitai benommen. »Oh, nein .« Sie öffnete den Mund, wollte sich aufsetzen, zitterte plötzlich und sank in seine Arme, weil die Anstrengung sie übermannte.
    Damit endete der Moment der Ewigkeit.
    Tavi hob den Kopf und sah einen

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