Die Elementare von Calderon
erkannte sie, dass er einen Verband über Stirn und dem linken Auge trug, der mit Blut befleckt war. Die Wange zeigte einen riesigen blauen Fleck, der höchstens einen Tag alt sein konnte. Während die Wagen heranrumpelten, beugte sich der junge Soldat vor und schaute zu ihnen herüber.
Warner grüßte mit der Hand. »Hallo am Tor! Lass uns rein.«
Der junge Mann stotterte: »Herr, ihr solltet besser schleunigst
verschwinden. Wir werden von den Marat angegriffen, Herr. Bring das Hofvolk lieber in Sicherheit.«
»Ich weiß, dass die Marat hier sind«, schnappte Warner. »Wir sind hier, um zu helfen, und jeder von uns kann mit anpacken. Lass uns rein.«
Der junge Legionare zögerte, hinter ihm auf der Mauer gab es jedoch eine Bewegung, und ein Mann mit dem verbeulten Helm eines Zenturios erschien. »Wehrhöfer Warner?«
»Giraldi«, meinte Warner und nickte ihm zu. »Wir haben gehört, du hast Gesellschaft bekommen, und wir dachten, da laden wir uns mal selbst ein und unterhalten die Gäste ein wenig.«
Giraldi starrte sie von oben an und nickte schließlich. »Warner«, sagte er. »Es wäre besser, wenn ihr sofort kehrtmacht und nach Riva fahrt, solange ihr noch könnt.«
Auf diese Worte hin stellte sich unten völlige Stille ein.
Isana erhob sich. »Guten Morgen, Zenturio. Hast du meinen Bruder gesehen?«
Giraldi spähte herunter und riss die Augen auf. »Isana? Oh, den Elementaren sei Dank. Dein Bruder ist hier. Er ist am Osttor. Isana, der Graf ist schwer verwundet, und Livia ist in Riva bei ihrer Tochter. Harger und die Legionsheiler tun, was in ihrer Macht steht, doch sie sagen, ohne die Hilfe von jemandem mit großer Begabung wird er es nicht schaffen.«
Isana nickte ruhig. Sie schickte ihr Bewusstsein langsam zu Giraldi und erkundete die Gefühle des Mannes. Wut, Erschöpfung und vor allem Verzweiflung hüllten ihn ein wie klebriger, kalter Schlamm, und Isana schauderte. »Wie ich sehe, haben die Marat schon angegriffen.«
»Nur die Vorhut«, meinte Giraldi. »Der Rest ihrer Horde wird innerhalb der nächsten Stunde vor dem Tor stehen.«
»Dann sollten wir unsere Zeit lieber nicht mit Reden vergeuden, Giraldi. Mach das Tor auf.«
»Ich weiß nicht, ob der Graf -«
»Der Graf hat dazu im Augenblick nichts zu sagen«, meinte Isana. »Und wenn die Marat Kaserna einnehmen, werden sie sowieso alles zerstören, was uns gehört. Wir haben das Recht, unsere Häuser und Familien zu verteidigen, Giraldi, und jeder Mann hier, der alt genug ist, war in der Legion. Mach das Tor auf.«
Giraldi verneigte sich und nickte dem jungen Legionare zu. »Bei den Elementaren, wir können jede Hilfe gebrauchen. Mach schon.«
Die Menschen von den Wehrhöfen fuhren rasch durch das Tor. Wie Isana auffiel, wurden die Wagen von erwachsenen Männern, also Veteranen, gelenkt. Sie fühlten sich wieder wie in der Legion und reihten die Wagen im westlichsten Teil des Hofes ordentlich auf. Sofort kümmerte man sich auch um die Pferde, schirrte sie ab und führte sie dorthin, wo sie Wasser bekamen und vor dem kalten Winterwind geschützt waren. Jedes Legionslager war gleich angelegt, und so konnten sich alte Haudegen und Neuankömmlinge überall sofort zurechtfinden. Während manche noch die Pferde anpflockten, stellten sich andere bereits vor der Waffenkammer auf, und Giraldi stattete sie mit Hilfe eines jungen Legionare mit Schilden, Schwertern, Brustpanzern und Helmen aus.
Isana stieg vom Wagen, hielt Odiana an der Hand und führte die benommene Frau, die sich die Decke umgehängt hatte, wie ein verschlafenes Kind mit sich. »Harger«, rief Isana, als sie den Heiler entdeckte, der einige junge Frauen, halbe Kinder noch, dabei beaufsichtigte, wie sie Bettlaken zu Verbandsstoff zerrissen.
Der alte Heiler drehte sich um und lächelte sie müde an. »Na, wenn das keine Hilfe ist«, sagte er. »Dann können wir ihnen ja vielleicht doch noch einen richtigen Kampf liefern.«
Sie trat zu ihm und umarmte ihn. »Wie geht es dir?«
»Müde bin ich«, sagte er. Er blickte sich um und fügte hinzu:
»Es sieht schlimm aus, Isana. Die Mauer ist nicht hoch genug, und unsere Ritter hat es schon beim ersten Angriff erwischt.«
Isana schnürte sich die Kehle zusammen. »Und mein Bruder?«
»Ein paar Beulen, aber sonst geht es ihm gut«, antwortete Harger. »Isana, wir haben kaum noch eine Stunde Zeit. Sobald die Sonne richtig aufgegangen ist, kannst du vermutlich von hier bis zu den Signaltürmen draußen auf Maratschultern gehen.«
Sie
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