Die Elementare von Calderon
sagte er leise. »Mein Wort. Es gilt für uns alle. Wir fangen keinen Kampf an.«
Isana fuhr zu Kord herum und ging zu dem jungen Mann, der immer noch am Boden nach Luft schnappte und Wasser spuckte. Sie schob sich an dem älteren von Kords Söhnen vorbei, der, wenn sie sich recht erinnerte, Aric hieß, und legte Bittan die Hand auf die Stirn. Der Junge war in seiner panischen Angst zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Alle Arroganz war verschwunden, nur die Furcht war geblieben und ging so stark von ihm aus, dass sie sich kalt anfühlte auf Isanas Haut.
Kord grinste sie höhnisch von oben herab an. »Ich nehme an, jetzt soll ich dir auch mein Wort geben.«
»Was hätte das für einen Sinn«, gab Isana leise zurück. »Du bist Abschaum, Kord, das wissen wir doch beide.« Lauter fügte sie hinzu: »Bächlein. Hinaus.« Sie trat zur Seite, als Bittan keuchte und röchelte, erneut Wasser spuckte und schließlich tief Luft holte. So ließ sie den schnaufenden Jungen auf dem Boden liegen, wandte sich um und wollte gehen.
Der Stein des Bodens schloss sich plötzlich fast zärtlich und doch unaufhaltsam über ihren Füßen. Ihr Herz klopfte vor Angst, als sie Kords Zorn in ihrem Rücken spürte. Sie warf den Zopf über die Schulter und blickte Kord an.
»Diese Sache ist noch nicht ausgestanden für dich, Isana«, versprach Kord ihr sehr leise. »Das lasse ich mir nicht gefallen.«
Isana stellte sich seinem finsteren Blick und der Kälte und dem Hass darin, bediente sich daran und benutzte seine Gefühle, um sich gegen ihn zu wappnen. Eis gegen Eis. »Du solltest dich lieber in Acht nehmen, Kord«, sagte sie, »sonst wirst du am Ende glauben, was Bittan passiert ist, war eine Gnade.« Sie schaute kurz auf ihre Füße und wieder zurück zu Kord. »In der Scheune ist Platz für euch. Ich lasse euch etwas zu essen schicken. Zum Abendessen rufen wir euch.«
Kord verharrte einen Augenblick lang still. Dann spuckte er aus
und gab seinen Söhnen mit dem Kopf einen Wink. Aric half dem keuchenden Bittan auf die Beine, und zu dritt gingen sie auf das breite Tor der geräumigen Scheune, eines Steinbaus, zu. Nun erst erzitterte der Boden unter Isanas nackten Füßen und ließ sie frei.
Sie schloss die Augen, und das Entsetzen, ihr eigenes, das sie zurückgehalten hatte, brach hervor und überflutete sie. Ihr Körper begann zu zittern, doch sie schüttelte heftig den Kopf. Nicht vor all den Menschen. Sie schlug die Augen wieder auf und blickte sich im Hof um. »Und?«, fragte sie. »Es gibt noch eine Menge zu tun, bis das Fest bei Sonnenuntergang stattfinden kann. Schließlich kann ich nicht alles allein schaffen. Los, an die Arbeit.«
Die Menschenmenge löste sich auf, und die Leute begannen, sich über das zu unterhalten, was sie gerade mit angesehen hatten. Manche warfen ihr Blicke zu, in denen sich Respekt, Bewunderung und Angst mischten. Isana spürte Letztere wie Kletten, die über ihre Haut rollten. Die Menschen von Bernardhof, mit denen sie seit Jahren zusammenlebte und -arbeitete, fürchteten sich vor ihr.
Die Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie hob die Hand. Sie vertrieb die Tränen, das war einer der ersten Tricks, die ein Wasserwirker lernte. Dieser Streit, diese enorme Spannung und Gewaltbereitschaft hatten sie erschüttert, und zwar so heftig, wie sie es seit Jahren nicht mehr erlebt hatte.
Isana holte tief Luft und ging zur Küche. Wenigstens gaben ihre Beine nicht unter ihr nach, obwohl sich in ihr jetzt eine beinahe unerträgliche Erschöpfung breitmachte. Ihr Kopf schmerzte nach der Anstrengung des Wasserbeschwörens.
Faede schlurfte gerade aus der Schmiede, als sie dort vorüberkam. Er zog den einen Fuß nach, und man konnte den Mann, dem man dieses entsetzliche Brandmal zugefügt hatte, das ihn für alle Welt sichtbar zum Feigling abstempelte, nicht unbedingt als groß bezeichnen. Sein halbes Gesicht war entstellt, obwohl die
Bestrafung schon Jahre zurücklag. Das dunkle, fast schwarze Haar hatte er wachsen lassen, und es hing lockig über die Narben und verdeckte sie teilweise. Das Wundmal, das sich über den Schädel zog, hatte er vermutlich bei einer Verletzung in der Schlacht davongetragen. Der Sklave schenkte ihr ein einfältiges Lächeln und bot ihr einen Zinnbecher mit Wasser an, zusammen mit einem recht sauberen Tuch, jedenfalls sauber im Vergleich zu den verschwitzten Lumpen und der verbrannten Lederschürze, die er am Leibe trug.
»Danke, Faede«, sagte Isana. Sie nahm beides an und
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