Die Elementare von Calderon
im Dunkel vor der Westküste, und die wilden Elementare des Nordlands bereiten für dieses Jahr einen kalten Winter vor...« Der Erste Fürst holte tief Luft und schloss die Augen. »Und Stimmen sprechen laut. Die Spannungen laufen an einem Ort zusammen. Die Elementare von Erde und Luft und Wald wispern, dass Gefahr in Verzug ist und dass der Friede, den unser Land während der vergangenen fünfzehn Jahre genie ßen durfte, zu Ende geht. Metallelementare schärfen Schwerter und treiben die Schmiede am Amboss zur Arbeit an. Die Flüsse und der Regen warten auf den Augenblick, an dem sie sich rot färben werden. Und Feuer brennt grün und blau, aber nicht rot und golden, wie es sein sollte. Der Wandel hat begonnen.«
Amara seufzte. »Vielleicht sind es nur Zufälle, Herr. Möglicherweise sind sie nicht -«
Wieder lächelte Gaius, und es war ein dünnes und müdes Lächeln. »So alt bin ich nicht, Amara. Noch nicht. Und ich habe einen Auftrag für dich. Pass auf.«
Sie nickte und blickte der Wassergestalt in die Augen.
»Weißt du um die Bedeutung des Calderon-Tales?«
»Es liegt gleich jenseits der Landenge zwischen Alera und der Ebene dahinter«, antwortete sie. »Durch die Berge führt nur ein einziger Pass, und zwar durch dieses Tal. Jeder, der auf dem Landweg
nach Alera gelangen will, muss durch das Calderon-Tal ziehen.«
» Jeder heißt in diesem Fall die Marat«, sagte Gaius. »Was weißt du noch?«
»Was man uns an der Akademie beigebracht hat, Herr. Sehr fruchtbares Land. Ertragreich. Und dort wurde auch dein Sohn von den Marat getötet.«
»Ja. Vom Hordenmeister der Marat. Er hat den Princeps getötet und damit eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt, unter denen die Schüler in den Lehrsälen noch ein ganzes Jahrhundert stöhnen werden. Das Haus Gaius herrscht seit beinahe tausend Jahren über Alera, doch mit meinem Tod wird diese Herrschaft zu Ende gehen. Ich kann lediglich dafür sorgen, dass die Macht in verantwortungsbewusste Hände fällt. Aber offensichtlich möchte mir jemand diese Entscheidung abnehmen.«
»Weißt du wer, Herr?«
»Ich habe einen Verdacht«, sagte Gaius. »Genauer wage ich mich darüber nicht zu äußern, sonst klage ich womöglich einen Unschuldigen an und verliere auf diese Weise die Unterstützung aller Hohen Fürsten, ob sie mir nun die Treue halten oder sich gegen mich erheben wollen. Du gehst ins Calderon-Tal, Amara. Die Marat haben sich in Bewegung gesetzt. Ich weiß es. Ich fühle es.«
»Was soll ich dort für dich tun, Herr?«
»Beobachte die Marat«, sagte Gaius. »Sprich mit den Wehrhöfern und bringe in Erfahrung, was vor sich geht.«
Amara legte den Kopf schief. »Vermutest du etwa einen Zusammenhang zwischen den Marat und den Unternehmungen der Aufständischen, Herr?«
»Die Marat lassen sich leicht ausnutzen, Amara. Vermutlich hat jemand einen Dolch aus ihnen geschmiedet, der mir ins Herz gerammt werden soll.« Seine Augen blitzten auf, und der Fluss kräuselte sich um das Wasserbildnis als Reaktion auf seine Gefühle.
»Vielleicht kann ich die Macht an jemanden weitergeben, der es wert ist, doch solange ich lebe und noch einen einzigen Atemzug tue, wird man sie mir nicht nehmen.«
»Ja, Herr.«
Gaius lächelte sie grimmig an. »Falls du auf eine Verbindung zwischen Marat und Aufständischen stößt, berichte mir sofort davon, Amara. Denn sollte ich den Hohen Fürsten auch nur einen kleinen Beweis vorlegen können, wäre die ganze Angelegenheit vielleicht ohne überflüssiges Blutvergießen zu klären.«
»Wie du wünschst, Herr. Ich werde so schnell wie möglich dorthin reisen.«
»Heute Nacht«, sagte Gaius.
Amara schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht sicher, ob ich das schaffe, Majestät. Ich bin erschöpft.«
Gaius nickte. »Ich spreche mit dem Südwind. Er wird dir helfen, dein Ziel schneller zu erreichen.«
»Wonach soll ich Ausschau halten?«, fragte Amara. »Hast du einen bestimmten Verdacht? Wenn ich wüsste, wonach ich suchen soll...«
»Nein«, entgegnete Gaius. »Du musst unvoreingenommen und wachsam bleiben. Geh ins Tal, denn es bildet das Zentrum der kommenden Ereignisse. Vertrete meine Interessen.«
»Muss ich dem Tod nochmals ins Auge blicken, Herr?« Eine leise Bissigkeit schwang in Amaras Stimme mit.
Gaius legte den Kopf schief. »Mit ziemlicher Sicherheit, Kursorin. Soll ich jemand anders an deiner Stelle schicken?«
Heftig schüttelte Amara den Kopf. »Könntest du mir eine Frage beantworten?«
Gaius zog die Augenbrauen
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