Die Elementare von Calderon
eines solchen Elementarsturms lange Widerstand leisten können. Tavi begann zu frieren, der Mantel klebte nass auf seiner Haut, und der bittere Wind ließ die Kälte durch die Kleidung bis in die Knochen spüren.
Er zitterte heftig. In diesem Sturm würde er lediglich wenige Stunden überleben, und auch das nur dann, wenn ihn nicht eine blutrünstige Windmähne erwischte. Und obwohl Brutus mit Bernard inzwischen sicherlich den Wehrhof erreicht hatte, konnte er sich nicht darauf verlassen, dass von dort Rettung kommen würde. Das Hofvolk wusste, dass man sich bei einem Elementarsturm nicht nach draußen wagen durfte.
Beim nächsten Blick schaute Tavi in den Windbruch. Dort entdeckte er eine kleine Höhle unter einem umgefallenen Baum, deren Boden dick mit Nadeln bedeckt war und in der es vor allem trocken aussah.
Er wollte gerade hineinkriechen, als ihm der folgende Blitz ein Bild wie aus einem Albtraum enthüllte. In der Höhle hatte bereits jemand Zuflucht gesucht - ein halbes Dutzend Schleichen. Die biegsamen Eidechsen mit ihren dunklen Schuppen waren fast so lang wie Tavi hoch, und die erste lag so nah, dass der Junge sie hätte berühren können. Die Eidechse bewegte sich ständig, da sie gerade aus ihrer Starre erwacht war. Sie öffnete das Maul, stieß ein Zischen aus und zeigte mehrere Reihen nadelspitzer Zähne.
Dicke, gelbe Flüssigkeit überzog die vorderen Reißzähne der Schleiche. Tavi hatte bereits erlebt, wie Schleichengift wirkte. Wenn die Eidechse ihn biss, würde ihm warm werden, er würde Trägheit verspüren und schließlich zu Boden sinken. Die Schleichen würden ihn, noch während er lebte, zu ihrem Bau ziehen. Und auffressen.
Tavis erster Impuls bestand darin, aufzuspringen und wegzurennen - aber genau so eine schnelle Bewegung konnte die überraschte Schleiche zum Angriff verleiten. Selbst wenn sie ihn nicht erwischte, könnten die scheußlichen kleinen Aasfresser seine Flucht als Zeichen dafür werten, dass er ein Beutetier war. Dann würden sie ihn erst recht verfolgen. In offenem Gelände konnte er ihnen leicht davonlaufen, allerdings hatten Schleichen die unangenehme Eigenschaft, sich ihrer Beute an die Fersen zu heften.
Manchmal spürten sie ihr tagelang nach und warteten, bis sie schlafen musste, um sie dann zu erlegen.
Tavi zitterte vor Aufregung und Angst, und sein heller Bariton brach und endete in einem kindlichen schrillen Schrei. Er warf sich zurück, sprang auf und begann zu rennen.
Zu seiner Überraschung hörte er einen Antwortruf, den der Sturm beinahe übertönt hätte.
Niedergeschlagen stöhnte Tavi. Nun fielen ihm der Maratkrieger und sein entsetzlicher Gefährte wieder ein. Hatten sie ihn eingeholt?
Der Wind wehte einen weiteren Ruf heran, der jedoch zu hoch klang, um von einem Marat zu stammen. Und die Panik in der Stimme war nicht zu überhören. »Hilfe! Bitte, so helft mir doch!«
Tavi biss sich auf die Unterlippe und schaute den Dammweg entlang, zu Heim und Sicherheit - dann wandte er sich in die Richtung, aus der er den Hilfeschrei gehört hatte. Er holte zitternd Luft und machte sich nach Westen auf, fort von Bernardhof, wobei er sich zwingen musste, die müden Beine über den hellen Stein des Damms zu bewegen.
Es blitzte erneut, und ein flackerndes Flammen huschte von Wolke zu Wolke, erst grün, dann blau, dann rot, als würden die Elementare im Himmel miteinander im Wettstreit liegen. Fast eine halbe Minute lang war es taghell im Tal, während der Donner die Steine des Damms erbeben ließ. Tavi wurde fast taub von dem Lärm.
Durch den Tumult und den Regen wirbelten Schemen aus dem Himmel nach unten und brausten und tanzten über dem Boden des Tales. Die Windmähnen folgten dem Sturm. Ihre leuchtenden Gestalten schwebten mühelos durch den Wind wie helle grüne Wolken, die vage eine menschliche Gestalt hatten: lange Arme und schädelartige Gesichter. Die Windmähnen kreischten voller Hass und Hunger, ihre Schreie übertönten sogar den brüllenden Donner.
Der Schrecken fuhr Tavi in die Beine, die nicht mehr weiterlaufen wollten, aber er biss die Zähne zusammen und mühte sich voran, bis er erkennen konnte, dass die meisten Windmähnen um eine Stelle kreisten und die bleichen Hände mit den scharfen Fingernägeln dorthin ausstreckten.
Im Zentrum dieses geisterhaften Zyklons stand eine junge Frau, die Tavi nie zuvor gesehen hatte. Sie war groß und schlank wie seine Tante Isana, aber damit hörte die Ähnlichkeit schon auf. Die Frau hatte dunkle,
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