Die Elenden von Lódz
registriert werden.
Diese Personen erhalten eine volle Ausrüstung, bestehend aus Kleidungsstücken, Schuhen, Wäsche und Socken. Gepäck kann im Gewichte von 15 kg pro Person mitgenommen werden.
Ich möchte dabei besonders betonen, dass der Postverkehr für diese Arbeiter freigegeben wurde, so dass also eine Möglichkeit zum Schreiben besteht. Weiterhin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass denjenigen Personen, die sich zur Arbeit nach außerhalb des Gettos registrieren lassen, Gelegenheit gegeben wird, die ihnen zustehenden Rationen ohne Anstehen sofort zu erhalten. Die vorerwähnten Registrierungen werden im Arbeitsamt-Getto, Hamburgerstr. 13, ab Freitag, den 16. Juni 1944, täglich in der Zeit von 8 bis 21 Uhr vorgenommen.
Litzmannstadt Getto, den 16. Juni 1944
Ch. Rumkowski, Der Älteste der Juden in Litzmannstadt
*
|541| Aktennotiz
(Niederschrift einer mündlichen Anordnung) 15
Am Montag, Mittwoch und Freitag einer jeden Woche soll ein Transport von je 1000 Personen zur Arbeit nach außerhalb des Gettos fahren. Erstmalig am Mittwoch, den 21. Juni 1944 (ca. 600). Die einzelnen Transporte werden mit römischen Ziffern numeriert, z. B. I. Transport usw. Jede der ausfahrenden Personen ist mit einer Transportnummer zu versehen. Eine Transportnummer trägt die Person selbst, und eine andere mit gleicher Ziffer muss an dem Gepäck festgeheftet werden. Es können als Gepäck pro Person 15–20 kg mitgenommen werden. Darunter müssen sich ein kleines Kopfkissen und eine Decke befinden. Lebensmittel müssen für zwei bis drei Tage mitgeführt werden. Aus jedem Transport ist eine Person als Transportleiter zu bestimmen, dem weitere 10 Personen zur Hilfe beigegeben werden. Also: Pro Transport 11 Personen.
Die Transporte fahren jeweils um 7 Uhr früh ab, also muss mit dem Einladen um 6 Uhr früh begonnen werden. Auf je 1000 Mann müssen ein Arzt oder Feldschere bzw. 2–3 Sanitäter mitgeschickt werden. Die Familienangehörigen dieser Ärzte, Feldscher oder Sanitäter können mitfahren.
Das Gepäck soll nicht in ein Laken oder eine Decke gewickelt, sondern möglichst geformt gepackt werden, damit die Gepäckstücke leicht in den Zug hineingegeben werden können und somit leicht transportabel sind.
Zu den 11 Personen: Diese müssen mit einer Ordnungsdienstmütze und Armbinden versehen werden.
|542| Tagesbericht
Aus der Chronik des Gettos Łódź / Litzmannstadt,
Donnerstag / Freitag 22.–23. Juni 1944:
|543| So wird in der Chronik berichtet:
Gegen fünf Uhr nachmittags am Freitag, dem 16. Juni 1944, am selben Tag, als Oberbürgermeister Otto Bradfisch bei Rumkowski erschienen war, um mitzuteilen, dass das Getto nun endgültig geräumt würde, war auch Hans Biebow am Bałucki Rynek eingetroffen. Hochgradig betrunken stürmte er in das Büro des Ältesten und befahl allen Angestellten, umgehend die Räume zu verlassen; dann ging er mit seinem Stock auf den Ältesten los.
Es war nun das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, dass der Älteste offenbar in einem Anfall von Wahnsinn angegriffen wurde, was bei ihm im Gesicht und am Körper deutliche Spuren hinterließ. Seine vormals so feste und sichere Haltung war nun gebeugt und verkrampft, und das so reine, stolze Gesicht unter der weißen Haarmähne, das in allen Gettosekretariaten und Kanzleien einst Wände und Schreibtische zierte, glich nun mit seinen Schwellungen und Wunden einer Maske.
Auch die Biebow begleitenden Mitarbeiter, Herr Czarnulla und Herr Schwind, erkannten, dass die Sache ein sehr unglückliches Ende nehmen könnte, wenn es ihnen nicht gelänge, den Herrn Amtsleiter zu zügeln. Von den jüdischen Beamten hatten Herr Jakubowicz und Fräulein Fuchs ebenfalls versucht, Herrn Biebow zur Vernunft zu bringen. Doch nichts half.
Lass, verdammt noch mal, die Finger von meinen Juden!
, schrie Biebow in der Baracke. Eine Fensterscheibe ging in einem Glasregen zu Bruch, und Biebows Stimme hallte laut und deutlich über den Markt:
Du verdammter feiger Jammerlappen – ich kann nicht einen einzigen Mann entbehren, doch wenn der Herr Oberbürgermeister erscheint und fordert, du sollst von nun an jede Woche dreitausend Mann aus dem Getto schicken, dann sagst du nur – jawohl, Herr Oberbürgermeister
|544|
– wird gemacht, Herr Oberbürgermeister –, denn das ist das Einzige, was ihr Juden gelernt habt, heuchlerisch und unterwürfig zu allem ja und amen zu sagen, während man mir das Getto buchstäblich vor der Nase
Weitere Kostenlose Bücher