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Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen

Titel: Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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Die Soldaten hinter ihnen näherten sich in einem ungeordneten und unbekümmerten Haufen. Mit einem Wink wies er Erbin an, zu ihnen zu reiten, dann saß er vom Pferd ab und duckte sich zwischen die Kundschafter nieder. Sie stammten alle aus den Wäldern, wilde Gesellen, die schweigsam waren wie Elfen und stanken wie die Bären, in Fetzen gehüllt, die selbst ein Bettler nicht hätte tragen mögen. Zu ihrem Schutz führten sie nichts als hölzerne Schilde bei sich; sie waren jedoch mit allerlei Waffen behängt: Bogen, Hirschfängern und Äxten ... Bei ihrem Anblick wären wahrscheinlich sämtliche Jungfrauen im Palast in Ohnmacht gefallen. Aber auf diesem Terrain waren sie zu Hause. Und sie verstanden ihr Handwerk.
    Ohne das kleine Fort aus den Augen zu lassen, lauschte Léo de Grand mit halbem Ohr, wie der junge Geoffroy d’Erbin den Zug mit wenigen energischen Befehlen zum Stehen brachte und dafür sorgte, dass nach und nach Ruhe einkehrte. In dem kleinen Fort regte sich in der Tat keinerlei Leben. Dies war vor allem ein Spähposten, und das Herannahen einer solchen Armee auf dem Damm konnte den Leuten dort nicht entgehen. Warum also machten sie sich nicht bemerkbar? Die Befesti gungsanlage schien intakt und wirkte nicht, als habe sie einen Angriff hinter sich. Vielleicht war sie verlassen ... Das laute Scheppern einer Truppe Reisiger, die bis zu ihm herankamen, riss ihn aus seinen Überlegungen.
    »Was ist los, Euer Gnaden?«
    Léo de Grand de Carmelide blickte flüchtig zur Seite; er erkannte unter Tausenden die krächzende Stimme des alten Meylir de Tribuit. Er war ebenfalls damals bei dem Turnier zugegen gewesen, doch im Gegensatz zu Geoffroy, der mit der ganzen Herablassung seiner fünfzehn Jahre wie ein junger Gockel wirkte, war Meylir ein erfahrener Mann, und es erfüllte ihn mit Beruhigung, ihn bei sich zu haben.
    »Such dir zehn Ritter«, sagte er, während er mit dem Kinn zu dem Fort hinüberwies. »Und Bogenschützen, die euch decken sollen, man kann nie wissen ... «
    Der Baron kniff angestrengt die Augen zusammen, forschend, ob er nicht irgendetwas in dem geheimnisvollen Fort erspähen könnte, dann erhob er sich unvermittelt und trabte eilig davon. Wenige Minuten später hallte der Weg vom donnernden Hufgetrappel der von ihm ausgehobenen Truppe wider.
    In dieser verfluchten Landschaft aus Hügeln und Schluchten vermochte man nicht weit zu sehen, aber Carmelide nahm die Bewegungen der restlichen Truppe wahr, die den Weg verließ, um am Rand in Deckung zu gehen. Schon verteilten sich die Bogenschützen in einer Linie, und die Ritter legten hastig ihre Rüstungen an, Helme und eiserne Brustharnische, um sich sodann auf ihre Streitrösser zu schwingen. Dies wäre nicht das beste Schlachtfeld, doch zumindest wären sie bereit, falls je ... Einer der Wäldler zog ihn am Ärmel seines Kettenhemdes, und er begab sich ebenfalls von dem Weg oben herunter in den Schutz des Gestrüpps.
    Es hatte aufgehört zu regnen, und jetzt zeigte sich sogar ein hauchfeiner Sonnenstrahl, der die nassen Blätter und Dornenranken zum Schimmern brachte. Unmittelbar vor sich, beinahe vor seiner Nase, entdeckte er herrlich saftige, dicke Brombee ren und begann, einige zu pflücken. Da der Kettenpanzer über seinen Beinen ihn drückte, sobald er in die Knie ging, setzte er sich bequemer hin, ein Häufchen dunkler Beeren in der Hand, und in dieser Stellung sah er zu, wie das Streitkorps von Meylir in leichtem Trab den Pfad zu dem kleinen Fort hinaufritt. Sie verschwanden für etliche Minuten aus dem Blickfeld, und obwohl alle in der Truppe sich still hielten, hörte man nichts, weder Schreie noch Tumult. Und dann tauchten sie wieder auf und schwenkten dreimal hintereinander eine leuchtend rote Fahne das vereinbarte Signal.
    Erneut setzte sich die gesamte Armee in Bewegung. Die Wolken hatten sich nach und nach verzogen, und die Pfützen auf dem Weg glitzerten im strahlenden Sonnenschein. Dennoch krampfte sich den Menschen mit jedem Schritt das Herz ein wenig stärker zusammen. Als sie sich dem kleinen Fort näherten, wurden Spuren eines Kampfes sichtbar, immer deutlicher und immer zahlreicher. In der Erde steckende Pfeile, geschwärzte Balken; das Haupttor war eingerammt, seine Bohlen wie Reiser umgeknickt, und die Schanzpfähle der äußeren Palisadenwand klebrig vom Blut. Doch weder eine einzige Leiche noch ein Überlebender, nicht einmal ein Rabe am Himmel, der sich an den menschlichen Überresten hätte gütlich tun können

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