Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
bekleidet, den Körper glänzend vom Blut der Dämonen, und war in diesem Moment so schön und so begehrenswert, dass sämtliche Elfen, Männer wie Frauen, einschließlich des alten Gwydion, ja einschließlich Blodeuwez selbst, fühlten, wie ihr Puls bei ihrem Anblick zu fliegen begann. Die Geburt Rhiannons hatte ihrer Figur ungewohnte Formen verliehen, denn die Elfen waren gemeinhin so schmal wie Reiser. Ihre langen Beine waren fülliger geworden, ihre Hüften breiter, und das sanfte Spiel der Flammen brachte ihre Schenkel und ihre Brust aufs Herrlichste zum Leuchten. Dennoch hatte sie nichts von einer Menschenfrau an sich. Welche Frau hatte schon einen derart schlanken Hals, einen so raschen Gang und war so schamlos? Doch Lliane war seit geraumer Zeit auch nicht mehr so wie die anderen Elfen ...
Lliane, die die auf sich gehefteten Blicke gar nicht bemerkte, erspähte jenseits der prasselnden Flammen ein Indiz. Diejenigen, die ganz in ihrer Nähe standen, nahmen die Bewegung ihrer Ohren wahr und hoben ebenfalls ihr Haar hoch, um ihre spitz zulaufenden Ohrmuscheln besser ausrichten zu können. Man hörte Schreie und schwache Gesprächsfetzen hinter dem brennenden Waldrand, aber keiner von ihnen vermochte sie zu identifizieren.
Lliane jedoch hatte begriffen. Sie holte tief Luft und brüllte einen Befehl:
»Bettacan ar aeghurylc nith, hael hlystan!«
Verblüfft trat Gwydion auf sie zu.
»Was hast du da gerufen?«
Sie drehte sich abrupt um, was den alten Elfen unwillkürlich zum Zurückweichen veranlasste. Ihre Augen wirkten in jenem Moment wahrhaftig wie von sämtlichen Feuern der Hölle erleuchtet.
Dann drehte sie den Kopf zur Seite, und ihr Körper schien in sich zusammenzusacken.
»Verzeih«, sagte sie.
Sie schlang fröstelnd die Arme um den Körper und nahm mit einem dankbaren Lächeln den langen Überwurf, den Gwydion ihr über die Schultern breitete. Ihr ganzer Leib schmerzte, und ihre Beine vermochten sie kaum noch zu tragen. Sie spürte, wie ihre Kräfte sie verließen, wie Korn, das aus einem löchrigen Sack herausrieselt, und klammerte sich noch an die letzten Reste der phantastischen Stärke, die sie erfüllt hatte.
»Du hast von Menschen gesprochen«, beharrte Gwydion. »Du hast den Unseren geboten, die Menschen mit Respekt zu behandeln ... Weshalb? Was hast du gesehen?«
»Es sind ... Es sind Soldaten im Wald«, erwiderte sie. »Bewaffnete Männer ... Sie haben Angst, sind verletzt. Einige liegen im Sterben.«
Der Weidenriese
Einige liegen im Sterben«, sagte Uther.
Blaise ließ vor Schreck beinahe die mit Wasser und blutigen Tüchern gefüllte Zinnschüssel fallen, die er gerade
hinaustragen wollte, nachdem er die Verbände des Verwundeten erneuert hatte. Dies waren seit Tagen die ersten verständlichen Worte aus dem Munde des Königs wenn man einmal von den seltsamen eifischen Rufen absah, die er gelegentlich ausgestoßen hatte und die in den Korridoren der Burg widergehallt waren wie die Schreie eines Wahnsinnigen.
Diesmal hatte Uther so leise gesprochen, dass Igraine, die schlummernd am Kopfende ihres Gemahls saß, nicht einmal erwacht war. Der Mönch zögerte, doch sie schlief tief und fest, erschöpft von all den Tagen und Nächten des Wachens, und er weckte sie nicht, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen, zumindest noch nicht, solange der Zustand des Königs es nicht erforderte. An der Flamme einer einfachen Funzel, die aus einer mit Öl gefüllten Tasse und einem schlichten Docht bestand, steckte er eine Kerze an und hielt sie ans Bett. Der König hatte die Augen geöffnet, doch sein Blick war leer und verriet keinerlei Reaktion auf das Licht.
»Wer liegt im Sterben?«, flüsterte der Mönch.
»Die Armee«, erwiderte Uther (und seine Stimme, die so ruhig klang und von so weit her zu kommen schien, jagte dem Gottesmann einen Schauder über den Rücken]... »Die Armee oder das, was von ihr noch übrig ist. Es sieht aus, als seien sie nur noch eine Hand voll ... «
Biaise schüttelte den Kopf, ohne recht zu begreifen, wovon der König da sprach. Uther lag vollkommen reglos da, sein Atem ging gleichmäßig, der Körper war entspannt und sein Blick so starr auf die Decke geheftet, dass der Mönch unwillkürlich hinauflinste. Natürlich war nichts zu sehen als in nächtliches Dunkel getauchte Balken.
»Was habt Ihr soeben gesagt, Sire?«, forschte er weiter. »Ihr habt von der Armee gesprochen ... «
»Es gibt keine Armee mehr ... Es sind vielleicht noch hundert Mann,
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