Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
eher bedeuteten, diese albtraumhafte Versammlung Hals über Kopf zu fliehen, als sich auf das Abenteuer einer Rede einzulassen, wo er doch ohnehin Mühe hatte, drei zusammenhängende Worte ohne einen Fluch dazwischen herauszubringen. Kein Zwerg, der etwas auf sich hielt, war je so behandelt worden, gerempelt und beschimpft, ohne den Affront durch Axthiebe zu vergelten. Vermutlich würde er dabei sein Leben lassen, doch wäre dies nicht ein schöner Tod, ein würdevoller Heldentod wie in den alten Legenden, wenn er hier im Herzen ihres vermaledeiten Waldes der Überzahl seiner Gegner unterläge? Bran lächelte traurig und schüttelte den Kopf. Wenn er nicht das Wort ergriffe, gäbe es bald keine Seele mehr, die den alten Legenden lauschen könnte ...
»Ich will eure Hilfe nicht!«, erklärte er und reckte das Kinn. »Ich will sie nicht, und ich bin auch nicht gekommen, um darum zu bitten, zum Teufel noch mal! Mir ist euer Lachen vorhin nicht entgangen, als euer alter Hexenmeister unseren Untergang prophezeit hat. Mag sein, dass es in der künftigen Welt keine Zwerge mehr gibt, aber freut euch nicht zu früh. In jener Welt wird es auch keine Elfen mehr geben, keinen Wald, kein Gebirge, nichts mehr, was das Leben dort lebenswert machen würde! Ihr seid kaum besser als die Menschen, feige Meute, die ihr da hinter euren Bäumen lauert! Was meint ihr denn? Dass man euch nicht sieht?«
Wieder bebten die versammelten Elfen vor Zorn. Die vordersten Reihen trieben sie, geschoben von der nachdrückenden Menge, so sehr in die Enge, dass Bran, um sich zu befreien, auf einen Baumstrunk sprang.
»Ich bitte euch nicht um Hilfe!«, brüllte er erneut. »Ich werde allein losziehen, wenn es sein muss, doch ich werde das Schwert wiederbekommen, auf dass das Volk unter dem Berg bis in alle Ewigkeit fortbestehe!«
»Nun gut, ich hingegen erbitte eure Hilfe!«, sagte Lliane. »Wenn wir nicht einschreiten, wenn Prinz Bran nicht das Schwert von Nudd zurückgegeben wird, wird die Welt für immer aus dem Gleichgewicht geraten, und wir selbst, Volk der Bäume, werden mit ins Chaos gerissen und dem Vergessen preisgegeben.«
»Aber die Menschen sind es doch, die das Schwert haben, und zugleich bittet man uns, ausgerechnet die Menschen zu unterstützen!«, stieß ein Elf am anderen Ende der Lichtung hervor.
»Das ist das einzige Mittel, um die völlige Katastrophe zu verhindern«, erwiderte die Königin. »Wenn die Menschen besiegt sind, wird es uns vielleicht gelingen, unseren Wald zu verteidigen, doch wir werden es niemals schaffen, die Dämonen aus dem Königreich von Logres zu vertreiben. Was auch immer aus den Talismanen wird, wir werden nie wieder in Frieden leben. Wenn wir uns hingegen zusammenschließen, um Dender-keinen-Namen-haben-darf zu besiegen, werden wir die Menschen zwingen können, das Schwert zurückzugeben!«
Eine kleine Elfe, die allenfalls fünf oder sechs Jahre alt war (und folglich bereits ihre endgültige Größe erreicht hatte), erhob sich neben ihr.
»Du bittest uns, Uther zur Seite zu stehen, weil du ihn liebst«, sagte sie. »Mein Vater hat sich mit ihm geschlagen, als er Pendragon war, und er ist tot. Und ich habe jede Menge Freundinnen, deren Väter gefallen sind. Uther hatte geschworen, dass er das Schwert zurückgibt, und er hat es nicht getan. Ich selbst habe nie einen Menschen gesehen, aber ich glaube nicht, dass sie ehrlich sind!«
Bei den schlichten Worten des kleinen Mädchens hatte sich Llianes Kehle zusammengeschnürt, so dass sie nicht zu antwor ten vermochte. Im dämmrigen Abendlicht erschien ihr dessen zarte, gerade und schmale Gestalt, die da aufrecht im stummen Kreise des Volks von Eliande stand, als schlimmster aller Vorwürfe. Es war, als habe sich Rhiannon, ihre eigene Tochter, gegen sie erhoben, die als Bastard auf immer Opfer der unsinnigen Liebe ihrer Eltern war. Und das beipflichtende Schweigen der Elfen ringsum verlieh diesen so einfachen und wahren Worten ein noch viel stärkeres Gewicht, ja sogar etwas Bedrückendes. Jeder von ihnen hatte unter dem feindlichen Einfall des Pendragons liebe Wesen verloren, für das gleiche Kriegsziel, für das sie heute eintraten. Das, was man seinerzeit für einen Sieg gehalten hatte, war nichts anderes als ein vorübergehender Erfolg gewesen, und sie würden fast von vorne beginnen müssen. In diesem Moment hasste sie Uther für seine Unbeständigkeit, sie hasste Igraine, die Mönche und alle Menschen für ihre sinnlose Machtgier, die ihr heute die
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