Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
trafen, doch Uther beschwichtigte ihn mit einer Handbewegung. Er brauchte niemanden, um sich gegen Merlin zur Wehr zu setzen, selbst wenn dessen krankhafte Überspanntheit ihm bisweilen das Aussehen eines Besessenen verlieh.
»Ich werde dir helfen, Uther, doch du musst mir diesmal vertrauen. Schwör mir, mir zu gehorchen ...«
Uther starrte ihn an: Er war erhitzt, außer sich, mit inzwischen völlig entrückter Miene, und der König wich erneut zurück.
»Ja«, sagte er. »Natürlich ...«
»Was meinst du? Machst du dir einen Begriff davon, was ich von dir verlange? Für meine Hilfe will ich deinen Sohn, Uther. Ich will Artus!«
»Aber zum Teufel noch mal, was ist bloß in dich gefahren, du armseliger Irrer!«, donnerte Uther und wies ihn energisch ab. »Was heckst du denn nun schon wieder aus?«
»Ich versuche dich zu retten, du Dummkopf!«
Die beiden Männer sahen sich lange in die Augen, dann setzte Merlin plötzlich wieder sein sorgloses kleines Lächeln auf und machte sich auf den Weg, ohne Uther weiter zu beachten.
»Folge mir«, sagte er über die Schulter. »Lliane erwartet uns!«
Sie hatten nicht weit zu gehen. Merlin lief am See entlang, bis sie eine weiße Rauchsäule erblickten, die neben einem Gehölz senkrecht zum Himmel aufstieg. Der kleine Trupp hatte sich in der Nähe des Ufers niedergelassen, in einer Mulde, die durch einen Hain aus silbrig schimmernden Birken, an welche sie Zelte hingebaut hatten, gegen den Wind geschützt war. Ganz am Anfang sah Uther nur die um das Lagerfeuer herumsitzenden Zwerge sowie in einiger Entfernung ein paar Pferde. Doch als sie noch näher kamen, zischte ein Pfeil an ihren Ohren vorbei und bohrte sich direkt vor ihren Füßen mit einem dumpfen Laut in den Schnee. Sie schauten auf und entdeckten Kevin, der bereits lachend von seinem Baum herunterkletterte. Und dann Tills weißen Jagdfalken, dem sie nachsahen, wie er zu seinem Herrn flog, der neben Prinz Dorian hingekauert saß. Die beiden Elfen waren nur ein paar Schritte weg, so vollkommen reglos unter ihren Moireumhängen, dass sie wie Baumstümpfe in der verschneiten Landschaft aussahen und sie vermutlich an ihnen vorbeigelaufen wären, ohne sie zu bemerken. Sie lachten allerdings nicht.
Uther zog seinen Mantel aus, damit jeder ihn erkannte, dann ging er an den anderen vorbei. Bran und seine Zwerge hatten sich erhoben. Sie hatten irgendetwas in einem Kessel zum Kochen gebracht. Etwas, das gut roch ... Rund um das Feuer war der Schnee geschmolzen, und es war ein Kreis aus schlammiger Erde mit ein paar Grasbüscheln entstanden.
Er hielt nach niemand anderem als ihr Ausschau, und da sah er sie, als sie sich von dem Baum löste, neben dem sie gesessen hatte. Wieder einmal schnürte sich ihm angesichts ihrer überirdischen Schönheit die Kehle zusammen. Er blieb vor ihr stehen, unfähig, auch nur ein Wort hervorzubringen oder die kleinste Geste zu machen, überflutet von einem Gefühl, das ihn völlig überwältigte, so dass er sich hilflos vorkam wie ein Kind.
Lliane war noch schöner als in seiner Erinnerung, schöner noch als in seinen Träumen, wie sie da, lediglich durch einige Klafter Schnee von ihm getrennt, reglos in ihrem langen Moirecape stand und ihn mit dem sanftmütigsten und zugleich distanziertesten aller Blicke betrachtete. Wahrscheinlich hätte er nicht innehalten sollen, sondern ohne Zögern weitergehen und sie in seine Arme schließen, doch nun war es zu spät, und er verharrte dort, wo er war, wie angewurzelt, zu weit entfernt von ihr, um sie zu berühren, reglos und stumm (und erst später fragte er sich, ob Lliane ihn nicht verhext hatte).
»Was kocht denn da?«, ertönte Merlins Stimme hinter ihm, die zu verkrampft klang, als dass ihm einer seine vorgebliche Fröhlichkeit abgenommen hätte. »Ich sterbe vor Hunger, und ich sterbe vor Kälte. Wie wäre es, wenn wir äßen, bevor wir uns unterhalten? Messire Ulfin?«
»Na ja, ich sag nicht nein, wenn Bran uns einlädt...«
»Natürlich lad ich dich ein«, knurrte der Zwerg. »Ich habe euch alle beide schon so oft durchgefüttert, da kommt es auf einmal mehr oder weniger nicht mehr an ...«
Lliane löste sich von dem Birkenhain und gesellte sich zu den anderen, wobei sie so dicht an Uther vorbeiging, dass ihm ihr Duft nach saftigem grünem Gras in die Nase wehte; doch sie würdigte ihn dabei weder eines Wortes noch eines Blickes. Da folgte er ihr, starr vor Kälte, weil er seinen Mantel abgeworfen hatte, und schon bald saßen sie alle
Weitere Kostenlose Bücher