Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
stumpfes Übungsschwert in einen der Geröllhaufen. Jules würde ihn niemals ziehen lassen, denn dieser verfluchte König Cabezan schien unsterblich zu sein. Er war längst älter, als es sich für einen Menschen geziemte. Jedes Mal, wenn Jules für ein paar Tage den Steinernen Wald verließ, kam er mit neuen Schreckensgeschichten über den König zurück.
Der Junge dachte an das Blumenmädchen. Bestimmt hatte sie sich längst einen Mann erwählt. Wahrscheinlich hatte sie sogar schon Kinder. Hoffentlich nicht von dem widerlichen Fleischhauer. Das würde er nicht ertragen.
»He, du machst ein Gesicht wie einer, der dem alten König die Hand küssen soll. Wa denkst du?«
»Dass ich in diesem Tal alt und grau werde.«
Der Priester lächelte warmherzig. »Das mit dem Lügen hast du immer noch nicht gelernt. Behalte deine Gedanken für dich, ich werde nicht weiter in dich dringen. Komm einmal mit mir.«
Jules brachte ihn zu einem Loch, das er vor Jahren gegraben hatte. Der ganze Hang war übersät von Gruben, und Adrien war sich sicher, wenn er jemals zum Ritter werden sollte, dann wäre er gewiss der Ritter, der am meisten Dreck geschaufelt hatte. Spaten und Hacke wären ein passendes Wappen für ihn.
»Hier, Junge. Ich habe in der letzten Nacht von dieser Grube geträumt. Du musst dort unten noch ein wenig graben. Nicht mehr weit. Ich bin sicher, es war diese Grube, die ich im Traum gesehen habe. Hier wirst du es finden.«
Jules hatte ihm in all den Jahren nicht gesagt, was er eigentlich finden sollte. Und er war schon unzählige Male mit Traumvisionen gekommen. Adrien sagte gar nichts dazu. Unten in der Grube hatte sich Wasser gesammelt. Die Ränder waren ausgewaschen. Jede Menge Geröll und Schlamm hatten das Loch halb gefüllt. Längst hatte Adrien aufgehört, mit seinem Meister über dessen Träume zu reden. Er würde graben. Sieben Jahre schon hatte er das getan. Fragen stellen half nichts. Er war eben der Maulwurfsritter.
DIE KUNST DER TÄUSCHUNG
Elodia erhob sich vom Bett. Sehr vorsichtig, um den Priesterfürsten mit ihren Bewegungen nicht im Schlaf zu stören. Das tote Kätzchen rollte aus seiner geöffneten Hand. Zusammengerollt lag es auf dem Seidenlaken. Die weiße Schnauze war rotbraun von verkrustetem Blut. Die anderen beiden Kätzchen kletterten über Laken und Kissen, um ihrer Schwester zu helfen. Sie leckten das Blut von der Schnauze, bis das Fell wieder ganz weiß war. Leise maunzten sie. Stießen ihre tote Schwester immer wieder vorsichtig mit den Pfötchen an, unfähig, zu begreifen, warum sie nicht aus dem vermeintlichen Schlaf erwachte.
Seit sie vor zwei Jahren nach Iskendria gekommen war, nannte sich Elodia Danae. Sie war auf dem Goldenen Markt in einer aufsehenerregenden Versteigerung als aegilische Liebessklavin vorgestellt worden. Wegen ihrer hellen Haut und der fantastischen Geschichten, die der Sklavenhändler bei der Versteigerung über sie erzählte, war sie für eine wahrhaft exorbitante Summe an einen Seidenhändler verkauft worden.
Ihr Sklavenhändler war in Wahrheit ein Mittelsmann Cabezans gewesen, und Elodia würde darauf wetten, dass er kurz nachdem sein König das Geld aus der Versteigerung erhalten hatte, einen plötzlichen Tod gestorben war. Genauso sicher war sie sich, dass es inzwischen reichlich Gerüchte über die Verbindungen des Händlers zu den aegilischen Piratenfürsten gab.
Cabezan war wie eine große Spinne, die mitten in ihrem Netz saß. Er hatte ein Netz aus Lügen um sie gesponnen. Niemand würde mehr herausfinden können, wer Danae in Wahrheit gewesen war. Alle hier in der Stadt kannten nur die Liebessklavin. Wirklich alle! Seit einigen Wochen nun nahm Promachos sie mit zu den öffentlichen Opferritualen für den Stadtgott Baibar. Eine widerliche Zeremonie, bei der ein gefesseltes Kind im Feuerschlund des Götzenbildes von Baibar verbrannt wurde. Sie war immer noch eine Sklavin, aber mit Sicherheit war sie die mächtigste Sklavin der Stadt. Promachos war ihr verfallen. Ihrer Liebeskunst, mit der sie ihm ein Jahr lang immer neue Genüsse beschert hatte. Ihrer Ruchlosigkeit, mit der sie all seine perversen Wünsche nicht nur erfüllte, sondern ihn durch ihre Vorschläge zu neuen, geheimen Ekstasen führte. Promachos, der mächtigste unter den Priesterfürsten. Promachos, der Flottenbauer, der seiner Stadt neue Visionen schenkte und sie zu nie gekannter Macht führte. Dieser Promachos war ein Sklave seiner Lust. Immer mehr Zeit verbrachte er mit ihr. Heute
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