Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
aussprach, sofort der Insel Zeola zuzuordnen. Elodia erfuhr genug über die Fischerei in dem Inselstaat, über das Netzeflicken und Kochen mit Meeresfrüchten, um glaubwürdig eine Fischerstochter spielen zu können. Zugleich schärfte man ihr ein, ihr Wissen um Dichtung und gehobene Konversation, das sie in den ersten Jahren im Refugium erworben hatte, zu verbergen.
Ihr Seidenhändler hatte nie daran gezweifelt, dass sie ein harmloses Fischermädchen war. Manchmal hatte er freundlich über ihre mangelnde Bildung gespottet. Aber er hatte sie nie verletzt. Er hatte sie wirklich geliebt, dachte Elodia bitter, und sie hatte diese Liebe verraten. Es war von Anfang an ihr Ziel gewesen, den Hohen Priester Promachos auf sich aufmerksam zu machen. Er war die treibende Kraft hinter dem Flottenbau in Iskendria. Er hatte Frieden mit den Piratenfürsten der Aegilischen Inseln geschlossen. Zum ersten Mal hatte sie Promachos auf dem großen Fest zu Ehren der Seegöttin Bessa gegenübergestanden. Er hatte sie mit den Augen verschlungen. Es war offensichtlich gewesen, dass er schon von ihr gehört hatte. Sie hatte erschrocken und schüchtern getan. Das hatte ihn nur noch mehr angestachelt.
Elodia war sich ganz sicher, dass die Einladung auf den Maskenball im Haus der berüchtigten Kaufherrin Sem-la nur auf den Wunsch von Promachos erfolgt war. Semlas Haus schien wie von Magie durchdrungen zu sein. Ihre Feste waren berühmt und berüchtigt. Oft hatte Elodia von den Ausschweifungen munkeln hören, die jede Feier begleiteten. Und vom Glanz der Feste. Dort raubte Promachos ihr einen ersten Kuss. Er war verschleiert wie die Tearagi, jene räuberischen Wüstennomaden, die dem Karawanenhandel so sehr zusetzten. Nach kurzem, gespielten Zögern hatte sie den Kuss erwidert und mehr … Das Haus der Sem-la war voller verborgener Winkel und Nischen. Und sie waren nicht das einzige Paar, das sich von den Feierlichkeiten zurückgezogen hatte, um ein eigenes, intimeres Fest zu begehen.
Am nächsten Morgen waren Tempelwachen ins Haus ihres Seidenhändlers gekommen. Sie hatten ihn aufgefordert, die Sklavin Danae aus Zeola an den Tempel des Baibar zu überstellen. Jede Familie in Iskendria fürchtete diese Besuche. Gewöhnlich kamen die Tempelwachen, um auserwählte Opfer für den Gott zu fordern, meist Kinder. Aber manchmal wurden auch ein schöner Jüngling oder eine junge Frau verbrannt. Dass dieser Besuch einen ganz anderen Grund haben könnte, war ihrem Seidenhändler gar nicht in den Sinn gekommen. Er hatte sich schützend vor sie gestellt, hatte gedroht und gebettelt. Vergebens. Und dann hatte er den einen unverzeihlichen Fehler gemacht. Er hatte den kleinen Schmuckdolch an seinem Gürtel gezogen. Die Tempelwachen waren erfahrene Krieger. Ein Händler mit einem Dolch in der Hand war keine Bedrohung für sie. Aber sie hatten es als eine Beleidigung Baibars aufgefasst. Als sie Elodia vor Promachos geführt hatten, war der Saum ihres Kleides vom Blut des Seidenhändlers benetzt gewesen.
Der Priesterfürst hatte sie noch am selben Morgen in sein Bett geholt. Es dauerte zwei Monde, bis sie nicht nur seine Favoritin war, sondern alle anderen Lustsklavinnen aus dem Palast verschwanden. Sie wollte ihn für sich allein. Er sollte ihr ganz und gar verfallen.
Ihre Lehrer auf dem Möns Gabino hatten große Sorgfalt darauf verwandt, ihr den Hintergrund ihrer Mission zu erläutern. Stunden um Stunden hatte Elodia vor einer Reliefkarte verbracht und die Namen von Inseln und Städten gelernt. Dann die Namen von Priestern, Fürsten und Feldherren. Kleine bunte Schiffchen auf dem Plan zeigten, wie schwach die Flotte Fargons war. Und wie übermächtig die Piratenflotten der Aegilischen Inseln sowie die neue Flotte, die auf Befehl des Priesters Promachos in Iskendria auf Kiel gelegt wurde. Ihre Aufgabe war es, ins Bett von Promachos zu gelangen, um von dort aus Fargon zu dienen.
Wieder blickte Elodia zu dem Schlafenden. Sein Schlummer nach der Liebe dauerte nie sehr lange. Draußen vor der mächtigen Flügeltür standen zwei Tempelwachen, keine zehn Schritt entfernt. Beim geringsten verdächtigen Laut würden sie ins Zimmer stürmen.
Vor sieben Monden schon hatte sie den Dolch versteckt, der das Leben des Priesters beenden würde. Ein Fischermesser von den Aegilischen Inseln. Ihre Lehrer hatten ihr sogar beschrieben, auf welche Weise sie ihn töten sollte und was sie noch zu tun hätte, wenn er schon tot war. Seine Ermordung musste spektakulär sein. Ein
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