Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
schlagen wirst, wenn du morgen die Seiten wechselst. Sie hat gar nicht geschrien, deine Buhle. Ist sie genauso kalt, wenn ihr euch liebt?«
Falrach angelte mit dem Fuß nach dem Schwert, das vor ihm lag. Sofort wich Dalmag zurück. »Du denkst an die Armbrustschützen, tapferer Elfenritter? Wahrscheinlich würden sie euch beide treffen.« Voller hilfloser Wut gab Falrach auf. Widerstand war zwecklos. Der Kobold hatte Recht. Jedes Aufbäumen würde ihr Schicksal nur noch schneller besiegeln. »Der Kerl ist mir wieder zu munter«, sagte Dalmag mürrisch und winkte den beiden Trollen, die den Eisenkorb getragen hatten. »Verprügelt ihn ein bisschen. Aber schlagt nicht so fest zu, dass wir morgen keinen Spaß mehr mit ihm haben. Er soll noch zappeln, wenn wir ihn auf den Amboss legen.«
DIE ANDERE
Er erwachte, weil ihm heiß war. Benommen blinzelte er. Dunkelheit umfing ihn. Da war ein matter, roter Schimmer … Die Erinnerung war wie ein Sturz in kaltes Wasser. Emerelle. Er hatte ihren Namen auf der Zunge, und doch wollte er nicht über seine Lippen kommen. Etwas stimmte nicht!
Seine Augen gewöhnten sich rasch an die Dunkelheit. Der Schnee draußen warf das Mondlicht zurück und sandte ein blasses, geisterhaftes Licht durch das Kerkerfenster. Schwarz zeichneten sich die Eisenstangen gegen den Nachthimmel ab. Seine Hände brannten von den verzweifelten Versuchen, eine der Gitterstangen zu lösen. Wie lange mochte es bis zum Morgen dauern? Wie viele Atemzüge maß ihr Leben noch? Wasser rann durch das vergitterte Loch. Ein dünnes Rinnsal. Neben seinem Knie hatte sich eine Pfütze auf dem lehmigen Kerkerboden gebildet.
Erneut wurde er sich der widernatürlichen Hitze bewusst. Seine Kleidung klebte schweißnass an seinem Leib. Mitten im Winter! In einer Stadt, in der es in dieser Jahreszeit so kalt werden konnte, dass die Vögel im Flug erfroren.
Er konnte Emerelle nur aus den Augenwinkeln sehen. Sie war aufgewacht und kauerte an der Wand der Zelle. Stumm wiegte sie sich. Ihre Linke umklammerte den Armstumpf dicht über der abgetrennten Hand.
Ein unstetes, rotes Licht umspielte die grässliche Wunde. Es wirkte wie ein Nebel aus feinsten Bluttröpfchen. Kein Schmerzenslaut kam über die Lippen der Königin. Er hätte aufstehen sollen. Doch etwas hielt ihn zurück … Ollowains Körper war ein Hohn. Nie zuvor war er Hitze und Kälte ausgeliefert gewesen. Ein einziges Wort der Macht hatte genügt, solch Unbill zu bannen.
Falrach fühlte sich schmutzig durch den Schweiß. Ein leicht säuerlicher Geruch haftete ihm an. Doch mit dem Verlust war auch Neues gekommen. Ollowain hatte andere Gaben. Noch waren sie Falrach fremd, zu verschieden waren sie von seinem früheren Leben. Er musste sich Ollowains Vergangenheit stellen, um sie zu ergründen. Nur einer dieser besonderen Fähigkeiten war er sich bis jetzt bewusst, er spürte sie in diesem Augenblick. Eine innere Spannung, die all seine Sinne schärfte. Ollowain hatte ein geradezu animalisches Gespür für Gefahr. Einen Sinn, der dem kultivierten Elfenvolk der Normirga längst verlorengegangen war.
Er spürte es in genau diesem Augenblick. Es war Emerelle. Er sollte sie nicht ansehen. Obwohl er ahnte, dass sie gerade das wollte. Etwas geschah mit dem Stumpf. Sie stöhnte.
Es hatte schon früher Gerüchte um sie gegeben. Damals hatte er es als böswilliges Gerede abgetan. Aber jetzt … Lag es an dem rötlichen Licht? An dem Schmerz, den sie litt? Ihr Antlitz wirkte fremd … Schatten wogten über die Wände des Kerkers. Formen, die nicht allein mit dem Spiel des seltsamen Lichts zu erklären waren.
Eine plötzliche Bö fegte über die Dächer der Stadt. Holzschindeln klapperten. Ein Fensterladen schlug irgendwo im Dunkel der Nacht. Und der Wind trug eine Stimme herbei. Heiser. Fremd. Laute, die eine Elfenzunge nicht einmal mit Hilfe der Magie zu formen vermochte.
Falrach hatte das beklemmende Gefühl, dass sie beide in dem winzigen Kerker nicht mehr allein waren.
Es war nicht greifbar. Eine Macht, die er mit jeder Faser seines Körpers spürte und di sich zugleich all seinen Erfahrungen entzog. War es der Albenstein? Waren sie etw noch da? Konnte Emerelle sie rufen?
Ein Schrei brach den Bann.
Er war mit einem Satz auf den Beinen und an Emerelles Seite. Er war dazu geboren, sie zu beschützen. So war es immer schon gewesen.
Die Königin krümmte sich. Ihre Finger gruben sich tief in das helle Fleisch ihres Arms. Aus dem verbrannten Stumpf schob sich ein
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