Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
ereiferte er sich.
»Dann sei jetzt lieber still! Vergiss nicht, du bist ein braves Kind und kein vorlauter Lutin. Und achte darauf, dass du deine Gestalt beibehältst. Auf deinen Handrücken beginnt Fuchsfell zu wachsen!« Emerelle steuerte das Boot um den steilen Felsen, der am Eingang der Bucht aufragte.
Der Lutin fluchte. »Wenn ich Angst habe, kann ich mich nicht auf meinen Zauber konzentrieren.«
»Dann würde ich dir raten, keine Angst zu haben.« Sie war ungerecht, das wusste sie. Sie war einfach in der Stimmung dazu. Immer wieder blickte sie verstohlen zu Falrach. Er hatte ihr erneut den Rücken zugedreht und beobachtete die Menschenkinder. Die wenigen Tage an Eleborns Hof hatten ihn verändert. Er war wieder mehr wie früher. Stolzer. Ein Mann, den man nicht behalten konnte, wenn man nicht jeden Tag um ihn kämpfte. Er sollte ihr gleichgültig sein!
Ein steinerner Kai ragte weit in die Bucht hinein. Etliche kleine Boote drängten sich dort zusammen. Drückende Hitze lag über der Bucht. Es roch nach Blut, toten Muscheln und faulendem Seetang.
Emerelle fand einen freien Platz. Sanft stieß das Boot gegen die Mauer. Nikodemus vertäute es an einem rostigen Eisenring. Falrach war als Erster auf dem Anleger. Er streckte ihr eine Hand entgegen. Er sah wirklich gut aus. Obwohl es immer noch Ollowains Gesicht war, wirkte es irgendwie anders. Da war ein verwegener Zug, den es beim geradlinigen ersten Ritter nie gegeben hatte.
Falrach beugte sich tief hinab und half auch Nikodemus auf den Kai.
Emerelle sah die großen Blutflecken auf den Steinen. Die Verwundeten, die man von den Schiffen brachte, wurden auf Tücher gelegt. In diese Tücher gehüllt, trug man sie hinauf zu den Felsen. Dorthin, wo die Sonnensegel stickigen Schatten spendeten. Die Männer stöhnten und fluchten. Manche weinten, ohne dass dabei ein Laut über ihre Lippen kam. Andere starrten in die gleißende Sonne hinauf. Ihre Pupillen waren klein wie Stecknadelköpfe. Emerelle sah die Wunden und wusste, dass viele der Krieger den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben würden. Ein dürrer, gelber Hund lief über den Kai und schleckte das Blut vom hellen Stein. Seine Rippen stachen durch sein struppiges Fell. Niemand störte ihn bei seinem schaurigen Mahl.
Plötzlich schrie einer der Wachposten. Er deutete auf das Meer hinaus. Am Horizont war ein einzelnes blaues Segel erschienen.
»Wir sollten hier fort«, zischte Falrach ihr zu. »Das ist ein Schiff aus Iskendria.« »Bis es die Flotte nach hier bringt, sind wir längst fort.«
»Wer seid ihr? Was habt ihr hier zu schaffen?« Ein bärtiger Krieger mit zerfetztem Leinenpanzer stellte sich ihnen in den Weg. Andere Männer, die sich bisher allein um die Verwundeten gekümmert hatten, hielten inne und starrten sie an.
»Meine Herrin Camille ist eine Heilerin aus dem fernen Marcilla«, entgegnete Falrach glatt. »Sie ist gekommen, um das Orakel zu besuchen.«
Emerelle zog das grüne Tuch, das ihre Haare bedeckte, ein wenig in die Stirn und senkte demütig den Blick. Sie trug ein langes, grünes Kleid. Unten war es weit ausgestellt, so dass man leicht darin gehen konnte, die Beine aber vor neugierigen Blicken verborgen blieben. Von der Hüfte aufwärts allerdings war es kunstvoll verschnürt und betonte Taille und Brüste.
»Eine Heilerin also …« Etwas Verzweifeltes lag im Blick des Kriegers. Er hatte tiefe dunkle Ränder unter den Augen. »Deine Herrin trägt ein kostbares Kleid. Sie schein reich zu sein. Dann ist sie wohl eine gute Heilerin.«
»Sie stammt aus vornehmer Familie und …«
Der Krieger griff nach Nikodemus und zog einen Dolch. Doch noch bevor er dem Kind die Klinge an den Hals legen konnte, berührte Falrachs Schwertspitze seine Kehle. »Siehst du die Bogeschützen, die auf dich angelegt haben?«, fragte der Krieger. »Willst du es darauf ankommen lassen, ob ein Pfeil oder meine Klinge schneller ist?« Falrach zog langsam das zweite Schwert.
Andere Krieger erhoben ihre Waffen.
»Ist nicht genug Blut geflossen?« Emerelle nahm Nikodemus und zog ihn langsam von dem Bärtigen fort. »Was willst du von uns?«
Der Krieger ließ seinen Dolch sinken. Sein Gesicht wirkte fahl. »Mein Herr liegt im Sterben. Nur ein Wunder kann ihn noch retten.« »Warum hast du nicht einfach gefragt, ob ich euch helfe?«
»Weil …« Er hob hilflos die Hände. »Ich habe wohl verlernt, um etwas zu bitten. Ich … Es gibt keine Entschuldigung. Ich … Du musst ihm helfen! Du scheinst in
Weitere Kostenlose Bücher