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Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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mit den Kriegern im Thronsaal.«
    Die kleine Schlampe war klug genug, sie nicht mit Fragen zu verärgern. Sie würden eine Reise machen. Letztlich war das Gespräch mit dem Kobold doch etwas wert gewesen. Er hatte nicht Unrecht gehabt mit seinem Rat. Sie wusste nun, wo sie jemanden finden würde, der Emerelle von ganzem Herzen verabscheute. Und sie sollte nach Orgrim schicken. Sie brauchte jemanden, der jede Rebellion im Keim ersticken könnte. Feylanviek war womöglich erst der Anfang. Es war besser, vorbereitet zu sein.

DIE GESCHICHTE EINES SCHATTENS
    Heute ist der letzte Tag, an dem du auf der faulen Haut liegen wirst, Junge!« Bruder Jules war nur ein Schattenriss in der Tür der Hütte, in der sie beide hausten. Hütte war nicht ganz das richtige Wort. Es war einmal etwas Größeres gewesen. Aber jetzt stand nur noch eine Mauerecke mit einer Tür, die Jules stets wohl verschlossen hielt. Die beiden anderen Wände waren aus groben Brettern gefertigt. Jules hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Ritzen zwischen den Brettern mit Moos auszustopfen. Adrien hatte schon davon gehört, dass manche Priester der Meinung waren, sie seien ihrem Gott besonders gefällig, wenn sie in Armut lebten und sich nicht um Dinge wie Ritzen in einer Bretterwand kümmerten. Er hielt es für Unfug, aber er würde sich hüten, das auch Jules zu sagen.
    »Komm. Ich werde dir das Tal zeigen und dir erzählen, welche Pflichten dich erwarten.«
    Adrien hatte keine Ahnung, was für Kräuter der Betbruder in die Aufgüsse getan hatte, die er ihm verabreicht hatte. Das Zeug war bitter wie Galle gewesen. Aber es hatte geholfen. Als er hier ankam, war er zu Tode erschöpft gewesen. Nun fühlte er sich ausgeruht und voller Kraft. Er würde sich allen Aufgaben stellen, die der Priester für ihn bereithielt. So schwer konnte es ja nicht werden.
    Adrien schlug die Decke zurück und streckte sich. Dann trat er hinaus ins Morgenlicht. Kalte Luft schlug ihm entgegen. Der Frühling hatte noch nicht seinen Weg in dieses Tal gefunden. Er sah hinab auf die verwüstete Stadt. Den Steinernen Wald.
    »Es gab eine Zeit«, erzählte Jules, »da waren Menschen viel mächtiger, als sie es heute sind. Und es gab viele Götter, nicht nur einen. Und diese Götter, die die Menschen erschaffen hatten, waren so stolz auf sie, dass sie unter ihnen wandelten.«
    Adrien sah seinen Meister mit großen Augen an. Eine solche Geschichte hatte er noch nie gehört. Und er hätte niemals erwartet, einen Tjuredpriester so reden zu hören. Es hatte andere Götter gegeben? Und sie sollten hier gewesen sein! Die Vorstellung fesselte ihn. Er stand auf Boden, auf dem einmal Götter gestanden hatten! Nein, das war sicherlich ein Märchen.
    »Das weiße Selinunt, so hieß die Stadt einmal. Sie war ganz und gar aus Marmor erbaut. Nur die Dächer trugen rote Schindeln, die hell in der Frühlingssonne strahlten. Die Stadt füllte das ganze Tal aus. Ihre Schönheit war weithin berühmt. Die Weisen und die Edlen waren hier versammelt. In jener Zeit gab es sieben Königreiche. Nicht solche Königreiche, wie du sie kennst. Sie waren groß. Jedes umfasste Hundert und mehr Städte wie dein Nantour. Und wenn die Heere dieser Königreiche marschierten, dann erzitterte der Boden unter den Schritten der genagelten Stiefelsohlen ihrer Soldaten.«
    Jules schritt einen schmalen Pfad hinab. Sein Blick war in die Ferne gerichtet. Er wirkte entrückt, ganz in seine Geschichte versunken. »Die besten Handwerker lebten hier. Die Stadt war wunderbar. Und sie hatte ein Geheimnis. Es gab noch eine weitere, eine verborgene Stadt. Weil das Wasser aus den Quellen hier bitter ist, legten die Erbauer von Selinunt große Zisternen an. Weite Hallen, die tief im Fels ruhten. Die Paläste und Tempel, die darüber errichtet waren, wurden von den Säulen und Rundbogen der Zisternen getragen, was von doppeltem Nutzen war, denn nun konnte man reiche Wasservorräte sammeln. Zugleich schützte diese Art zu bauen aber auch die prächtigen Monumente der Stadt, denn hier in den Bergen erbebt oft die Erde. Häuser, die man auf diese Weise errichtet, vermögen dem wütenden Zittern der Erde viel besser zu widerstehen.« Adrien betrachtete das Tal. Die einstige Pracht, die Jules vor Augen zu haben schien, vermochte er sich nicht vorzustellen. Für ihn sah der Steinerne Wald außergewöhnlich trostlos aus. Säulen inmitten einer Einöde. Inseln von Schnee wechselten sich mit großen Pfützen ab. Und nichts wuchs dort.

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