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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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große, runde Schilde, auf die das bedrohliche Gesicht eines bärtigen Mannes gemalt war. Ihre Speere hielten sie merkwürdigerweise falsch herum, sodass die Spitzen zum Straßenpflaster zeigten. Schwarze Umhänge mit einer breiten Borte aus Goldstickerei hingen ihnen von den Schultern. Nie zuvor hatte Farodin so prächtig ausgerüstete Krieger in der Welt der Menschen gesehen. In stiller Feierlichkeit schritten sie über die Rosenblätter.
    »Die Tempelwachen«, erklärte ihr selbst ernannter Führer. »Schön anzusehen, aber ein übler Haufen. Kommt denen besser nicht in die Quere. Wer sich mit dem Tempel anlegt, der landet nur allzu leicht auf dem Pferdemarkt.«
    »Was ist an eurem Pferdemarkt denn so schlimm?«, fragte Mandred.
    »Sie sperren dich in einen Eisenkäfig, ziehen dich an einem Mast hoch und lassen dich verdursten. Und dann hast du noch Glück gehabt. Wenn du Balbar beleidigt hast, den Gott der Stadt, dann werden dir Arme und Beine mit Eisenstangen zerschmettert, und man kettet dich an den Ketzerstein auf dem Marktplatz. Dort bleibst du liegen, bis sich deine Wunden entzünden und du bei lebendigem Leib verrottest. Und Nachts kommen die streunenden Hunde, um von dir zu fressen.«
    Farodin wandte sich angewidert der Prozession zu, während Mandred begierig den Geschichten des Fremden lauschte. Die nächste Gruppe, die vorüberzog, bestand aus dunkelhäutigen Männern in roten Röcken, die große Trommeln um die Hüften geschnallt trugen. Sie schlugen einen langsamen Marschtritt und bestimmten so das Tempo, in dem sich der Zug bewegte.
    Eine riesige offene Sänfte, getragen von mindestens vierzig Sklaven, passierte die Straße. Auf ihr erhob sich ein großer goldener Thron, den zwei Priester mit kahl geschorenen Köpfen flankierten. Darauf kauerte zusammengesunken ein junges Mädchen. Ihr Gesicht war mit greller Schminke bemalt. Teilnahmslos blickte sie zur Menge hinab.
    »Ist sie nicht hübsch?«, fragte der Blonde mit zynischem Unterton. »In einer Stunde schon wird sie Balbar gegenüberstehen.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Sie haben der Kleinen Wein und Opium gegeben. Gerade so viel, dass sie während der Prozession nicht einschläft und bei Sinnen ist, wenn sie Balbar entgegentritt. Ihr solltet das gesehen haben, dann werdet ihr Iskendria besser verstehen.«
    Hinter der Sänfte folgte eine Gruppe schwarz gewandeter Frauen. Sie alle trugen Masken, die grässliche Grimassen zeigten. Gesichter, erstarrt in Wehgeschrei, Schmerz und Trauer.
    »Und sie wird wirklich einem Gott gegenübertreten, und man kann dabei zusehen?«, fragte Mandred neugierig.
    »Worauf du deinen Arsch verwetten kannst, Nordländer. Übrigens, ich heiße Zimon von Malvena. Ich will mich nicht aufdrängen, aber glaubt mir, ihr seid gut beraten, euch einen Führer zu nehmen.«
    Nuramon drückte ihm ein Silberstück in die Hand. »Erzähl uns alles von der Stadt, was wir wissen müssen.«
    Die Prozession war vorübergezogen. Schon erhob sich allgemeines Gemurmel. »Gehen wir zum Platz des Himmelshauses.« Zimon winkte sie auf die Straße, und sie folgten der Prozession.
    »Was führt euch nach Iskendria, werte Herren? Sucht ihr jemanden, der den Dienst eurer Schwerter benötigt? Bei den Karawansereien ist es leicht, Soldherren zu finden. Ich kann euch gern dorthin führen.«
    »Nein«, entgegnete Mandred umgänglich. »Wir wollen zur Bibliothek.«
    Farodin zuckte innerlich zusammen. In Augenblicken wie diesem hätte er Mandred erschlagen können. Was ging diesen zwielichtigen Kerl an, was sie hier suchten!
    »Die Bibliothek?« Zimon musterte Mandred erstaunt. »Du verblüffst mich, Nordländer. Sie liegt nahe beim Hafen. Es heißt, dort sei alles Wissen der ganzen Welt versammelt. Sie ist mehr als dreihundert Jahre alt und verfügt über tausende von Schriftrollen. Es gibt keine Frage, auf die du dort keine Antwort findest.«
    Farodin und Nuramon tauschten einen vielsagenden Blick. Eine Bibliothek der Menschen, in der man Antwort auf alle Fragen fand! Das war so wahrscheinlich wie ein Pferd, das Eier legte. Und doch war bemerkenswert, dass es ausgerechnet in Iskendria eine solche Bibliothek gab. War sie vielleicht ein ferner Spiegel dessen, was sich jenseits der Albensterne in der Zerbrochenen Welt hier verbarg?
    Sie erreichten einen weiten Platz, in dessen Mitte eine mehr als zehn Schritt hohe Statue stand. Sie zeigte einen Mann mit langem, eckig gestutztem Bart, der auf einem Thron saß. Die Arme der Figur waren

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