Die Elfen
Zeitspanne.
Wengalf hielt ihm den Köcher mit dem Gurt hin. Nuramon lehnte den Bogen gegen sein Bein, dann nahm er den Köcher entgegen. Der Zwerg grinste. »Du hast nicht alles vergessen. Wie du den Bogen an dich lehnst… Genau wie damals!«
Nuramon wunderte sich. Er hatte sich nichts dabei gedacht.
Der Zwergenkönig reichte ihm nun das Schwert. »Das ist dein Schwert, eine schmale Klinge aus frühen Tagen, da Zwerge und Elfen Seite an Seite schmiedeten.«
Nuramon nahm die Waffe entgegen. Sie war leicht für ein Langschwert. Der Knauf war scheibenförmig, die Parierstange war schmal und bot einer Hand nicht viel Schutz. Der Griff war kurz, doch er schmiegte sich in seine Hand, als wäre er für sie geschaffen. Nuramon zog die Waffe aus der Scheide und musterte das Blatt. Es war länger als das des Schwertes der Gaomee. Da waren keine Hohlkehlen, und dennoch war die Waffe leicht.
Das mochte zum Teil daran liegen, dass die Klinge recht schmal war. Doch das allein konnte das geringe Gewicht nicht erklären. Das Metall sah wie gewöhnlicher Stahl aus. Es musste ein Zauber auf der Waffe liegen. Doch er spürte davon nichts, obwohl er seit der Suche nach Guillaume sehr empfindsam für Magie geworden war.
»Ein schlichtes Schwert und doch verzaubert!«, erklärte Wengalf. »Du sagtest mir einst, das Schwert sei ein alter Familienschatz.«
Das war sein Schwert! Wer wusste schon, in wie vielen Leben er es getragen hatte? Nun besaß er zwei Schwerter, die gegen Drachen geführt worden waren. Das eine war mit diesem Leben verbunden, das andere mit seinen früheren. Nuramon schaute zu seinem einstigen Körper auf. Er würde Gaomees Schwert tragen, bis der Tag käme, an dem er sich an seine vergangenen Leben erinnerte und die Taten des toten Kriegers vor ihm zu seiner eigenen Vergangenheit wurden.
Der Abschied von seinem alten Körper und der Halle fiel Nuramon nicht leicht. Er hatte das Gefühl, hier etwas zurückzulassen.
Widerstrebend folgte er Wengalf in die Hallen des Königs, wo die Wachen auf sie warteten. Auch wenn Nuramon die Wege inzwischen vertraut waren, so hätte er Jahrhunderte in diesem Zwergenreich verbringen können, ohne all die Geheimnisse dieser Welt im Berg zu lüften. Wenn irgendein Elf in Albenmark wüsste, wie sehr ihm dieser Ort gefiel, dann würde sich der Spott, der ihm zuteil wurde, gewiss noch erhöhen. Mit den Zwergen hatten die Elfen nichts im Sinn. Aber wie konnte dieses Volk so sehr in Vergessenheit geraten, dass nicht einmal mehr bekannt war, dass sie die Kinder der Dunkelalben waren? König Wengalf führte es auf den Streit zurück, der Elfen und Zwerge schließlich entzweit hatte. Die Zwerge hatten keine elfische Königin neben Wengalf anerkannt und deswegen sogar einen Krieg geführt, um Albenmark sodann den Rücken zu kehren. In der Folge waren die Zwerge zu Märchengestalten geworden und die Kinder der Dunkelalben zum Mythos.
Nuramon wünschte, er könnte hier bleiben, von den Zwergen lernen und einst als jemand nach Albenmark zurückkehren, der die Erinnerung an seine früheren Leben erworben hatte. Doch ein Gedanke an Noroelle, und die Sehnsucht und Sorge zogen ihn fort. Was wohl seine Liebste von diesem Ort halten würde? Er konnte es nicht sagen.
Sie schritten bis zum Tor, wo Thorwis sie erwartete. Der alte Zauberer war in ein strahlend weißes Gewand gekleidet und hielt einen Stab aus versteinertem Holz in Händen. »Höre mich, Nuramon Zwergenfreund!«
Diesen Namen hatte er in den letzten Tagen oft gehört. Und auch dieses Mal lief ihm ein Schauer über den Rücken.
Thorwis sprach weiter. »Die Taten an der Seite unseres Königs werden nie vergessen sein. Ich und meine Vertrauten mussten große Mühen auf uns nehmen, um König Wengalf davon zu überzeugen, dass sein Platz hier ist und ein anderer an deiner Seite das Orakel Dareen aufsuchen soll. Es war meine Aufgabe, deinen Begleiter zu wählen.«
»Hast du deine Wahl getroffen?«, fragte Wengalf.
»Ja, mein König. Es war nicht leicht. Denn von allen Seiten drangen Stimmen an mich heran und baten mich darum, diesen oder jenen zu erwählen. Ich tat mich schwer, wollte nicht dem einen den Vorzug vor dem anderen geben. Doch dann merkte ich, dass das Schicksal bereits die Entscheidung getroffen hat.« Er deutete auf eine Reihe gut bewaffneter Krieger. »Hier kommt dein Gefährte.«
Die Krieger machten Platz für Alwerich, der mit einem feinen Kettenhemd, einem schweren Mantel und großem Gepäck vortrat.
»Hier ist der
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