Die Elfen
Zwerg, dessen Augen dich in diesem Leben als erste erblickten!«, sprach Thorwis und winkte den jungen Zwerg zu sich.
Alwerich verbeugte sich vor dem König und senkte dann das Haupt vor Thorwis und Nuramon.
Wengalf legte dem Jüngling die Hand auf die Schulter. »Alwerich, dies ist die erste Reise seit langem, die einen Zwerg auf einen Pfad aus diesem Gebirge führt. Der Letzte, der Seite an Seite mit einem Elfen eine Queste bestand, war ich. Mache unserem Volk alle Ehre und schwöre, dass du Nuramon ein solcher Gefährte sein wirst, wie ich es einst war.«
»Ich schwöre es!«, sagte Alwerich feierlich.
Thorwis trat an die Seite des Königs. »Du weißt, welche Frage du dem Orakel stellen musst.«
»Das weiß ich, Meister. Und ich werde mit dem Orakelspruch zurückkehren.«
Alwerich wandte sich noch einmal um und trat an eine edel gekleidete Zwergenfrau heran, um sie zu umarmen. Dann kehrte er zurück. »Hier ist meine Axt, Waffenbruder!« Er zog die Streitaxt und hielt sie vor Nuramon hin. Die Waffe hatte einen kurzen Schaft, an dessen Ende ein großes Blatt einem kleinen, schnabelförmigen Schlagdorn gegenüber stand.
»Du musst deine Waffe mit ihm kreuzen«, flüsterte Wengalf.
Nuramon zog Gaomees Schwert aus der Scheide. Hatten eben noch Geflüster, rasselndes Metall und schlichte Aufgeregtheit der Zwerge die Halle erfüllt, so verstummten nun die Laute, und nurmehr der Wind und das entfernte Rauschen von Wasser waren zu hören. Wengalf wie auch Alwerich machten Augen, als hätten sie einen Geist gesehen. Thorwis war der Einzige, der nicht überrascht schien, sondern mit einem Schmunzeln auf die Waffe blickte.
»Sternenglanz!«, sagte Wengalf leise. Und überall wurde dieses Wort nachgeflüstert.
Langsam führte Nuramon seine Klinge an den Schaft von Alwerichs Streitaxt und sagte: »Waffenbrüder!«
Ohne den Blick von Gaomees Schwert abzuwenden, zog der junge Zwerg seine Axt zurück.
Nuramon war verunsichert. Alle betrachteten das Schwert so fassungslos, dass er es nur zögerlich in die Scheide gleiten ließ.
»Ahnst du, wie wertvoll dieses Schwert ist?«, fragte Wengalf.
»Ich hatte es offenbar unterschätzt«, antwortete er dem König. »Gibt es hier keinen Sternenglanz?«
»Nein, den gibt es nur in Albenmark. Und wir haben damals nur wenig davon mitgenommen. Sternenglanz allein macht das Schwert schon zu etwas Beeindruckendem. Doch diese Waffe stammt zudem aus frühen Tagen. Sie ist jünger als dein altes Schwert, aber sie ist die Arbeit eines Zwerges. Er war einer der wenigen, die ins Silberlicht gingen. Er schmiedete viele Waffen wie diese. Darf ich sie noch einmal sehen?«
Nuramon zog das Schwert erneut und reichte es dem König. Wengalf nahm es entgegen und fuhr mit den Fingern über die Klinge. »Der große Teludem hat diese Waffe für einen Elfen geschaffen.« Der König deutete auf Gaomees Namen, der dort in verschlungener Schrift stand. »Dieses Symbol hier ist später hinzugefügt worden, von Elfenhand.« Er gab Nuramon das Schwert zurück. »Es gibt nur vier dieser Elfenklingen aus Zwergenhand. Es heißt, sie wären alle in den Trollkriegen und im Kampf gegen die Drachen vernichtet worden. Ich kann mir keinen besseren Träger für diese Waffe vorstellen als dich, Nuramon. Sie wird dir gute Dienste leisten.«
Nuramon beugte das Knie vor dem König, um auf einer Augenhöhe mit ihm zu sein. Dann sprach er: »Ich danke dir, Thorwis, und all den anderen. Ich bin mit diesem Leben in diese Halle gekommen und verlasse sie mit all den früheren. Ich danke dir für all das, was du mir gegeben hast und woran ich mich noch nicht erinnern kann. Wir werden uns wiedersehen, Wengalf. Wenn nicht in diesem Leben, dann in einem späteren.«
»Wären alle Elfen wie du, Nuramon, wir hätten Albenmark nie den Rücken gekehrt«, gab der König zurück. »Und nun müsst ihr beide gehen, bevor ich gegen alle Vernunft handle und euch doch noch begleite.«
Nuramon nickte. Dann erhob er sich. »Leb wohl! Bis wir uns wiedersehen.« Er warf Alwerich einen Blick zu. Der Zwerg trat an seine Seite. Noch einmal schaute Nuramon in die gigantische Halle, dann schritten die beiden Gefährten hinaus ins Sonnenlicht.
IRRWEGE
Farodin schreckte hoch und schlug sich den Kopf an. Es war vollkommen dunkel um ihn herum. Benommen tastete er in die Finsternis. Seine Hände schmerzten. Er spürte rauen Fels und Geröll.
Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Er war vor Erschöpfung eingeschlafen. Die Trolle hatten einen
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