Die Elfen
sich.
»Farodin!« Mit einem Mal war Nuramon über dem Manneber. Er hob das Schwert mit beiden Händen und ließ es auf das Haupt des Ebers hinabfahren. Knirschend glitt die Klinge ab und hinterließ eine tiefe, blutige Furche. Von der Wucht des eigenen Schwerthiebes taumelte Nuramon zurück. Blankes Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Noch halb gebeugt fuhr die Bestie herum und setzte dem Elfen nach. Doch dann verharrte sie plötzlich.
Das ist die letzte Gelegenheit!, dachte Mandred. Der Krieger trat von hinten an den Manneber. Entschlossen packte er mit der Linken die Hauer und riss den mächtigen Kopf zur Seite. Mit der Rechten rammte er dem Ungeheuer die Klinge der Saufeder durch eines seiner Augen. Tief grub sich der Elfenstahl in den Schädel des Devanthars.
Ein letztes Mal bäumte sich der Körper der Bestie auf. Mandred wurde gegen den mächtigen Stein ge -schleudert, auf dem einst Luth gesessen hatte. Dumpfer Schmerz pochte in seiner Brust.
»Deine Leber werden die Hunde fressen«, stieß Mandred hustend hervor.
Es war ein klarer Traum, der Noroelle im Schlaf ereilte. Zunächst schweifte ihr Blick über die frühlingshafte Umgebung ihres Hauses und weiter über die Steilküste von Alvemer. Mit einem Mal aber sah sie eine unheimliche Winterlandschaft, schroffe Berge und dichte Wälder, die von Stimmen und Schreien durchdrungen wurden. Vor einem Eichenstamm lag ein toter Kentaur, so jämmerlich zugerichtet wie kein Wesen, das sie je gesehen hatte. Es war Aigilaos. Plötzlich hatte sie Lijema vor Augen, die regungslos im Schnee lag und eine riesige Wunde im Leib hatte. Aus Lijema wurde Brandan, der todesstarr neben einem Lagerfeuer ruhte, während aus dem Wald die Schreie leidender Wölfe drangen.
Noroelles Blick fand eine Höhle aus Eis, die von Kampflärm erfüllt wurde. Sie konnte nicht sehen, wer dort gegen wen kämpfte. Sie sah nur jene, die niedergestreckt wurden. Da war Vanna die Zauberin und dann ein Wolf. Mit einem Schlag verstummte der Kampflärm, und Noroelle sah Farodin am Boden. Eine Wunde klaffte in seiner Brust, und in seinen Augen war kein Leben.
Noroelle schrie und schrie, ohne Luft zu holen .
Auf einmal fand sie sich neben dem leeren Thron im Saal der Königin wieder. Sie schaute sich um, doch sie war allein. Das Wasser schwieg, die Wände waren trocken. Tageslicht fiel durch die Decke in den Saal. Noroelle sah an sich herab. Sie trug ihr weißes Nachthemd.
Langsam öffnete sich das Tor. Weiß gewandete Elfenfrauen, die ihre Gesichter hinter Schleiern verbargen, trugen zwei Bahren nebeneinander herein. Noroelle wusste, wen sie zu ihr brachten. Verzweifelt wandte sie sich ab. Den Anblick würde sie nicht ertragen.
Die Frauen kamen näher und näher. Schließlich verharrten sie vor der Treppe zum Thron. Noroelle betrachtete aus den Augenwinkeln die Bahrenträgerinnen, die stumm und starr dastanden, als wären sie Statuen. Sie wollte auf keinen Fall die toten Körper ihrer Liebsten sehen. Doch ihr Blick gehorchte ihr nicht, sondern wanderte zu den Leichnamen von Farodin und Nuramon. Sie schienen unversehrt zu sein, doch ihnen fehlte jedes Leben.
Noroelle schaute sich zitternd um, so als müsste doch irgendjemand da sein, der ihr beistünde. Doch da war niemand. Dann sah sie, wie von den Wänden Blut hinablief. Sie schaute auf und beobachtete, wie das Blut aus den Quellen drang.
Noroelle eilte davon. Durch die Seitentür, die der Königin vorbehalten war, verließ sie den Saal. Sie lief so schnell sie konnte und achtete nicht darauf, wohin sie ihre Füße trugen.
Unvermittelt fand sie sich an ihrem See wieder. Sie trat zur Quelle und war erleichtert, hier Wasser und kein Blut vorzufinden. Erschöpft lehnte sie sich an den Stamm einer der beiden Linden und fing an zu weinen. Sie wusste, dass es nur ein Traum war. Aber sie wusste auch, wie oft sie im Traum die Wahrheit gesehen hatte. Sie hatte Angst vor dem Erwachen.
Nach einer Weile kniete sie sich an den See und betrachtete ihr Antlitz auf der Wasseroberfläche. Nichts war von dem geblieben, was Farodin und Nuramon in ihr gesehen hatten. Ihre Tränen fielen ins Wasser und ließen ihr Spiegelbild verschwimmen.
»Noroelle!«, hörte sie eine vertraute Stimme sagen.
Sie stand auf und wandte sich um. Es war Nuramon. »Bist du es wirklich?« Er war in eine Hose und ein Hemd aus einfachem Leinen gekleidet. Seine Füße waren nackt.
»Ja«, sagte er lächelnd.
Noroelle setzte sich auf den Stein beim Wasser und bedeutete ihm,
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