Die Elfen
einhundert Jahre?«
»Er ist bereit, von seiner knapp bemessenen Lebenszeit zu opfern, um uns zu helfen. Ob er ahnt, wie lange unsere Suche nach dem Kind dauern kann?«
Farodin zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht sagen. Aber ich bin mir sicher, dass er es ernst meint. Vergiss nicht die Macht Atta Aikhjartos. Die alte Eiche hat ihn verändert, als sie ihn gerettet hat. Er ist nicht mehr wie andere Menschen.«
Nuramon nickte.
»Ob es noch schlimmer kommen kann?«, fragte Farodin unvermittelt.
»Wenn wir tun, was die Königin verlangt, werden wir zwar Noroelle befreien, aber dafür für immer mit ihrer Verachtung leben müssen. Was sollte noch schlimmer sein?«
»Ich werde meine Sachen holen«, war alles, was Farodin darauf sagte. Leise verließ er die Kammer.
Nuramon trat ans Fenster und blickte zum Mond hinauf. Noroelles Verachtung, dachte er traurig. Es mochte noch schlimmer kommen. Es mochte sein, dass sie daran verzweifelte, dass ihre Liebsten ihren Sohn getötet hatten. Das Schicksal, oder Luth, wie Mandred es nannte, hatte sie auf einen schmerzvollen Pfad geführt. Irgendwann musste das Glück doch emporsteigen.
Es dauerte nicht lange, bis Farodin zurückkehrte. Schweigend warteten sie auf den Menschensohn. Da erklangen auf dem Flur Stimmen.
». das ist Blutrache«, sprach Mandred.
»Rache ändert auch nichts mehr. Meine Mutter ist tot. Und was hat Noroelles Sohn damit zu tun?«
»Er ist auch der Sohn des Devanthars. Die Blutschuld seines Vaters hat sich auf ihn übertragen.«
»Das ist doch alles Unsinn!«, entgegnete Alfadas.
»Das also haben dich die Elfen gelehrt! In meiner Welt folgt ein Sohn dem Wort seines Vaters! Und genau das wirst du jetzt auch tun!«
»Sonst geschieht was?«
Nuramon und Farodin sahen einander an. Plötzlich war es totenstill vor der Tür. »Was tun die?«, fragte Nuramon leise.
Farodin zuckte mit den Schultern.
Die Tür flog auf. Mandred hatte einen hochroten Kopf. »Ich habe meinen Sohn mitgebracht. Es ist ihm eine Ehre, uns zu begleiten.«
Farodin und Nuramon griffen nach ihren Bündeln. »Lasst uns gehen!«, sagte Nuramon.
Alfadas wartete vor der Tür. Er wich Nuramons Blick aus, gerade so als schämte er sich für seinen Vater.
Leise machten sie sich auf den Weg hinab zu den Ställen.
Dort brannte trotz der späten Stunde noch Licht. Ein bocksbeiniger Stallknecht öffnete ihnen das Tor, als hätte er auf sie gewartet. Und er war nicht allein. Vier Elfen in langen grauen Umhängen standen bei den Pferden. Sie waren gerüstet, als wollten sie in den Krieg ziehen. Sie alle trugen feingliedrige Kettenhemden und waren gut bewaffnet. Ihr Anführer wandte sich mit einem schmalen Lächeln um und sah zu Mandred.
»Ollowain!«, stöhnte der Menschensohn.
»Willkommen, Mandred!«, entgegnete der Krieger und wandte sich dann an Nuramon. »Wie ich sehe, hast du dir Waffengefährten gesucht. Das wird unsere Kampfkraft stärken.«
Alfadas war überrascht. »Meister!«
Mandred zog eine Miene, als hätte er einen Huftritt ins Gemächt bekommen. Nuramon wusste, was Mandred von Ollowain hielt. Dass ausgerechnet dieser Elfenkrieger seinen Sohn unterwiesen hatte, war ein übler Streich des Schicksals.
Er trat vor. »Hat die Königin euch ausgewählt?«, fragte er Ollowain.
»Ja. Sie sagte, wir sollten uns hier bereithalten. Sie wusste, du würdest keine Zeit verlieren.«
»Sagte sie auch, worin der Auftrag besteht?«
Ollowains Lächeln schwand. »Ja. Wir sollen das Dämonenkind töten. Ich kann nicht nachfühlen, was in euch vorgeht, aber ich kann mir denken, wie bitter euch dieser Weg sein muss. Noroelle war immer gut zu mir. Sehen wir in dem Kind nicht ihren Sohn, sondern den des Devanthars! Nur so werden wir unseren Auftrag meistern.«
»Wir werden es versuchen«, sagte Farodin.
Ollowain stellte ihnen seine Begleiter vor. »Dies ist meine Schildwache, die besten Krieger der Shalyn Falah. Yilvina ist ein wahrer Wirbelwind im Kampf mit zwei Kurzschwertern.« Er deutete auf die zierliche Elfe zu seiner Linken. Sie hatte kurzes, blondes Haar und erwiderte Nuramons Blick mit einem verschmitzten Lächeln.
Als Nächstes stellte Ollowain Nomja vor, eine hoch gewachsene Kriegerin. Sie musste sehr jung sein, ihre feinen Gesichtszüge wirkten fast noch kindlich. Sie stützte sich auf ihren Bogen wie ein erfahrener Kämpe, doch wirkte diese Geste einstudiert.
»Und dies ist Gelvuun.« Der Krieger hatte ein Langschwert über den Rücken geschnallt, dessen Griff unter
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