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Die elfte Geißel

Die elfte Geißel

Titel: Die elfte Geißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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damit sie nicht identifiziert werden konnten. Am ganzen Körper zitternd, wählte er hastig die Nummer von Broissard.
    »Sie müssen sofort kommen! Ich bin in Crozant. Maxime Kolbe hat Ihnen keine Falle gestellt. Rufen Sie mich an, sobald Sie diese Nachricht abgehört haben. Machen Sie schnell. Das ... das sind verdammte Bestien.«
    Er legte auf, die Taschenlampe noch immer auf die kleinen Häufchen aus Kinderzähnen gerichtet.

70
Paris,
Mordkommission
    Eine dichte Menschenmenge strömte vor den Ringmauern zusammen. Der Geruch nach einer Mischung aus Grillparty und Benzin hing über den Gassen. Sie verließen das Gefängnis und bahnten sich, Demonstranten anrempelnd, einen Weg durch die lärmende Menge. Blandine wäre am liebsten in der Masse untergetaucht und verschwunden, aber die Hand, die ihr Handgelenk umklammerte, zog sie hinter sich her.
    »Wir nehmen meinen Wagen.«
    »Um wohin zu fahren?«
    Rilk antwortete nicht und öffnete ihr die Tür. Sie setzte sich nach vorn. Die Enthüllungen von Étienne Caillois brodelten in ihr.
    Eine DNA-Probe.
    Um zu beweisen, dass Caillois nicht der Vater von Amandines Tochter war.
    Aus den schrecklichen Offenbarungen ließen sich mehrere Schlüsse ziehen. Alice/Amandine hatte während ihrer Gefangenschaft ein Kind bekommen. In den Ermittlungsakten stand kein Wort darüber. Kalter Schweiß floss Blandine über den Rücken.
    Die gynäkologische Untersuchung der Leiche. Verletzungen in der Gebärmutter. Der Altersunterschied hatte Stéphane Firsh in die Irre geführt. Der Rechtsmediziner nahm an, dass sie in ihrer Jugend eine Abtreibung hatte vornehmen lassen. Genau das Gegenteil war der Fall gewesen.
    Das junge Mädchen auf dem Gleis war Fleisch von ihrem Fleisch, die zerbrechliche Frucht einer widernatürlichen, abscheulichen Verbindung. Die Mordopfer waren eine Mutter und ihr Kind.
    Das gleiche Gesicht, das gleiche Martyrium, das gleiche Schicksal.
    Blandine begriff im gleichen Moment, wieso ihre Ermittlungen mit denen von Léopold zusammenhingen. Amandine hatte ihren Dämonen die Stirn geboten, um ihre Tochter zu retten, und sie war bis zu den Bestien von Neverland vorgestoßen. Ein Akt der Liebe, den sie mit ihrem Leben bezahlte.
    Der Wagen fuhr an einem Rotlicht vorbei. Jean-François Rilk sagte noch immer kein Wort. Ein Gewirr aus wütenden Transparenten und Weihnachtsbeleuchtungen tauchte ganz Paris in goldbraune Töne. Der Blick des Kommissars blieb auf die Avenue des Champs-Élysées fixiert. In der Ferne schwärzte, vom Arc de Triomphe kommend, ein gigantischer Menschenauflauf die Place de L’Étoile. Blandine versuchte das Schweigen zu brechen.
    »Wieso wussten Sie, wo ich war?«
    Die Frage ignorierend, umfuhr Rilk die Polizeisperren und verriegelte die Türen.
    »Was hat Ihnen Caillois gesagt?«, erkundigte er sich, ohne die Straße aus den Augen zu lassen.
    Er warf ihr die Frage brüsk an den Kopf, die augenblicklich weitere nach sich zog.
    Woher kannte er den Namen des Häftlings?
    Blandine machte Ausflüchte, um Zeit zu gewinnen und sich an das Pochen in ihrer Brust zu gewöhnen.
    »Nichts Wichtiges ... ich ...«
    »Lügen Sie mich nicht an, Lieutenante Pothin.«
    Die Finger des Bären knackten, als er das Lenkrad fester umklammerte, und er fügte brummend hinzu:
    »Es ist in Ihrem Interesse.«
    Das Trommeln in ihrer Brust wurde immer lauter. Drohung oder guter Rat? Sie hatte ihren Vorgesetzten noch nie in einem solchen Zustand gesehen.
    »Er hat unzusammenhängendes Zeugs über seine Vergangenheit erzählt. Jemand hätte ihn verpfiffen.«
    Das Gespräch mit dem Häftling fiel ihr in Auszügen wieder ein, die sie schleunigst sortierte. Ein Strudel von Schicksalen, die alle miteinander zusammenhingen, sein eigenes, das von Amandine und den anderen, alle mitgerissen von einer starken Rotationsbewegung.
    Untere Dienstgrade haben uns einen Deal vorgeschlagen .
    Sie zuckte zusammen, als eine Gruppe von Jugendlichen das Auto mit Flaschen bewarf. Das Glas zersprang auf der Motorhaube. Der unerschütterliche Rilk trat unter Buhrufen aufs Gas.
    »Was hat er Ihnen über Alice Deloges gesagt?«
    »Alice Deloges ... ich habe diesen Namen Ihnen gegenüber nie erwähnt ...«
    »Es gibt so viele Dinge, die Sie nicht wissen.«
    »Ich ... ich weiß nicht mehr ...«
    »Lügen Sie nicht!«
    Um sie herum beleuchteten in Brand gesteckte Abfallberge die Gehsteige. Ein fauliger Geruch stieg von den Rinnsteinen und den Mülltonnen auf und hing über den Boulevards. Blandine schob

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