Die elfte Geißel
von Gérard Maurois, der sogenannten ›Bestie von Jarnages‹, gesehen zu haben. Der Bericht wurde von Maxime Kolbe und dir abgezeichnet. Ist das deine Unterschrift?«
»Ja.«
»Das Problem ist nur, dass dieser gute Geschäftsmann vor Gericht einen Rückzieher machte. Er hat euch beschuldigt, ihr hättet ihm diese Fotos gezeigt und ihm versprochen, ihr würdet euch nicht lumpen lassen, wenn er lügen würde. Eine falsche Zeugenaussage gegen einen Geldumschlag ...«
»Das ist doch total absurd!«
»Da steht dein Wort gegen seines.«
»Ihr habt keine Beweise.«
»Wenn du meinst. Und was ist damit?«
Das Fallbeil schob ihm einen Ausdruck mit dem Briefkopf des Gerichts von Guéret über den Tisch.
»Was ist das?«
»Eine richterliche Anordnung vom 12. Juni. Doch das Erstaunliche ist, dass wir im Archiv des Ermittlungsrichters nachgesehen haben und dass der Richter behauptet, an diesem Tag keinen Durchsuchungsbefehl ausgestellt zu haben. Haben Sie eine Erklärung dafür?«
»Der Richter hat sich zweifellos vertan. Vielleicht ist die Kopie beim Zurückstellen der Akte verloren gegangen.«
»Wir haben das Gleiche gedacht wie du, aber ein Experte hat die Unterschrift analysiert. Sie ist gefälscht. Wer also hat anstelle des Richters unterschrieben? Maxime Kolbe? Oder hat er dich gebeten, es zu tun?«
»Verletzung des Ermittlungsgeheimnisses, Meineid, rechtswidrige Durchsuchung, es gibt da etwas, was ich nicht kapiere«, erregte sich der oberste Boss der internen Ermittler, während er mit der flachen Hand auf den Tisch schlug. »Weshalb war es euch so wichtig, Gérard Maurois hinter Gitter zu bringen?«
Ungeachtet seiner raubauzigen Art, legte er den Finger in die Wunde und stellte die Frage, auf die es ankam. Und er, Broissard, konnte darauf nicht objektiv antworten. Maxime war überzeugt davon, dass Gérard Maurois der Täter war, und das hatte genügt.
»Der Kommissar hat dir eine Frage gestellt«, fuhr das Fallbeil mit honigsüßer Stimme fort. Er hatte ihnen den Rücken zugewandt und überflog einen Bericht.
Er schien sich im Griff zu haben, im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten, der ein rotes Gesicht hatte, auf dem der Schweiß stand.
»Gut, probieren wir etwas anderes. Kommissar Musil?«
Er legte Fotos von einem etwa fünfzigjährigen Polizisten auf den Tisch.
»Was soll das?«
»Ich werde deinem Gedächtnis nachhelfen. Kommissar Musil wurde vom Polizeirevier Guéret abgestellt, um euch zu unterstützen. Er schreibt, ich zitiere: ›Auf Anfrage von Kommissar Maxime Kolbe teile ich Ihnen mit, dass ich Ihnen im Rahmen der Ermittlungen zur Verfügung stehe.‹ Erinnerst du dich wieder?«
»Ich bin ihm begegnet. Wenn man in einem Fall ermittelt, begegnet man vielen Leuten.«
»Bloß begegnet? Willst du dich über uns lustig machen? Weil uns der Kommissar aus der Provinz nicht die gleiche Version aufgetischt hat? Maxime soll ihm für die Unterschlagung von Beweisen das Blaue vom Himmel versprochen haben.«
Sein Vorgesetzter schnitt ihm das Wort ab:
»Kommissar Musil hat über Maxime Kolbe und dich ganz schön hergezogen. Es gibt da eine zehnseitige Aussage!«
Er schwenkte vor Alain einen Stapel zerknitterter Blätter.
»Du solltest sie lesen. Der Richter wird das bestimmt spannend finden. Deine Akte wird immer dicker! Aber gehen wir doch Punkt für Punkt deine dienstlichen Verwendungen durch.«
Abwechselnd führten sie Daten und Abschnitte seiner Laufbahn an, unermüdlich, als würde ihnen jede Frage neue Kraft zuführen und eine weitere nach sich ziehen. Broissard fühlte sich wie benommen, betäubt von seiner Biografie, die teilnahmslos heruntergebetet wurde. Die Migräne breitete sich von seinen Schläfen her aus und setzte sich über seinen Augen fest. Der fensterlose Raum wurde zu einer Erweiterung seines Gehirns, das von den Schatten einer Vergangenheit bevölkert wurde, die er nicht mehr als seine anerkennen wollte. Er massierte sich die Schläfen, um die Migräne und die Nervosität zu besänftigen. Dieser verfluchte Knoten in seinem Rücken hielt ihn vom Nachdenken ab.
»Aus einem Bericht geht hervor, dass dich Beamte in eine Zelle stecken mussten, um dich davon abzuhalten, einen Verdächtigen kaltzumachen. Was sagst du dazu?«
»Ihr habt alles ausgegraben, was ihr finden konntet, oder? Was beweist das schon?«, schrie er, mit seinen Nerven am Ende. »Dieser Mistkerl hat versucht, mich zu erstechen, als er sich in polizeilichem Gewahrsam befand. Ich habe ihm das nur in gleicher Münze
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