Die elfte Geißel
Ihrer Meinung nach die Chancen, dass wir diese Mistkerle schnappen?«
»Ich gehe keine Wetten mehr ein, Frau Kommissarin.«
»Genau das wollte ich hören. Seien Sie in einer Stunde bereit.«
Sie wollte auflegen, als Léo alles auf eine Karte setzte und sich selbst über seine Kühnheit wunderte:
»Madame, dürfte ich Sie um die Erlaubnis bitten, den Einsatz zu leiten?«
»Einverstanden. Aber enttäuschen Sie mich nicht, Apolline. Ich werde den Einsatz vorbereiten, und Sie übernehmen die Leitung vor Ort.«
Sie legte auf. Léo frohlockte, die Euphorie erzeugte ein regelrechtes Feuerwerk in seinem Kopf. Dieser Fall war seine Rettung. Er überprüfte seine Waffe zweimal, nahm die Kugeln aus dem Magazin, bevor er sie nacheinander wieder einsetzte. Das metallische Geräusch verstärkte noch das Konzert, das in seinem Schädel dröhnte. Er zielte ins Leere auf die maskierten Köpfe, die er umlegen würde, und ein lautes, sehr heiteres Lachen entrang sich seiner Kehle.
Seine Alpträume, seine Ängste – alles war ausgelöscht von dem strahlenden Weiß, das seinen Geist erfüllte.
29
Nanterre,
Räumlichkeiten der OCLCTIC
Vier Beamte der OCLCTIC, darunter Zoé Hermon, die hinter dem Staatsanwalt und der Kommissarin saßen, schrieben eifrig in ihre Notizbücher.
Im Besprechungszimmer herrschte Totenstille. Die Jalousien waren heruntergelassen. Léo las im Schein des Projektors noch einmal seine Aufzeichnungen durch. Er markierte die fraglichen Stellen, die er bewusst wegließ, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Staatsanwalt den Einsatz untersagte. Die Identifikation von Julia Verno mit dem Computer-Porträt war nicht haltbar. Die Argumentation war zu inkonsistent und daher nicht beweiskräftig. Jeder x-beliebige Anwalt würde sie zerpflücken.
»Das reicht.«
Léo gehorchte und hielt den Film an. Ein Seufzer der Erleichterung begrüßte die schwarze Leinwand. Dem Staatsanwalt stand der Schweiß in dicken Tropfen auf der Stirn, und er kämpfte gegen den Impuls an, schleunigst zu verduften. Die Kommissarin notierte sich einige Fragen und las die der vier Polizisten diagonal.
»Sie haben die Dringlichkeit dieses Falles nicht übertrieben«, erklärte sie.
Léo trat vor die kleine Versammlung.
»Alle Erkenntnisse bestätigen, dass wir es mit einem organisierten, leistungsfähigen Netzwerk zu tun haben. Das spricht dafür, dass sie diese Art von Filmen nicht zum ersten Mal drehen und vertreiben. Es bedeutet auch, dass sie es höchstwahrscheinlich wieder tun werden.«
Er klimperte auf seinem Rechner und projizierte ein Standbild aus dem Film Neverland auf die Wand. Er klickte, die ineinandergeschlungenen Körper verschwanden. Er klickte ein weiteres Mal, und der Keller des Hauses von Gaspard Fogeti erschien, wie er zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung ausgesehen hatte. Er blendete die beiden Fotos übereinander, die vom selben Standpunkt aus aufgenommen worden waren. Der Staatsanwalt wandte sich zu ihm um:
»Wie lauten Ihre Schlussfolgerungen, Lieutenant?«
»Es handelt sich um denselben Raum.«
»Was wissen wir über das Haus?«
»Es wurde an ein Ehepaar verkauft. Er ist der Chef einer großen Informatikfirma. Keine Vorstrafen, nicht einmal ein Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung. Sie ist Hausfrau. Sie haben zwei Kinder«, antwortete Zoé. »Aber ich habe nicht genug Zeit gehabt, um die bekannten Kontaktpersonen von Gaspard Fogeti und den neuen Eigentümern zu vergleichen.«
»Und könnte die Frau von Fogeti in die Sache verwickelt sein?«
»Judith Fogeti betreibt einen Sexshop in der Nähe der Pariser Markthallen. Ich habe vergeblich versucht, sie dort und unter ihrer Privatadresse zu erreichen. Erstaunlicherweise hat die Kripo heute Morgen ein Anruf von Nachbarn erreicht, die Schreie gehört haben. Die Besatzung des Streifenwagens stand vor verschlossenen Türen.«
»Wenn ich jemanden losschicke, um sie zu suchen, werden wir mindestens drei Stunden verlieren«, fuhr die Kommissarin nachdenklich fort.
»Wenn Sie erlauben, Madame«, mischte sich Zoé ein, »ich glaube nicht, dass uns Judith Fogeti viel weiterhelfen wird.«
»Lieutenant, glauben Sie, dass wir auf diese Vernehmung verzichten können?«
Léo nickte.
»Ich schließe mich der Meinung von Lieutenante Hermon an. Gaspard Fogeti hat als Spitzel für die Sondereinheit gearbeitet, und ich habe in unseren Archiven nichts gefunden, was darauf hindeutet, dass seine Frau über irgendetwas auf dem Laufenden war.«
»Warten Sie, wenn ich
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