Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die elfte Geißel

Die elfte Geißel

Titel: Die elfte Geißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
Vom Netzwerk:
wütend vor und zurück warf und mit den Zähnen klapperte. Carrère warf die verkohlte DVD auf den Boden und zertrat sie unter seiner Sohle.
    Broissard packte einen der Männer am Kragen, einen gerade volljährigen Mischling, und warf ihn zu Boden. Er setzte sich rittlings auf dessen Brust und klemmte ihn mit seinen Oberschenkeln ein, sodass er sich nicht rühren konnte. Er löste das Magazin und zog es aus der Pistole. Dann setzte er die Mündung an der Schläfe des jungen Mannes an.
    »Du hast gesehen, dass noch eine in der Patronenkammer ist. Jetzt stell ich meine Frage noch einmal: Wo? Du hast fünf Sekunden.«
    Der Mulatte verdrehte die weit aufgerissenen Augen. Broissard ließ den Verschluss seiner Automatik knallen.
    »Verloren. Vaya con Dios. «
    Der Mann stammelte schreiend:
    »G... Gang 20! Rechts die Eingänge ... links die Bestellungen.«
    Der Mulatte wich den Blicken seiner Komplizen aus. Finster dreinblickend fauchte er in Richtung von Carrère und Broissard:
    » Muertos  ...«
    »Was sagst du?«
    »Ihr seid tot.«
    »Keine echte Neuigkeit«, antwortete ihm Carrère.
    Gang Nr. 20.
    Broissard schlitzte mit dem Cuttermesser einen Karton auf und nahm DVDs mit dem Titel Asian Angels heraus. Er zählte die Fächer, in der Annahme, sie seien alphabetisch geordnet. Fach 14: N. Er zog Neverland aus einer Schachtel. Er schnitt den Karton auf, leerte ihn, wobei er mehrere Handvoll Polystyrol-Kügelchen herausnahm, tastete den Boden ab und hätte beinahe einen Freudenschrei ausgestoßen, als er fand, wonach er suchte.
    Schwarz gestempelt: der detaillierte Versandschein.
    Schwarz gestempelt: die Adresse des Versenders der DVD.
    Schwarz gestempelt: ein Name, Vidéostore. Eine Stadt, Dijon.

51
Paris,
Metro-Tunnel,
Mordkommission
    »Mademoiselle ... Mademoiselle ...«
    Die Stimme kam von fern. Sie öffnete die Augen zunächst einen Spaltbreit, als sie wieder zu sich kam. Im nächsten Moment riss sie die Augen weit auf, um scharf zu sehen. Die Unschärfe verschwand. Sie schrie auf, als sie einen alten Mann mit pergamentener Haut über sich gebeugt sah, nur wenige Zentimeter von ihrem Mund entfernt.
    »Beruhigen Sie sich ... Ich will Ihnen nichts Böses ... ich wollte Sie nicht erschrecken ...«
    Blandine fand genug Kraft, um zurückzuweichen und nach ihrer Waffe zu suchen. Sie wusste noch immer nicht, wo sie war.
    U-Bahn-Züge ließen den Boden erbeben. Weißliches Licht, das von einer Glühbirne herabrieselte, die an einer Schnur hing. Lose Stromkabel. Aufgeschlitzte Matratzen. Eine völlig verdreckte Decke. Von Graffiti und naiven Zeichnungen überzogene Betonwände. Eine winzige Kammer, ein ungesundes Loch. Eine Elendshütte im Schoß der Lichterstadt Paris.
    Es gelang ihr, aufzustehen und dem alten Mann, der sich am Eingang der Höhle über sie beugte, gegenüberzutreten. Als Blandine sah, dass er genauso schreckliche Angst hatte wie sie selbst, beruhigte sie sich, aber sie brachte noch immer keinen Ton heraus – die Angst schnürte ihr nach wie vor die Kehle zu.
    »Sie ... Sie sind in Sicherheit ...«, stammelte der Obdachlose, die Augen auf die Kartons geheftet, die den Boden bedeckten.
    »Was ist passiert? ...«
    Sie erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder, die sich anhörte, als käme sie aus dem Jenseits.
    »Sie sind ohnmächtig geworden ... ich ... ich habe Sie bis hierher getragen ... ich habe gewusst, dass Sie zurückkommen würden ...«, sagte er, während er ein Geschirrtuch mit einer Wasserflasche nass machte.
    Er hielt Blandine das Tuch hin, damit sie sich die Staub- und Blutkruste an ihrer Stirn wegwischte. Er sprach schleppend, abgehackt, als könnten die Worte dem schnellen Gedankenfluss nicht folgen. Aber das Erstaunlichste war die Tatsache, dass dieser alte Mann sich offenbar ernsthaft darüber freute, sie um sich zu haben.
    »Das kleine Mädchen ... vor vielen Jahren ... Sie sind es doch, nicht wahr?«
    Mit dem Finger zeigte er auf die Wand hinter ihr. Sie verstand nicht sofort, was er ihr zeigte, daher richtete sie die Glühbirne ins Innere der Kammer. Graffiti vermischten sich mit stilisierten Figuren. Hastige Kreidestriche schienen eine fremdartige Szene darzustellen, die sie nicht entschlüsseln konnte.
    »Haben Sie das gemalt?«, fragte sie und wandte sich dem alten Mann zu.
    »Ja ... nachdem Sie hier waren ...«
    Blandine starrte ihn verblüfft an.
    »Aber ich verstehe nicht. Wer sind Sie?«
    »Erinnern Sie sich nicht? Ich bin Perry. Derjenige, der Sie gefunden hat,

Weitere Kostenlose Bücher