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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Isabelle hat es nicht verwunden. So glaubte ich, der Gram habe ihr schließlich das Leben genommen. Sie konnte mir nicht mehr erzählen, was geschehen war. Von meinem Sohn hörte ich kein Wort, sein Diener kam zurück, und das Einzige, was er mir sagen konnte, war, Ivo habe ihn fortgeschickt, als die Schergen ihn holen kamen. Daher nahm ich an, man habe das Urteil vollstreckt. Ich verließ die Stadt, ich verließ das Land. Ich floh vor der Vorstellung, was geschehen war.«
    »Es muss furchtbar für Euch gewesen sein, Herr.«
    »Er war ein ungebärdiger Junge, aber talentiert, großherzig und lebensfroh. Ich setzte große Hoffnungen in ihn, er hätte vieles erreichen können. Er hat oft über die Stränge geschlagen, natürlich. Aber das tat ich auch, als ich jung war. Was ihm in Sankt Gallen geschah, war mir unverständlich. Er hatte sehr freigeistige Ideen und hielt damit auch nicht hinter dem Berg. Aber er war immer klug genug, sie nicht an falsche Ohren kommen zu lassen.«
    »Er ist verraten worden, Herr vom Spiegel«, mischte sich Krudener ein. »Was wirklich geschah - er wird es Euch sicher selbst erzählen. Oder er wird es in der Vergangenheit ruhen lassen.«
    »Ihr sprecht von ihm, als sei er ganz in der Nähe.«
    »Er ist es. Groß Sankt Martin ist das Kloster, dem er derzeit angehört. Allerdings hat ihn sein Abt für einige Wochen fortgeschickt, um auf den Klosterpfründen nach dem Rechten zu sehen.«
    »Wer ist der Abt?«
    »Theodoricus de Cornis!«
    »Angeber! Theo vom Horne hieß er zu meiner Zeit. Und Ivo ist einer seiner Mönche? Verdammt soll er sein. Er kennt ihn doch. Warum hat er ihm nicht geholfen?«
    »Urteilt nicht zu rasch, Herr. Pater Ivo weilt erst kurze Zeit in Köln und …«
    »Nennt ihn nicht Pater Ivo!«, fauchte der alte Mann Almut plötzlich an. Sie zuckte zurück, als habe er sie gebissen. Trine erhob sich und funkelte ihn zornig an, und Krudener schüttelte missbilligend den Kopf.
    »Verzeiht! Es scheint, ich ließ mich durch meine Gefühle hinreißen.«
    »Es ist eine überwältigende Neuigkeit für Euch, Herr. Ich kann es verstehen. Doch ich habe ihn als Priester kennengelernt, und er war mein Beichtiger. Und manchmal...«
    Wieder mischte Krudener sich ein und erklärte mit ruhiger Gelassenheit: »Frau Almut hat mit ihm zusammen einige höchst unangenehme Dinge durchlebt, Herr vom Spiegel. Sie hat herausgefunden, wer seinen jungen Schützling im Haus des Weinhändlers vergiftet hat, und er hat sie aus den Händen marodierender Söldner befreit. Und vor noch nicht einem Vierteljahr hat sie ihn aus den Kerkern des Klosters gerettet, in denen ein Wahnsinniger ihn zu Tode geißeln wollte.«
    Gauwin vom Spiegel hatte seine Haltung wiedergewonnen, und wie bei seinem Sohn bildeten sich kleine amüsierte Fältchen an seinen Augen.
    »Großer Gott, doch kein zahmer Mönch, was? Das alles hört sich schon viel mehr nach Ivo an. Ihr scheint ihm recht nahe gekommen zu sein, Frau Begine. Ziemt sich das denn?«
    Wieder fühlte sich Almut höchst unbehaglich und von ihrer ansonsten so voreiligen Zunge im Stich gelassen.
    Der scharfsichtige Alte musterte sie eindringlich und stellte dann trocken fest: »So ist das also!«
    Sie senkte den Kopf.
    Mit einer herrischen Handbewegung scheuchte er Krudener und Trine aus dem Raum und nahm dann Almuts Hand.
    »Kind! Ich habe Euch in Verlegenheit gebracht. Ivo konnte als junger Mann betörend sein, wenn er wollte.«
    »Es ist nicht, was Ihr denkt.«
    »Es ist ernster als das, ja? Und Ihr beide seid gebunden. Wenn es ernst ist, dann wird er Euch nicht zu nahe getreten sein.«
    »Er ist es nicht.«
    »Was für ein seltsamer Tag das heute ist. So erfahre ich von Euch, dass mein Sohn noch lebt, er ganz in der Nähe weilt und dass er die Achtung einer schönen Frau errungen hat. Dennoch scheint alles unerreichbarer als die Sterne zu sein. Wann erwartet man ihn wieder zurück, Frau Almut?«
    »Um Ostern herum.«
    »Dann wollen wir hoffen, mein widerspenstiges Herz möge bis dahin noch durchhalten.«
    »Das wird es hoffentlich noch viel länger, Herr. Aber daran soll es nicht liegen. Ich will sowieso aus einem anderen Grund bei dem ehrwürdigen Vater vorsprechen, und ich werde ihn bitten, P … Eurem Sohn eine Botschaft zu schicken, damit er zurückkommt. Auch er weiß wohl nichts von Eurer Rückkehr.«
    »Mit Theo werde ich selbstverständlich auch reden. Aber ich lasse Euch den Vortritt. Wann trefft Ihr ihn?«
    »Ich werde ihm noch heute Nachricht geben, dass

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