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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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etwas Besonderes werden, und aus Eurem bewundernden Blick für meine Fenster könnte ich entnehmen, dass Ihr Euch so etwas auch darin vorstellen könntet. Beauftragt einen Glaser nach Euren Wünschen. Ich übernehme die Kosten.«
    »Danke, Herr vom Spiegel.«
    Frau Nelda erschien an der Tür und führte Meister Krudener und Trine herein, die ebenfalls auf das Freundlichste begrüßt wurden. Krudener fragte nach dem Befinden des Hausherrn, und Trine legte ihm unaufgefordert die Hand auf die Brust. Sie nickte erfreut und umarmte dann Almut.
    »Ich habe Frau Almut bereits einigen inquisitorischen Fragen unterzogen, Meister Krudener, und dabei festgestellt, Ihr habt ihre Vortrefflichkeit noch weit untertrieben.«
    Das leise krächzende Lachen des Apothekers klang zustimmend.
    »Ich habe mit meinen Auskünften über Euch sehr gegeizt, Frau Sophia. Aber ich denke, dem Gesundheitszustand wird es nun nicht mehr schaden, wenn er jetzt auch noch erfährt, wie Ihr seine Identität entdeckt habt.«
    »Das, in der Tat, Frau Almut, hat mich sehr nachdenklich gemacht. Denn jener Mann dort sprach mich, als ich nach einem heilsamen Schlaf am nächsten Tag erwachte, mit meinem Namen an. Auf meine Verwunderung hin beschied er mich mit den kryptischen Worten, es habe sich ergeben, dass Ihr mich erkanntet. Ich frage Euch nun, sind wir einander schon einmal begegnet, und ist mein armes, altes Hirn zu schwach geworden, mich einer derartigen Begebenheit zu erinnern?«
    »Tadelt Euer Hirn nicht, edler Herr, es scheint sich in trefflicher Verfassung zu befinden. Nein, es war ein zufälliges Zusammentreffen von Umständen. Unsere Meisterin erwähnte beiläufig, Ihr wäret nach einem langen Aufenthalt in fernen Landen wieder in der Stadt, und als ich Euch schlummern sah, fand ich Ähnlichkeit mit Eurem Sohn in Euren Zügen.«
    Gauwin vom Spiegel erblasste und sank in seinen Sessel zurück. Trine sprang sofort auf und drückte ihre Hände auf sein Herz.
    »Nein, mein Kind, keine Angst.« Vorsichtig schob er das Mädchen beiseite. An Almut gewandt, sagte er kopfschüttelnd: »Das kann nicht sein. Ich habe keinen Sohn.«
    »Herr, verleugnet Ihr ihn?«
    »Niemals. Doch er ist seit vielen Jahren tot.« Fassungslos starrte Almut den alten Mann an.
    »Glaubt Ihr das?«
    »Ich weiß es. Ich ging fort von hier, weil ich den Verlust nicht ertragen konnte.«
    »Herr… Heilige Mutter Gottes, barmherzige Himmelskönigin, behüte uns. Herr, Euer Sohn lebt. Wenn er denn Ivo vom Spiegel heißt.«
    »So hieß er, ja, doch er starb einen schrecklichen Tod.«
    »Gewiss nicht. Er wurde - so zumindest bedeutete er mir - durch die Intervention seiner Mutter doch gerettet.«
    Almut war aufgestanden und kniete neben Gauwin vom Spiegel nieder. Er beugte sich zu ihr und sah ihr kopfschüttelnd ins Gesicht.
    »Seine Mutter starb kurz nach ihm. Allmächtiger, Frau Almut, was erzählt Ihr mir da?«
    »Was ich von ihm selber weiß, Herr. Er wurde der Ketzerei beschuldigt, das ist wahr, und es drohte ihm der Scheiterhaufen. Auch das ist wahr. Aber Freunde seiner Mutter wandelten das Urteil.«
    »Ja, Isabelle wollte versuchen, ihren Onkel, Engelbert von der Mark, um Hilfe zu bitten. Sie reiste nach Sankt Gallen, wo Ivo im Kerker gefangen gehalten wurde. Sie hat nichts erreicht, und auf dem Weg nach Hause starb sie, geschwächt durch Anstrengung und Trauer, an einem Lungenleiden.«
    »Sie hat sehr wohl etwas erreicht, Herr.«
    »Aber warum hat mein Sohn sich dann nie wieder bei mir gemeldet?«
    »Weil er die Alternative angenommen hat, die man ihm bot. Herr Gauwin, Euer Sohn trat dem Orden der Benediktiner bei. Ich habe ihn als Pater Ivo kennengelernt.«
    Meister Krudener hatte bereits einige Tropfen aus einer Glasphiole in das Weinglas des alten Mannes gefüllt und reichte es ihm. Er trank es in einem Zug aus.
    »Mein Sohn - ein Mönch?«, murmelte er dann heiser. »Die Hölle hat ihm ihre Pforten geöffnet.«
    »Er hat überlebt.«
    Mit beiden Händen rieb Gauwin vom Spiegel sich das Gesicht. Mehr zu sich selbst sprach er dann: »Ich konnte damals nicht mit Isabelle reisen. Ich konnte nicht. Ich war zu feige. Zu feige, meinen Sohn gefoltert und brennen zu sehen. Frau Almut, es scheint, Frauen ertragen mehr Schmerz als ein Mann. Sie war mutig genug, ihm beizustehen. Er war ihr Kind.«
    Almut sah in das gramzerfurchte Gesicht und fühlte seine Pein.
    »›Stabat Mater dolorosa juxta crucem lacrimosa...‹«, flüsterte sie leise.
    »Ja, auch Maria stand am Kreuz. Aber

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