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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Ärmel.
    »Ja, Trine. Ist dir noch etwas aufgefallen?«
    »Nein, nicht aufgefallen. Bertram, er ist manchmal von Sinnen. Ich habe es nie erlebt, aber ich fühle, es gibt etwas, das ihn peinigt. Es macht ihn verwirrt, aber er kann es nicht ausdrücken. Darum hat er diese Anfälle.«
    Almut übersetzte das für Pater Ivo und den Apotheker und sah dann nachdenklich ins Feuer. Offenbar musste sie so versunken gewirkt haben, dass keiner der drei sich rührte, bis sie schließlich flüsterte: »Er erkennt, aber er weiß nicht.«
    »Verdammt!«
    »Für einen Pater ist das ein hässliches Wort. Aber passend. Verzeiht, Frau Almut«, sagte Krudener.
    Sie schüttelte den Kopf und meinte dann: »Ich hätte selbst darauf kommen müssen. Ihr habt mir ja empfohlen, darauf zu achten, was diese Anfälle auslösen könnte.«
    »Und, was ist es?«
    »Ich weiß es nicht, aber wir können gemeinsam überlegen.«
    »Nur zu, Begine. Als ich Euch auf dem Alten Markt neben ihm knien sah, war es das erste Mal, nicht wahr?«
    »Dass ich dabei war, ja, nicht jedoch sein erster Anfall. Den hatte er, als er Maike an der Stadtmauer fand, von einem verirrten Pfeil der Söldner getroffen und mit gebrochenem Hals.«
    »Dazu können wir wenig sagen. Beginnt mit dem Vorfall auf dem Markt. Wer war dabei?«
    »Mich begleiteten Sanna, Florens und Claas Schreinemaker. Ich hörte den Schrei und sah, wie die Gaffer sich um ihn versammelten. Mehr war da nicht.«
    »Gut, das nächste Mal?«
    »Im Unterricht mit den Mädchen. Sie zankten herum, zogen Lissa auf und verd... Entschuldigt. Sie sprachen von Marie Seidweberin und der Sibill. Aber er bekam nur einen ganz leichten Anfall. Nur so ein kurzer Krampf.«
    »Interessant. Weiter, Begine. Ihr macht das hervorragend.«
    »Bei dem dritten Mal wart Ihr selbst dabei, Pater. Franziskas Hochzeit. Er saß neben seinem Oheim, und als ich zu ihm ging, lieferten sich gerade Lissa und Fidgin ein Geplänkel mit Pitter. Und - ei wei - Susi erwähnte Pitters Freundin, die Gänse-Ursel, die am Teich ausgerutscht war und sich das Genick gebrochen hatte.«
    »Ich glaube, Ihr seid dem Muster auf der Spur, Frau Almut.«
    »Ja, denn das vierte Mal geschah es am Montag letzter Woche. Da hatte Claas den Schrein gebracht, Bertram die Madonna, Florens war wegen der Fenster da und Pater Leonhard zum Spitzeln. Und Schwester Ermentrude tauchte auf und fragte nach Pia.«
    »Maike, Marie, Sibill, Gänse-Ursel, Pia...«
    »Und Sanna, am Alten Markt.«
    »Ahnte er den Tod der Mädchen voraus?« Krudener sah Almut und Pater Ivo zweifelnd an. »Sollte auch er seherische Gaben haben?«
    »Die, wenn sie ihn überkommen, die Fallsucht auslösen? Es soll solche Fälle gegeben haben.«
    »Aber, Pater, Marie, Sibill, Ursel und Pia waren zu dem Zeitpunkt schon tot, zum Teil schon seit Monaten.«
    »Richtig - und Ihr habt wieder einmal Recht behalten - er erkennt, aber er weiß nicht. Er muss entweder mitbekommen haben, wie die Mädchen umgebracht wurden, oder er ahnt, wer es getan hat. Vielleicht sogar, warum. Aber er kann es aus irgendeinem Grund nicht mit seinem Verstand erfassen. Immer wenn er das tut, verfällt er in Gehirnkrämpfe.«
    »Weil derjenige, von dem er glaubt oder weiß, er sei der Mörder, ihm zu nahe steht.«
    »Ja, Frau Almut, so ist es.«
    »Der Schreinemaker!«, stellte Pater Ivo in den Raum.
    »Pater?«
    »Dreimal war er dabei. Bei den drei heftigen Anfällen. Schaut nach, wo Bertram jetzt ist. Er darf das nicht hören, sonst tritt wahrscheinlich wieder ein Anfall ein.«
    Krudener erhob sich und kam kurz darauf mit der Meldung zurück, der Junge läge tief schlafend auf einer der Ruhebänke, Pitter auf der anderen.
    »Sprechen wir dennoch leise«, schlug er vor. »Also, der Schreinschnitzer …«
    »Sein Oheim.«
    Almut nickte, und Krudener fasste zusammen: »Ja, es passt zu dem vorherigen Bild, nicht wahr? Ein gut aussehender junger Mann von einnehmendem Wesen, der sowohl eine Patriziertochter als auch eine Gänsemagd zu betören weiß.«
    »Sicher, Meister Krudener. Aber ehrlich gesagt...«
    »Ihr nehmt gut aussehende Männer erstaunlich häufig in Schutz, Begine!«
    »Doch nicht, weil er ein schöner Mann ist, Pater!«, empörte sich Almut.
    »Sondern weil er sich Euch gegenüber gefällig erwiesen hat?«
    »Weil er sich um seine Schwester und seinen Neffen rührend kümmert.«
    »Ihr habt selbst vermutet, es müsse ein Verrückter sein, dem man seinen Wahn nicht ansieht.«
    Betroffen schaute Almut auf ihre Finger.
    »Ja,

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