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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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mir die ganze Zeit durch den Kopf gegangen.«
    Almut, die Zurückhaltung bei diesem Thema geschworen hatte, kämpfte mit sich. Einerseits hatte sie Pitter bereits vor der Fastenzeit ins Vertrauen gezogen, und andererseits würde ihr Wissen auch ihn in Gefahr bringen. Trotzdem musste sie antworten. Sie tat es mit Bedacht.
    »Du meinst, weil er im Kerker war, als die Novizin von der Mauer fiel?«
    »Fiel sie? Oder wurde sie gestoßen?«
    »Die Nonnen und ihre Eltern gehen von Leichtsinnigkeit aus.«
    »Ja, aber Ihr nicht, Frau Begine. Mir könnt Ihr nichts vormachen!«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    »Glaubt Ihr, es war der Bertram? Ich meine, weil er Euch gewürgt hat? Wollt Ihr deswegen, dass er im Kloster bleibt?«
    »Nein, ich glaube, Bertram war es nicht.«
    »Ihr habt früher mehr geredet. Aber ich will Euch nicht plagen.«
    »Entschuldige, Pitter. Ich habe ein paar Sorgen.«
    »Braucht Ihr eine Engelmacherin? Ich kenn’ eine gute.«
    Diese dreiste Frage weckte Almuts Lebensgeister wieder, und des Päckelchesträgers Ohr war nahe daran, in die Länge gezogen zu werden.
    »Schon gut, Pitter. Ich sorge mich um die Mädchen. Es ist so schwer, sie an Dummheiten zu hindern. Da fällt mir ein - die Gänse-Ursel, deine Freundin. War sie eigentlich in dich verliebt?«
    »Die Gänse-Ursel? Nö. Susi ist ene Bäbbelschnüss! Die Gänse-Ursel war anderthalb Jahre älter als ich un en richtijes Schlüffje. Hab’ mich mit ihr ein paar Mal getroffen. Und gebützt hab’ ich sie auch. War aber nit esu lecker wie’n Bejingebützchen.«
    Wenn Pitter in die Abgründe der Gassensprache geriet, dann war er verlegen, stellte Almut fest, denn seine Wangen waren gerötet. Die Gänse-Ursel war also ein keckes Ding, das bereitwillig seine Gunst verteilte. Nun, dann war sie sicher auch bereitwillig dem Schreinemaker in die Arme gefallen. Armes Mädchen, dachte Almut und vertiefte die Angelegenheit nicht weiter. Auch Pitter schien nicht begehrlich, darüber zu sprechen, und so legten sie die letzten Schritte schweigend zurück.
     
    »Meine keusche Schwester!«, rief Aziza ein wenig erstaunt aus. »Kommst du, um mich auf den rechten Weg zu bringen? Oder brauchst du mich, um sündigen Rat zu suchen?«
    »Weder das eine noch das andere. Ich komme, um aus deiner Eitelkeit Gewinn zu schlagen.«
    Aziza, in einem rosenroten Seidenkleid, die schwarzen Haare zu einem glänzenden Zopf geflochten, kam auf sie zu und musterte sie, während sie ihre Hände hielt, eingehend.
    »Du hast wieder mit rauen Steinen gespielt und dir die Hand verletzt«, bemerkte sie missbilligend und fragte dann leiser: »Soll ich Esteban wegschicken?«
    Jetzt erst bemerkte Almut den Reliquienhändler, der auf der Bank am Kamin saß, und schüttelte den Kopf.
    »Dann setz dich zu uns, Schwester. Wir haben das Fasten gebrochen und süßen Kuchen gegessen.«
    Almut lehnte den Kuchen tapfer ab und grüßte Esteban freundlich.
    »Ich habe Eurer Schwester eben erzählt, dass ich nach Ostern wieder nach Spanien aufbreche«, erklärte der Reliquienhändler. »Fabio wird mitkommen, aber ich habe vor, im September wieder hier zu sein.«
    »Ich hätte nichts dagegen, wenn er bei mir bleibt, Esteban«, meinte Aziza.
    »Danke. Aber es wird meine letzte Reise sein. Danach möchte ich mich hier ganz niederlassen.«
    »Eure Geschäfte gehen also gut?«, wollte Almut wissen, und der Händler nickte.
    »Außerdem werden mir die Reisen zu anstrengend. Dennoch soll der Junge noch einmal zu seiner Familie zurückkehren. Seit ich ihn hergebracht habe, ist fast ein Jahr vergangen.«
    »Er hat viel durchgemacht in dieser Zeit.«
    »Ja, Aziza«, bestätigte Esteban mit gedämpfter Stimme. »Die Reise wird ihn auf andere Gedanken bringen, hoffe ich.«
    »Das wird sie bestimmt.«
    An Almut gewandt, fragte er aber dann: »Ich hörte, Ihr habt Eure Aussage im Turm gemacht.«
    »Ja, aber es hat nicht viel gebracht.«
    »Der Turmmeister ist ein Tropf.«
    »Wohl wahr.«
    Auch jetzt gedachte Almut noch ihres Versprechens, sich aus der Angelegenheit herauszuhalten, und unterdrückte weitere Bemerkungen standhaft. Aber Esteban war hartnäckig und wollte mehr dazu wissen.
    »Habt Ihr gehört, was man in dem Fall der Novizin weiter unternommen hat? Ihr habt doch Beziehungen zu den Benediktinerinnen.«
    »Sie sind derzeit recht angespannt. Der Tod der Kleinen hat sie sehr betroffen gemacht.«
    »Und Eure Vermutung?«
    »Ist eine Vermutung. Ich kann nichts tun, Esteban.
    Ich bin nur eine Begine, und meine

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