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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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im Handeln!«
    »Mein Vorteil! Was willst du dafür haben?«
    Der Reliquienhändler hatte sich beruhigt und hörte mit wachsendem Staunen zu, wie die beiden Schwestern überaus zäh und nach allen Regeln dieser hehren Kunst um den Wert der Borten feilschten.
    »Heiliger Ägidius, was seid Ihr für ein paar ausgefuchste Hökerinnen!«, entfuhr es ihm, als sie sich endlich geeinigt hatten.
    »Wer ist der heilige Ägidius?«
    »Der Patron der Pferdehändler.«
    »Pferdehändler?«
    Beide Frauen wandten sich empört Esteban zu.
    Er hob entschuldigend die Handflächen nach oben und meinte: »Nur die habe ich bisher unerbittlicher verhandeln erlebt.«
    »Na, ich fürchte, von Euch könnten wir auch noch etwas lernen!«
    »Unmöglich, Frau Almut. Sagt, lernt man das bei den grauen Frauen?«
    »Nein, das lernt man, wenn man die Bestellungen und Abrechnungen für einen Baumeister macht.«
    »Oder sein Geld gewinnbringend verleiht.«
    »Die Kölner Frauen sind ein bemerkenswertes Völkchen«, stellte Esteban bewundernd fest.
    Almut und Aziza grinsten sich an.
    »Ach, wo wir gerade vom Handeln sprechen, Esteban«, konnte Almut sich denn nun doch nicht zurückhalten. »Wenn ich beispielsweise ein elfenbeinernes Medaillon mit einem heiligen Knöchelchen haben möchte, dann bekomme ich das doch sicher bei Euch.«
    »Selbstverständlich, Frau Begine. Welcher Heilige darf es denn sein?«
    »Nun, die Ursula selbstverständlich, unsere Stadtpatronin.«
    Mit geübter Mimik zog Esteban die Stirn in Falten und kündete so von überwältigenden Schwierigkeiten.
    »Nein, nein, fangt gar nicht erst damit an. Ihr habt sie, und wenn nicht, verfügt Ihr rasch darüber.«
    Die Falten glätteten sich, und er zwinkerte ihr vertraulich zu.
    »Aber ein Medaillon ist schwer zu bekommen«, wandte er ein.
    »Ach ja? Ich dachte an ein einfaches, nur mit ein wenig Silberverzierung.«
    »Nun, ich müsste in meinen Beständen nachsehen. Noch kurz vor Weihnachten habe ich ein solches verkauft, Frau Almut.«
    »Ich weiß - an den Herrn Schiderich. Schaut nach und legt es, so Ihr noch eines habt, für mich zurück.«
    Überrascht schüttelte Esteban den Kopf und setzte an: »Nein, ich verkaufte es... Oh, an denselben Mann, der auch ein Andachtsbild mit der heiligen Ursula erstand. Ich lege Euch auf jeden Fall eines zurück, Frau Almut. Aber jetzt ist es an der Zeit, meinen Besuch zu beenden.« Esteban erhob sich und beugte sich zu Aziza. »Verzeih, ich wollte dich nicht beleidigen!«
    »Schon gut, Esteban.«
    Als er gegangen war, setzte sich Aziza wieder zu Almut und sah sie fragend an.
    »Mir scheint, etwas hat ihn zu einem ziemlich überstürzten Aufbruch veranlasst. Was sollte das mit dem Medaillon?«
    »Ihm die Augen öffnen. Aziza, ich darf nicht darüber sprechen, also frag mich nicht weiter aus.«
    »Du bist in Gefahr. Du ahnst, wer der Mörder dieser Jungfrauen ist. Aber antworte mir nicht. Ich denke, dein Pater steckt auch mit darin. Ist er hier?«
    »Er ist wieder auf dem Gut.«
    »Dann ist es richtig, dass du dich zurückhältst.«
    »Aber wenn du wüsstest, wie schwer mir das fällt!«, stöhnte Almut.
    »Wann kommt er wieder?«
    »Vor Ostern, hat er gesagt. Noch zwei Wochen.«
    »Und dann?«
    »Ich weiß es nicht. Das ist ja das Schrecklichste daran.«
    »Was belastet dein Gemüt mehr - nichts gegen den Unhold tun zu können oder nicht zu wissen, wie er zu dir steht?«
    »Beides. Er hat nichts dazu gesagt, wie weit die Bitte um Dispens gediehen ist. Ich hasse diese Ungewissheit.«
    »Wahrscheinlich ist es auch in derart delikaten Dingen besser zu schweigen. Missgünstige können auch solche Angelegenheiten behindern oder hintertreiben.«
    »Zeit zu reden, Zeit zu schweigen. So sagte er. Was ist an dem Gerücht dran, es gäbe in deinem Leben einen neuen Mann?«
    »Ein bisschen was. Auch darüber weißt du besser nicht zu viel.«
    »Zumindest hat es dich über den Verlust des Brabanters hinweggetröstet.«
    »O ja. Und man könnte sogar behaupten, es ist eine Verbesserung der Situation.«
    Almut zog eine Augenbraue hoch.
    »Oh, er ist jünger und sehr viel hübscher.«
    »Und begütert.«
    »Nicht ganz mittellos.«
    »Verliebt?«
    »Ich? Nie. Er? Vielleicht.«
    Als Almut später, von Azizas Magd begleitet, zum Beginenhof zurückkehrte, musste sie Magda im Stillen Recht geben. Der Aufenthalt bei ihrer Schwester hatte ihr gutgetan. Ein wenig ihrer Gelassenheit hatte sie zurückgewonnen, und ihr Zeh hatte auch aufgehört zu pochen. Doch hätte sie

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