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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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dadurch etwas aufgebessert, Ursula sang bei ihrer Webarbeit, und die drei Seidweberinnen stimmten - wenn auch nicht immer ganz so musikalisch - mit ein. Elsa begutachtete das Kräuterbeet und zupfte hier und da ein Unkraut aus, Bela, zufrieden, dass Pater Leonhard wahrhaftig seiner Pfarre verlustig gegangen war, schaufelte mit Elan Mist aus dem Schweinestall, Mettel fegte mit gleicher Energie die Gasse vor dem Tor, und aus Claras Unterrichtsraum klang ein gelegentliches Gekicher. Teufelchen, behäbiger geworden, hatte als ihren neuesten Lieblingsplatz Magdas Stube gewählt und betrachtete die Welt oben vom Fenstersims aus. Die Meisterin selbst zählte zufrieden die letzten Einnahmen zusammen, und sogar die beiden mäkeligen Ziegen bestaunten ihren Nachwuchs, der in wilden Bocksprüngen über den Hof tollte.
    Trotz all der heiteren Frühlingslaune fühlte Almut sich seltsam unruhig. Zum einen war da diese neue Hoffnung, dieses unausgesprochene Versprechen, das in Pater Ivos Verhalten gelegen hatte, zum anderen gab der kleine Dämon Neugier keine Ruhe. Sie unterdrückte aber sowohl die unkeuschen Gedanken als auch das Dämönchen mit Gewalt, was dazu führte, dass sie sich mehrfach die Finger beim Steinebehauen aufschrammte, sich einen bösen Holzsplitter einriss, einmal fast vom Gerüst gefallen wäre und ihr tatsächlich ein Hammer auf den großen Zeh fiel.
    Als sie aus Elsas Häuschen kam, humpelnd und mit einem Verband um die linke Hand, hielt Magda sie auf dem Weg zum Mörteleimer auf.
    »Wolltest du nicht die Borten zu deiner Schwester bringen, Almut? Oder deiner Mutter wieder einmal einen Besuch abstatten? Oder mit der Adler-Wirtin einen Schwatz halten? Oder sogar den Herrn Gauwin vom Spiegel aufsuchen?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Aber ich. Du arbeitest seit Tagen ohne Unterbrechung. Was hetzt dich?«
    »Nichts, Meisterin.«
    »Doch, dich hetzt etwas. Ich kann mir auch denken, was es ist. Du versuchst, gehorsam zu sein, nicht wahr? Ich weiß nicht, was Pater Ivo von dir verlangt hat. Aber es scheint dir schwerzufallen, es zu tun.«
    »Es ist alles in Ordnung mit mir, Meisterin.«
    Statt einer Antwort betrachtete Magda die verbundene Hand.
    »Wirklich, es ist nichts«, beharrte Almut.
    »Du willst nicht darüber sprechen. Das kann ich ja verstehen. Aber so kannst du weder Wände hochziehen noch Borten weben oder Laken säumen. Besuch Aziza und bring ihr die Bänder. Pitter wird dich begleiten.«
    »Wenn du es wünschst.«
    »Almut, du gehst mir auf die Nerven!«
    »Heiliger Sankt Martin, wenn ich neugierige Fragen stelle, dann ist es nicht recht, wenn ich disputiere, ist es nicht recht, wenn ich mich ruhig mit meinem Bau befasse, ist das nicht recht, und wenn mich in aller Schicklichkeit benehme, ist das auch nicht recht.«
    Magda stieß ein trockenes Lachen aus.
    »Schon besser, Almut. Du kannst dein heißes Temperament nicht unter den Scheffel stellen. Es lässt die schwarze Galle in dir überhandnehmen. Geh zu Aziza und halte einen Schwatz mit ihr. Das wird dich genauso ablenken wie die Arbeit.«
    Almut presste die Lippen zusammen und wollte trotzig antworten, jeder, aber auch jeder mache ihr neuerdings Vorschriften, aber dann fiel ihr ein, dass sie mit ihrer Schwester zumindest ungehindert über die Angelegenheiten ihres Herzens sprechen konnte. Also stimmte sie zu, und als Pitter gesättigt aus der Küche kam, war sie bereit, mit ihm Richtung Burgmauer zu wandern. Ein wenig langsamer als sonst, denn der geprellte Zeh schmerzte sie beim Gehen.
    Pitter hingegen erfrischte sie mit einigen recht derben Begebenheiten aus seiner Tätigkeit als Päckelchesträger, erkundigte sich aber bald nach Bertram. Die Auskunft, er lebe bis auf Weiteres im Kloster, schien ihn nicht ganz glücklich zu stimmen.
    »Es ist sein eigener Wunsch, Pitter. Dort ist er unter Aufsicht, wenn er einen seiner Anfälle hat.«
    »Ja, aber Mönch werden …«
    »Lass ihn nur. Und bis er sein Gelübde ablegen darf, kann er es sich ja noch überlegen.«
    »Und was ist mit Euch, Frau Almut?«
    »Was soll mit mir sein?«
    »Na, ich dachte, Ihr könntet mit Eurem Pater...«
    »Pitter!«
    »Machen doch viele. Wo doch jetzt sein Vater wieder da ist.«
    »Das hat damit nichts zu tun.«
    »Uch, seid Ihr eingeschnappt! Grad so wie die Lissa, wenn man von Alfi spricht.«
    »Ist sie das?«
    »Ja, sie will nicht, dass man sie danach fragt. Übrigens - Frau Almut! Der Alfi kann’s nicht gewesen sein. Ich meine, das, was Ihr mich neulich gefragt habt, ist

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