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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sagen.«
    Almut spähte aus der Tür und stellte fest, dass der Regen aufgehört hatte. Als sie nach draußen trat, schien sogar wieder die Sonne, und ein herrlicher Regenbogen spannte sich über den Rhein. Lächelnd sah sie zu ihm auf und verspürte einen kleinen Freudenstich. Am Nachmittag wollte sie Gauwin vom Spiegel besuchen. Er hatte auf ihre Nachricht mit sehr freundlichen Worten geantwortet. Sie überlegte sogar, ob sie nicht doch das Angebot ihrer Stiefmutter annehmen sollte, das schöne meerblaue Kleid zu diesem Anlass anzulegen.
    Doch es sollte nicht zu dem Besuch kommen.
    Kurz nach der Terz betrat Corinne den Hof und bat: »Frau Almut, könnt Ihr eines der Mädchen entbehren, damit sie mir hilft, die Pasteten zum ›Adler‹ zu bringen?«
    »Zu Frau Franziska? Sie backt doch gewöhnlich selbst.«
    »Sie hat sich gestern die Hand böse verbrüht, und der Schmied hat Frau Lena gebeten auszuhelfen.«
    »Ah, ich denke, ich komme selbst mit. Wenn Ihr einen kleinen Augenblick warten wollt, ich will den Kittel ablegen. Geht derweil zu Elsa und lasst Euch eine Heilsalbe für die Wirtin mitgeben.«
    »Ja, gerne!«
    Almut war die Reliquie des heiligen Simon in ihrer Truhe eingefallen, die sie der kleinen Köchin mit ein paar sehr passenden Worten übergeben wollte.
    Mit jeweils zwei schweren Körben voller duftender Pasteten machten sich Corinne und Almut kurz darauf auf den Weg zum »Adler«.
    Hier herrschte Geschäftigkeit und reges Kommen und Gehen. Zwei mit Ballen beladene Lastkarren warteten vor dem Eingang, der Schmied hämmerte weithin hörbar in seiner Werkstatt, ein Knecht rollte Fässer zum Hof hinein, ein träges Ochsengespann rumpelte herbei, und der Fuhrknecht fluchte vernehmlich über die Besitzer der Fuhrwerke. Im Schankraum saßen fünf blonde Hünen, die sich mit gewaltigem Appetit über Franziskas berühmten Eintopf hermachten, dazu das schäumende Hopfenbier tranken, das sie so trefflich zu brauen wusste, und sich dabei in ihrer heimischen Sprache unterhielten. Als die Begine und die Bäckerin eintraten, verstummten sie und betrachteten die Frauen neugierig.
    »Gehen wir gleich zur Küche durch, Frau Corinne!«
    Almut schubste ihre Begleiterin in die entsprechende Richtung und fand die Köchin, den rechten Arm von einem Leinentuch umwickelt, dabei, mühsam mit der linken Hand in der Brauwürze zu rühren.
    »Ah, Almut, wie mich das freut!«, rief sie aus und legte den Rührlöffel ab.
    »Wie ist das denn passiert?«
    Franziskas Augen blitzten auf.
    »Ach, daran ist nur dieser unmögliche Mann schuld! Manchmal weiß ich einfach nicht, warum ich dieser Strafe Gottes meine Hand gab. Ihr habt doch sicherlich die Kerle im Schankraum gesehen? Landsleute von Simon. Sie werden noch einige Tage in Köln bleiben und suchen ihre abendlichen Kurzweil hier bei uns. Sie zechen ordentlich, dagegen ist ja nichts einzuwenden, aber sie wollen spielen. Dazu müsste man aber erst mal Würfel haben. Die zu schnitzen ist nicht allzu schwer. Ich habe mir einen ausgekochten Suppenknochen zurückgelassen und ihn über Nacht gut mit Aschenlauge eingerieben. Wenn Fett dranbleibt, dann riechen die Würfel nämlich später ranzig. Und ahnt Ihr, was geschah? Just am gestrigen Morgen plagte Simon das schlechte Gewissen, weil er mit seinen neuen Freunden bis zum Morgengrauen gesoffen hatte und eine Unordnung hinterließ, wie Wildschweine sie nicht besser anrichten können. So ein Durcheinander!«
    Die kleine Köchin rollte mangels Bewegungsfreiheit des verletzten Armes die Augen.
    »Er wollte mir, kaum dass er den Kopf wieder vom Lager hochbekam, zur Hand gehen. Ich kam gerade zur Tür herein, als der Unglückselige das Aschengebein in meiner guten Suppe versenkte. Heilige Sankt Martha, ich dachte, mich trifft der Schlag! Aber retten konnte ich nichts mehr. Nur verbrüht hab’ ich mir den Arm noch obendrein.«
    »Aber genau genommen hat Euer Gemahl es gut mit Euch gemeint,« beschwichtigte Almut das gepfefferte Gemüt und zwinkerte Simon zu, der unbemerkt von Franziska an der Türzarge lehnte und seine entrüstete Frau mit gutmütigem Blick beobachtete.
    »Ich meine es auch gut mit ihm. Aber geh’ ich deshalb an seinen Amboss? Nein! Oder gar an den Blasebalg? Mitnichten! Oder an seinen erhabenen Hammer? Beileibe nicht!!«
    »Nun, diese genaue Aufzählung wird Frau Almut wohl kaum interessieren«, meinte Simon gutmütig.
    Almut lachte.
    »Ihr tragt ein schweres Kreuz an diesem zierlichen Weibchen, was, Simon? Hier, ich will

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