Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
graue Katze saß vor einem Haufen grünen Gefieders und miaute kläglich.
    »Sie trauert um ihren Feind!«, stellte Almut betroffen fest und beugte sich zu dem Tierchen, um es auf den Arm zu nehmen. Die Katze aber zappelte und sprang auf den Kaminsims.
    »In den Keller. Georg, wo geht es lang?«
    »Dort.«
    »Habt Ihr Zutritt zu den alten Gängen, Meister Krudener?«, wollte Esteban wissen.
    »Ja.«
    »Gut, da kenne ich mich aus. Ich komme mit.«
    »Ihr kennt Euch aus?«
    »Meister, ich handele mit Reliquien.«
    »Oh, na dann.«
    Sie durchquerten die Vorratshallen, und Krudener reichte ihnen eine Fackel.
    »Ihr bleibt mit der Begine hier oben!«, befahl der Benediktiner, und Krudener nickte.
    Die beiden verschwanden, und Almut schnappte sich ebenfalls eine Fackel.
    »Verzeiht - Ihr bleibt hier. Vielleicht wird es... Wunden zu versorgen geben.«
    Sie wartete keine weitere Bemerkung ab und lief hinter den beiden Männern her.
     
    Trine war verblüfft, als sie den Schreinemaker vor den alten steinernen Särgen knien sah. Mit großer Sorgfalt war er dabei, die altersbraunen Knochen in feine Seidentücher zu wickeln und sie geradezu andachtsvoll in den Sack zu legen. Sie wollte sich vorsichtig wieder entfernen, aber dann rollte unter ihrem Fuß ein Steinchen davon, und Claas drehte sich zu ihr herum. In seinen Augen brannte eine seltsame Flamme.
    »Die stumme Jungfer!«, sagte er und ging auf Trine zu. »Wie erfreulich, Euch hier zu treffen!«
    Trine, die zum Ausgang entfliehen wollte, musste um einen der Sarkophage herumlaufen, und dabei bekam er ihren Zopf zu fassen. Es tat weh, also gab sie nach, in der Hoffnung, sich besser befreien zu können, wenn sie vor ihm stand. Aber er umfing sie mit beiden Armen und zog sie fest an sich.
    »Was für eine hübsche Gelegenheit!«, flüsterte er ihr zu und versuchte, sie auf den Mund zu küssen. Trine wehrte sich, stemmte ihre Handflächen gegen seine Schultern und drehte das Gesicht weg.
    »Ei, ei, eine widerspenstige Jungfer. Es scheint mein Glückstag zu sein!«
    Sie wand sich und zappelte und bekam eine Hand frei. Damit versuchte sie ihm ein Zeichen zu machen.
    »Was machst du da für Gesten?«
    Wider Willen war der Schreinemaker gefesselt. Das Mädchen zeigte auf seinen Mund und machte Sprechbewegungen. Gleichzeitig deutete sie auf ihre Hände.
    »Du willst mir doch nicht erzählen, dass du mit den Händen sprichst? Aber so muss es wohl sein. Ich verstehe dich ja.«
    Sie deutete auf die Gebeine und dann auf den Sarg. Er ließ sie los, hielt aber weiter ihren langen Zopf um seine Hand gewickelt. Trine allerdings hatte inzwischen eine Idee. Sie langte in die verdeckte Höhlung zwischen den Grabplatten und zog den Lederbeutel hervor, den Meister Krudener hier versteckt hielt. Neugierig geworden warf Claas einen Blick hinein, als sie ihn öffnete und ihm hinhielt.
    Dutzende von Juwelen funkelten ihn an.
    In diesem Augenblick hatte sich Trine losgerissen und war mitsamt dem Beutel in das Dunkel des anschließenden Ganges verschwunden.
    »So ein Dreck!«, schimpfte der Schreinemaker los und nahm die Lampe vom Sarkophag. Das Mädchen konnte er nicht laufen lassen. Weiß der Himmel, was die den Leuten erzählte. Verständlich machen konnte sie sich offenbar. Aber weit würde sie sicher nicht kommen. Es war stockfinster hier unten.
    Darum machte sich Claas Schreinemaker auf, um in den alten Kanälen, durch die vor langer Zeit die Abwässer einer älteren Stadt geflossen waren, die widerspenstige Jungfrau zu suchen.
     
    »Gebeine! In der Tat, er war hinter den Gebeinen her!«, stellte Esteban fest, als er und der Pater den Grabraum erreicht hatten. »Aber wo ist er jetzt? Er muss uns gehört haben. Verflucht, wenn er sich hier unten auskennt, dann haben wir ihn verloren.«
    »Und Trine mit ihm!«
    »Begine!«
    »Hört auf zu schimpfen, Pater. Wenn Ihr Trine findet, werdet Ihr mich brauchen! Oder sie mich!«
    Esteban strich über einen glatten Oberschenkelknochen.
    »Gut erhalten«, stellte er fest. »Und vier ganze Skelette. Ein kleines Vermögen.«
    »Ich glaube nicht, dass es ihm um den materiellen Wert geht!«, bemerkte Almut und sah sich weiter um. »Trine muss hier gewesen sein. Er hat seine Arbeit unterbrochen.«
    Sie deutete auf die eingewickelten Knochen und den halb vollen Sack.
    »Wenn er uns gehört hat, dann ist er noch nicht lange fort.«
    »Er hat sie als Geisel mitgenommen. Oder kennt sie sich in den Gängen aus?«, fragte Esteban.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wir

Weitere Kostenlose Bücher