Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
einander noch nie begegnet. Sie starrte ihn fassungslos an.
    »Ihr scheint mit einer wundersamen Sprachlosigkeit geschlagen zu sein, Begine? Ah, ich erinnere mich, mein Gewand hat gelegentlich eine solch erschütternde Wirkung auf Euch.«
    »Herr...«
    »Nein, nein, noch immer Pater. Nur, wie ich Euch schon sagte, auf Reisen für meinen Orden. Kommt, gehen wir diesen Ochsenkarren ein wenig aus dem Weg.«
    Wortlos folgte Almut ihm zu einem grasbewachsenen Platz zwischen zwei Häusern, auf dem einige Hühner pickten.
    »Ich breche noch heute Richtung Bonn auf. Dort hat der Orden eine Pfründe, die Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung aufweist. Unser Abt befand, es sei mir zuzutrauen, sie auszuräumen«, erklärte er bereitwillig, ohne dass sie gefragt hatte.
    »Das werdet Ihr gewiss können«, murmelte Almut eingeschüchtert.
    »Vermutlich. Es sind Güter, die einst mir gehört haben«, stellte er trocken fest.
    »Heilige Mutter Gottes!«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Als ich in den Orden eintrat, musste ich meine weltliche Habe dem Kloster vermachen.«
    »Macht es... wird es Euch nicht schmerzen, sie jetzt zu besuchen?«
    »›Trauern ist besser als lachen, denn durch Trauer wird das Herz gebessert‹, rät der Prediger. Ihr wisst doch, mein Herz muss gebessert werden. Und natürlich auch meine hornhäutige Seele.«
    Almut hob den Blick endlich zu ihm hoch und sah die kleinen Fältchen in seinen Augenwinkeln. Die waren ihr nun doch wieder vertraut, und sie schüttelte lächelnd den Kopf. Aber ihre Zunge war noch immer nicht so flink wie sonst, und ein passendes Zitat wollte ihr nicht über die Lippen kommen. Dafür meinte sie bedrückt: »Da habe ich etwas sehr Unrechtes gesagt, damals, Pater Ivo.«
    »Ich fürchte, Ihr habt etwas sehr Treffendes gesagt, Begine. Ich habe seither viel darüber nachgedacht. Doch dazu will ich später mit Euch sprechen.« Pater Ivo band die Zügel seines Pferdes an einen Busch und sah Almut fragend an. »Ist alles in Ordnung mit Euch? Werdet Ihr Euch in den nächsten Wochen auch nicht in Schwierigkeiten begeben, Begine?«
    »Ich werde mich redlich bemühen, P... Pater Ivo.«
    »Das lässt, wie üblich, das Schlimmste befürchten. Wendet Euch an Krudener, wenn Ihr Ärger bekommt. Oder an Theodoricus.«
    »Meister Krudener - oh, das erinnert mich an etwas. Pater, wenn einer Schwierigkeiten bekommt, dann er.«
    »Wie das?«
    »Es gibt Gerüchte, er verkaufe Liebestränke und Schadzauber.«
    »Hm. Ja, davon habe ich auch schon gehört. Und dass er Leichen sammelt. Eine absurde Unterstellung.«
    »Nicht so absurd, wie Ihr glaubt. Er zeigte mir die Grabkammer in seinem Keller!«
    »Gibt es dort eine?«
    »Kennt Ihr das Haus nicht?«
    »Nicht alle seine Geheimnisse. Aber es ist schon möglich. Ihr wisst ja, auch unser Kloster hat alte Katakomben. Aber derartige Redereien gibt es immer mal wieder. Er wird sich zu helfen wissen.«
    »Ich werde ihn bitten, Trine für eine Weile wieder bei uns wohnen zu lassen.«
    »Das mag vernünftig sein. Habt Ihr mit dem Mädchen gesprochen, wie Ihr es Euch vorgenommen habt?«
    »Ja, aber...«
    »Da ist noch etwas anderes, Begine, nicht wahr? Ihr habt mir neulich nicht alles gesagt.«
    Es waren seine klaren grauen Augen, die sie eindringlich ansahen, und Almut verspürte das Bedürfnis, auch ihm von den Jungfrauen zu berichten, und sie tat es auch.
    »Sieben junge Frauen und Mädchen, die ums Leben kamen, machen Euch Sorge? Offensichtlich aber nur Euch, Begine, weder die Angehörigen noch die Wachen haben sich bisher darum gekümmert und einen Zusammenhang hergestellt. Wie Ihr es darstellt, waren es Unfälle oder gar Selbstmord.«
    »Ja, vielleicht. Aber gerade vorhin habe ich erfahren, dass Trines Freundin Sanna vermisst wird. Ich hoffe, sie taucht lebendig und munter wieder auf.«
    »Das wäre äußerst wünschenswert. Nun, zumindest seid Ihr keine törichte Jungfrau, und so wird Euch keine Gefahr drohen, Begine. Kümmert Euch um die Taubstumme, aber haltet Euch aus anderen Verwicklungen heraus. Versprecht Ihr mir das?«
    »Ich verspreche Euch zu versuchen, weder mich noch meine Freunde in Gefahr zu bringen, solange Ihr nicht hier seid, um mich zu retten!«
    »In Anbetracht der Tatsache, dass Ihr es wart, die mich vor kurzem gerettet habt, möchte man Hohn in Euren Worten verspüren!« Es lag eine leise Bitternis in seinen Worten, und seine schwarzen Augenbrauen waren düster zusammengezogen.
    »Nun, dann versprecht Ihr mir im Gegenzug, Euch ebenfalls

Weitere Kostenlose Bücher