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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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nicht in Gefahr zu begeben, Pater, denn auch ich kann Euch nicht beistehen, wenn Ihr in der Ferne weilt!«
    »Begine, als Ihr an meinem Krankenlager saßet, da habt Ihr, so vermeine ich mich zu erinnern, mir befohlen, am Leben zu bleiben. Ich habe es Euch versprochen.«
    »Ich weiß. Und Ihr haltet Eure Gelübde.«
    »Wenn ich sie mit innerem Einverständnis leiste...«
    »Pater...?«
    Er sah sie lange an und bestätigte dann leise: »Ja, Begine. Es scheint möglich. Wenn ich zurückkomme, weiß ich mehr.«
    Almut tat einen langen Atemzug, richtete sich dann auf und sah ihm in die Augen.
    »Es würde mich glücklich für Euch machen.«
    »Nur für mich?«
    Almut hielt seinem Blick stand, doch ihre Wangen waren gerötet.
    Die Glocken kündeten die Mitte des Nachmittags an, und Pater Ivo straffte sich.
    »Ich muss mich auf den Weg machen, damit ich noch vor Einbruch der Dunkelheit mein erstes Ziel erreiche. Lebt wohl, Begine. Die Mutter der Barmherzigkeit lege ihren schützenden Mantel um Euch und bewahre Euch vor allem Übel. Und Ihr hütet bitte sorglich Eure Sommersprossen.«
    Verdutzt sah Almut ihn an.
    »Ausgerechnet meine Sommersprossen? Warum die?«
    »Weil ich bei dem Blick in den Sternenhimmel immer an sie denken muss.«
    Leicht fuhr er ihr mit einem Finger über die Wange, drehte sich dann zu seinem Pferd um und war gleich darauf verschwunden.
    Wie betäubt sah Almut dem Reiter nach.
    »Frau Almut, Ihr seid schrecklich blass, man sieht jede einzelne Sommersprosse!« Pitter war von irgendwoher wieder aufgetaucht und wirkte besorgt. »Wollt Ihr vielleicht etwas essen?«
    »Nein. Nein, aber danke.«
    »Hat er mit Euch gezankt?«
    »Nein, Pitter. Überhaupt nicht.«
    »Ihr seht aber ziemlich wackelig aus. Och, ich verstehe... Hm. Kommt, Frau Almut, ich bringe Euch zu der maurischen Hure. Die weiß, was da zu tun ist.«
    »Aziza... Ja, das ist eine gute Idee.«
    Almut raffte sich zusammen und ging gedankenverloren hinter dem Päckelchesträger her, der sie in der kleinen Seitenstraße an der Burgmauer vor das Haus ihrer Schwester führte. Sie war so geistesabwesend, dass er für sie anklopfen musste, und als Aziza öffnete, schob er die Begine vor.
    »Gebt ihr einen starken Wein, Frau Aziza, sie hat ihn nötig!«
    »Das scheint mir auch so. Komm herein, Schwester, du bist blass wie verschüttete Milch. Was ist passiert? Ist man deiner Keuschheit zu nahe getreten?«
    Ein geisterhaftes Lächeln war die einzige Antwort, die Aziza erhielt, und so schob sie Almut auf die Bank vor den Kamin und goss ihr einen Becher sehr schweren roten Würzweins ein. Als sie einige Schluck davon getrunken hatte, wurden ihre Wangen wieder rosig, und die seltsame Starre war von ihr abgefallen.
    »Nein, meiner Keuschheit ist er nicht zu nahe getreten. Aber, Aziza - nun wünsche ich, er wäre es.«
    »Was ist zwischen dir und deinem Pater vorgefallen, Schwester?«
    »Er verreist für seinen Orden.«
    »Für lange Zeit? Ist es das, was dich erschüttert?«
    »Nein, nicht für lange. Ostern, meint er, wird er wieder hier sein. Aziza, er hat seine Kutte abgelegt. Er war gekleidet wie ein vornehmer Patrizier.«
    »Der er ja auch ist.«
    »Ja. Und damit so unerreichbar wie ein Priester.«
    »O nein, meine Liebe.«
    Almut leerte den Becher, und ihre Schwester schenkte ihr noch einmal nach.
    »Ich weiß nicht. Aber es ist mir gleichgültig. Aziza, du musst mir helfen. Wie verleitet man einen Mann zu einem sündigen Leben?«
    Erstmals, seit sie sie kannte, sah Almut das schöne Gesicht ihrer Schwester die unterschiedlichsten Stadien der Verblüffung durchlaufen. Dann setzte sie sich mit einem Plumps neben sie auf die Polsterbank.
    »Das meinst du ernst, nicht wahr?«
    »Ja, sehr.«
    »Ich glaube, du wirst wenig Mühe mit deinem Pater haben. Und mit dem edlen Herrn auch nicht. Hast du denn noch nie das Verlangen in seinen Augen gesehen?«
    »Ich habe mich nicht getraut hinzuschauen.«
    »Jetzt hast du es aber, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und dein sittsames Gewissen ist empört, denn es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass er dir je die Ehe antragen wird.«
    »Es ist unwahrscheinlich, da gebe ich dir Recht. Aber mein Gewissen hat anscheinend alle Züchtigkeit verloren. Mir ist es gleichgültig, ob es Sünde oder Sakrament ist. Verdammt, Aziza, sogar unser Vater hat erklärt, es wäre ihm lieber, ich würde so wie du leben als bei den frommen Beginen!«
    Aziza schnappte nur noch nach Luft.
    »Du schaffst es heute, mir aber auch jeden Hieb und jede

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