Die Elite
verspreche dir, falls das hier eine Art Wettbewerb ist und du verlierst, sage ich Maxon persönlich, wie gut du warst.«
Sie kniff ihre ohnehin schon schmalen Augen zusammen. »Das würdest du tun?«
»Na klar. Warum denn nicht?«, sagte ich lächelnd.
Elise schüttelte den Kopf. »Ich bewundere dich wirklich dafür, wie du bist. Ich nehme an, du meinst es ehrlich. Aber du musst endlich begreifen, dass wir miteinander konkurrieren, America.« Mein Lächeln verschwand. »Ich würde nicht lügen oder irgendetwas Schlechtes über dich sagen, aber ich würde auch nicht so nett sein und Maxon erzählen, dass du etwas gut gemacht hast. Das kann ich einfach nicht.«
»So muss es aber doch nicht laufen«, sagte ich leise.
Sie schüttelte den Kopf. »Doch, muss es. Das hier ist nicht einfach nur ein Preis. Es geht um einen Ehemann, die Krone, die Zukunft. Und du bist vermutlich diejenige, die von uns am meisten gewinnen oder verlieren kann.«
Ich stand da und war völlig sprachlos. Ich hatte gedacht, wir wären Freundinnen. Bis auf Celeste hatte ich diesen Mädchen wirklich vertraut. Hatte ich die Augen davor verschlossen, wie sehr sie alle kämpften?
»Das bedeutet nicht, dass ich dich nicht mag«, fuhr Elise fort. »Ich mag dich sogar sehr. Aber ich kann dich nicht bejubeln, damit du gewinnst.«
Ich nickte und versuchte ihre Worte zu begreifen. Es war eindeutig, dass ich innerlich nicht so beteiligt war wie sie. Was mich noch mehr daran zweifeln ließ, ob ich für diese Position die Richtige war.
Elise lächelte über meine Schulter hinweg, und als ich mich umwandte, sah ich, dass die italienische Prinzessin auf uns zukam.
»Bitte entschuldigen Sie. Darf ich bitte kurz mit der Gastgeberin sprechen?«, fragte sie mit ihrem reizenden Akzent.
Elise machte einen Knicks und mischte sich wieder unter die Tanzenden. Ich versuchte unser Gespräch so schnell wie möglich zu vergessen und mich auf die Person zu konzentrieren, auf die ich Eindruck machen sollte.
»Prinzessin Nicoletta, bitte entschuldigen Sie, dass wir heute noch nicht die Gelegenheit hatten, uns ausführlicher zu unterhalten«, sagte ich und knickste ebenfalls.
»Das macht doch nichts! Sie waren auch sehr beschäftigt. Meine Cousinen sind ganz begeistert von Ihnen!«
Ich lachte. »Dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben. Die beiden sind sehr witzig.«
Nicoletta zog mich in eine Ecke des Saals. »Wir haben bisher gezögert, diplomatische Beziehungen zu Illeá aufzunehmen. Unser Volk ist viel … viel freier als Ihres.«
»Das fällt mir auch auf.«
»Nein, nein«, sagte sie ernst. »Ich meine die Freiheit des
Einzelnen.
Bei Ihnen herrscht noch immer das Kastensystem, oder?«
Ich nickte, plötzlich verstand ich, dass es hier um mehr als nur um eine harmlose Plauderei ging.
»Natürlich beobachten wir Ihr Land. Wir sehen, was hier vor sich geht. Die Aufstände, die Rebellen. Es scheint, als sei Ihr Volk nicht besonders glücklich.«
Ich hatte keine Ahnung, was ich darauf sagen sollte. »Eure Majestät, ich weiß nicht, ob ich die geeignete Person für solch ein Gespräch bin. Ich habe wirklich keinerlei Einfluss.«
Nicoletta ergriff meine Hände. »Aber Sie könnten welchen haben.«
Ein Schauer überlief mich. Wollte sie damit wirklich das andeuten, was ich vermutete?
»Wir haben gesehen, was mit dem blonden Mädchen passiert ist«, flüsterte sie.
»Marlee.« Ich nickte. »Sie war meine beste Freundin.«
Nicoletta lächelte. »Und wir haben Sie gesehen. Es gab kaum Filmmaterial, aber wir haben gesehen, wie Sie losgerannt sind. Wie Sie gekämpft haben.«
Der Blick in ihren Augen war der gleiche, mit dem mich Königin Amberly heute Vormittag angeschaut hatte. Es lag unmissverständlich Respekt darin.
»Wir sind sehr daran interessiert, Beziehungen zu einem mächtigen Land zu knüpfen, wenn sich dieses Land zum Positiven verändert. Inoffiziell gesprochen heißt das: Wenn wir irgendetwas tun können, um Ihnen dabei zu helfen, die Krone zu erlangen, dann lassen Sie es uns wissen. Sie haben unsere volle Unterstützung.«
Damit drückte sie mir ein Stück Papier in die Hand und ging davon. Sobald sie mir den Rücken zugedreht hatte, rief sie etwas auf Italienisch, und der ganze Raum jubelte vor Begeisterung. Mein Kleid hatte keine Taschen, deshalb schob ich den Zettel schnell in meinen AUSSCHNITT und betete, dass es niemand bemerkte.
Unser Empfang dauerte viel länger als der erste – was vermutlich daran lag, dass unsere Gäste ihren
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