Die Elvenbrücke
gewaltigen Leibern, die den Körper eines Tauren erdrücken konnten; die Tauspinner und Webwerfer, gewaltige achtbeinige Kreaturen, die armdicke Taue spannten, mit denen sie nach ihrer Beute warfen und sie in die Tiefe rissen.
Die Könige der Drachen gehorchten dem Ruf ihres Herrn. Einige mochten noch jene Geschöpfe sein, die die Elven einst fingen. Andere mochten spätere Generationen sein. Aber sie alle verstanden, was ihr Meister verlangte.
Sie tauchten aus den Tiefen empor, geleitet und begleitet von Zarathons Geist, der sich ihrer Sinne bediente.
Nach der Ewigkeit in der schützenden Tiefe war die blendende Sonne für sie Feuer und Grauen, als die triefenden Kolosse aus dem Uferschlamm des Sees stiegen. Aber Zarathon milderte ihren Schmerz und ihre Furcht. Dann erkannte er befriedigt, daß der erste der Drachen die Spur aufgenommen hatte.
Doch seine Befriedigung währte nicht lange, denn bald vernahm er das schmerzvolle Brüllen des Drachen und er wußte, daß der Feind ihn geblendet hatte. Er fühlte Bedauern und Wut, denn er liebte diese großartigen Geschöpfe.
Bald wußte er auch, daß der Feind floh, und er rief seine Diener zurück, denn sie würden sterben, wenn sie sich zu weit und zu lange vom Wasser entfernten.
Er war noch zu schwach, um selbst etwas zu tun, und so erinnerte er sich an andere Diener, die die Elvenbrücke bewohnten – Ariwhans Schar!
Sein Geist griff in die steinernen Kammern, in denen die Krieger lagen, die er unsterblich gemacht hatte für eine lange Zeit. Sie erwachten, als er sie rief, sie nahmen ihre Waffen und zogen hinaus.
Sie spürten den Feind auf und machten sich bereit zum Kampf.
Zarathon sah nichts durch ihre Augen und hörte nichts durch ihre Ohren, denn ihre Körper waren längst tot. Er las nur ihre Gedanken, und so wußte er, was geschah. Ihre Furcht, ihr Grauen, als sie erkannten, daß ihre Körper Staub waren, ihre Blindheit und Hilflosigkeit, die sie ihren Gehorsam vergessen ließ, machten ihm klar, daß er die Menschen überschätzt hatte. Sie waren nicht reif für die Unsterblichkeit, waren nur ängstliches Gewürm, das man besser zertrat. Ihr Verstand war zu zerbrechlich, um der Zeit zu trotzen.
Er zögerte nun, weitere Helfer einzusetzen, bevor er selbst den Feind gesehen hatte. In seinem Beisein wären die Drachen erfolgreicher gewesen, und Ariwhans Schar hätte nicht versagt.
*
Als er wieder Leben in jedem Winkel seines Körpers fühlte, begann sich der Monolith aus dem Gestein des Seegrunds zu heben. Ein schwarzer mächtiger Schaft schob sich dem Licht entgegen und durchbrach schließlich die Wasserfläche des Goldenen Sees.
Einem schwarzen Turm gleich ragte er empor. Das Wasser schäumte, und die Wellen schlugen gegen das nahe Ufer, wo sich der Wall erhob.
Der Turm öffnete sich. Nicht weit entfernt durchbrach der Kopf eines Drachen die Wasseroberfläche. Der Taure stand in der Öffnung des Turmes und rief den Drachen.
Das Tier gehorchte, schwamm näher, hob seinen Schädel aus dem Wasser und streckte ihn auf seinem langen Hals dem Elven entgegen.
Zarathon stieg auf den Kopf des gewaltigen Tieres, das unter seinem Gewicht merklich sank.
Die Haut des Elven war weiß, so wie die der Tauren und die vieler Menschenvölker Gorgans. Sein Bart war weiß und strähnig, sein Haar weiß wie Schnee, gehalten nur von einem Stirnband aus Gold. Gold schmückte auch seine Arme, und Gold gürtete das schmale Tuch um die Lenden, das einzige Kleidungsstück, abgesehen von geschnürten Sandalen. Er trug auch keine Waffe.
Sein Gesicht war schmal und knöchern, der Schädel ein hohes, fast spitzes Oval. Seine grünlichen Augen blickten aufmerksam in die Runde.
Auf den ersten Blick hatte sich nichts verändert. Diesseits der Elvenbrücke war der Titanenpfad unbetreten, die Fallen waren unberührt.
Der Drache erreichte das Ufer, und Zarathon stieg an Land. Nach der langen Zeit in der gleichmäßigen Wärme des Monolithen brannte die gorganische Sommersonne auf seiner Haut. Er würde sich schützen müssen.
Er schritt zum Wall mit langen Schritten. Er kreuzte die Spuren der Drachen, die von jenseits des Walles wieder zurück in den See gekommen waren.
Je näher er dem Wall kam, desto mehr verstärkte sich der Eindruck des Verfalls. Er gewahrte die Risse und Spalten, die Einbrüche. Er sah, daß Bäume zwischen den Steinen wuchsen, die viele hundert Jahre alt sein mußten.
Eine sehr lange Zeit mußte vergangen sein. Tausend Jahre vielleicht oder mehr. Die Welt
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