Die Elvenbrücke
daß sie Gestalten am Feuer sehen konnten.
»Es sind Frauen«, flüsterte O’Braenn überrascht und enttäuscht zugleich. »Kriegerinnen… aber keine von deinem Volk, Arel…«
»Nein. Bei allen Göttern der Wildländer, ich habe solche Weiber wie die noch nicht gesehen. Sie müssen stark wie Bären sein… aber das Mädchen zur Rechten, das ist Merryone. Die gehörte zu uns.«
In diesem Augenblick trat ein Krieger ans Feuer und warf etwas hinein, das es hell auflodern ließ.
»Nottr!« schrie Arel fast, und O’Braenn preßte ihm die Hand über den Mund.
»Still. Wir wissen nichts über diese Kriegerinnen. Nottr und dieses Mädchen könnten Gefangene sein.«
Sie schlichen näher, bis eine Stimme knapp vor ihnen rief: »Kommt aus den Büschen, oder wir holen euch!«
»Das ist die Stimme der Tigerin«, entfuhr es Arel. »Erinnerst du dich, O’Braenn. Lella, aus Nottrs Viererschaft. Sie würde hier nicht Wache stehen, wenn sie eine Gefangene wäre. He, Lella!« rief er. »Wir kommen! Sei nicht zu grob zu alten Freunden!«
*
Es war ein lautstarkes Wiedersehen, das in der stillen Nachtluft bis zur Elvenbrücke zu hören sein mußte.
Die Amazonen beobachteten die Ankömmlinge mißtrauisch, vor allem die fünf Dutzend maskierten Krieger Arvogs. Es blieb eine ganze Weile eine gespannte Situation, bis Maer O’Braenn zu erklären begann.
Danach entspannte sich die Lage merklich. Vor Tagesanbruch war nicht an Aufbruch zu denken, so blieb viel Zeit, alles gründlich abzuwägen. Selbst wenn es nicht gelang, eine Einigung zu erzielen, war in der Morgendämmerung immer noch Zeit genug, einander die Schädel einzuschlagen.
Arvog stellte ein Dutzend Wachen auf. Die übrigen seiner Krieger entzündeten zwei weitere Feuer und packten ihre Vorräte aus. Zu lange schon hatten sie in den Steinquadern des Walles solcher Geselligkeit entsagt. Auch hatten sie noch nie zuvor Amazonen gesehen, auch kein Taurenkind.
Nachdem die Ereignisse seit ihrer Trennung auf der Ebene der Krieger von beiden Seiten ausführlich erzählt waren, wandten sich aller Augen Duzella zu.
»Hab keine Furcht«, sagte Thonensen. »Wir werden dich nicht verraten oder verkaufen. Wir werden dich so schützen, wie uns selbst.«
»Aber wir müssen versuchen, den Elven für uns zu gewinnen«, beschwor O’Braenn. »Deshalb müssen wir zurückkehren zum Wall. Und nicht ohne das Taurenkind!«
»Nein!« rief Duzella.
»Doch«, konterte O’Braenn. »Arvog würde dich nicht ziehen lassen. Er und seine Krieger würden nicht ohne dich zurückkehren. Wir müßten sie schon mit unseren Klingen überzeugen…«
»Was uns nicht schwerfallen würde«, fiel ihm Burra ins Wort. Was die Pilgerkrieger aufhorchen ließ. Sie warfen ihr und den anderen Amazonen giftige Blicke zu.
»Er wird mich töten«, sagte Duzella bestimmt.
»Du bist kein Taure, der für ihn gefährlich ist«, wandte O’Braenn ein.
»Ich kann einer werden. Wenn er klug ist, wird er mich töten.«
»Wir werden ihn daran hindern!«
»Wie? Schrecken euch seine Größe und seine Macht nicht ab? Ich weiß nicht, woher ich es weiß. Es ist in mir wie ein Instinkt. Ich weiß, daß Zarathon nur zu einem einzigen Zweck hier ist: um Tauren zu töten. Ich bin so gut wie tot, wenn ihr mich mit euch nehmt. Aber ich weiß, daß ihr keine andere Wahl habt, und ihr habt oft euer Leben für mich riskiert. Jetzt werde ich diese Schuld begleichen…«
»Unsinn!« rief Burra verärgert. »Wer sagt, daß wir keine Wahl haben?« Sie zog ihre Klingen. »Wir können es rasch entscheiden!«
Einige der Krieger Arvogs erhoben sich vom Feuer. Alle starrten wachsam auf die Amazone.
»Damit wäre nichts entschieden«, erwiderte Duzella ruhig. »Der Elve würde neue Gegner schicken, um mich zu fangen. Es würden nur viele sinnlos sterben. Ich glaube nicht, daß mir Zeit genug bleibt, erwachsen zu werden. Es ist wohl auch besser so. Ich habe Vaters letzte Worte vernommen. Finsternis hat mich gezeugt. Ich werde ihr Werkzeug sein und damit eines Tages auch euer Feind…«
»Nein«, unterbrach Thonensen sie. »Das wäre ein voreiliger Schluß. Auch ich hatte Finsternis in mir. Ich bediene mich ihrer sogar, wenn ich kann. Und O’Braenn… sieh ihn dir an. Er ist gezeichnet von der Finsternis. Sind wir ihre Sklaven? Sie ist nur eine Kraft. Aber der Geist… der Geist muß stärker sein. Er muß sich freimachen können und sie beherrschen. Die Priester sind ihr ergeben. Das ist der Fluch, den die Dämonen über sie
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