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Die Elvenbrücke

Die Elvenbrücke

Titel: Die Elvenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Verstand auskosten.
    Aber so klar war sein Verstand nicht.
    Sein Schädel wollte platzen, sein Magen rebellierte, und er war nahe daran, die Fische von sich zu geben, die er im Goldenen See gefangen und verzehrt hatte. Doch hinter ihm tauchten die ersten Gianten auf, die noch immer auf seiner Spur waren. So hob er stöhnend den Schamanen wieder hoch, um mit raschen Schritten Abstand zwischen sich und die ausdauernden Verfolger zu bringen. Daß sie ihm noch folgten, konnte nur eines bedeuten: daß noch irgendwo Priester dabei waren, die dunklen Kräfte zu beschwören.
    Seine Fackel war fast abgebrannt. Mit der letzten Glut gelang es ihm, dürres Buschwerk in Brand zu stecken. Der Nachtwind trug Feuer und glühende Äste durch die Straßen. Da und dort flammten neue Feuer auf.
    Elvening würde brennen heute nacht.
    Er warf einen Blick zum Himmel und sah beunruhigt, daß die Sterne wieder verschwunden waren und der bleiche Schimmer über dem Firmament der Stadt lag.
    »Siehst du das, Zwerg«, murmelte er. »Unsere Arbeit ist noch nicht vollendet.«
    Aber ohne daß er es sofort spürte, schlug die Finsternis zurück. Obwohl er sich stark fühlte, hatte das Nachlassen der Wirkung des Alppilzes ihn verwundbar gemacht. Je mehr das Gift aus seinem Geist schwand, desto mehr drang die Finsternis ein.
    Und als er es schließlich spürte, war er fast verloren.
    Die Nachwirkungen des Giftes, der Schmerz im Kopf, die Leere im Verstand, sie gingen langsam über in den lähmenden Bann der Finsternis.
    Er vergaß den Schamanen auf seiner Schulter, vergaß den Beutel des rettenden Pulvers in seiner Hand, vergaß, weshalb er durch diese Straßen lief.
    Aber er spürte die Gefahr, denn er war seit mehr als tausend Jahren darauf vorbereitet, diese Gefahr zu spüren. Was ihn rettete, waren alte Instinkte und Glück.
    Er wußte nicht mehr, wohin er ging, aber er wußte seit dem Augenblick, da er seine lange Wache über die Welt der Menschen begann, daß es einen sicheren Ort gab, wenn die Gefahr übermächtig wurde: sein Schrein im Goldenen See.
    So beherrschte zwar die Finsternis seinen Verstand, doch das alte eingefleischte Wissen lenkte seine Schritte. Instinktiv fand er sich in den Ruinen zurecht, blind tasteten seine Finger nach dem Mechanismus der alten steinernen Tür, die in die Tiefe führte, in jene Korridore unter der Stadt, die zum Wall zurückführten.
    Doch überall war Verfall, überall lag Schutt, und Zarathon fiel schwer in die Dunkelheit, schlug auf und regte sich nicht mehr.
    Calutt klammerte sich verzweifelt fest, doch der Aufprall des Riesen löste seinen Griff, und der Schamane rollte in die Schwärze, prallte gegen Steine und verlor wie der Elve die Besinnung. Er kam nach einer Weile zu sich, doch der Alppilz hatte seinen Geist noch nicht freigegeben und holte sich nun, was ihm bisher verwehrt worden war: die Entrückung und den gewohnten Kontakt mit den Toten.
    Es gab viele Tote in Elvening. Sie alle wußten von unbeschreiblichen Dingen.

8.
    In dieser Nacht, irgendwann zwischen Mitternacht und Morgengrauen, weckte Burra O’Braenn und Nottr und Thonensen und brachte sie zu dem Ort, an dem Dorema Wache hielt.
    Dorema deutete auf den nordwestlichen Horizont. »Ist dort Elvening?«
    Ein heller werdender Schimmer breitete sich aus. Er flackerte.
    »Die Finsternis!« entfuhr es O’Braenn.
    »Es sieht aus wie stong-nil-lumen in jener Nacht«, stimmte Nottr zu. »Wir werden keine Chance haben, wenn die Finsternis bereits so mächtig ist…«
    »Das ist nicht die Finsternis«, sagte Thonensen kopfschüttelnd. »Es muß Feuer sein.«
    Nach einer Weile konnten sie es alle erkennen: Elvening brannte.
    Der Schein wurde gelb und rötlich, Flammen schlugen hoch, halb verdeckt von schwarzem Qualm.
    »Ich kann mir nicht denken, was in diesem Steinhaufen noch brennt«, sagte O’Braenn. »Vielleicht ist das Feuer in den Gewölben ausgebrochen. Oder die Priester haben es gelegt, um Dilvoog und die Gefährten auszuräuchern. Wir müssen sofort aufbrechen…!«
    »Das ist unmöglich«, widersprach Nottr. »Wir haben keine Steppe vor uns. Hier in den Büschen sieht man die Hand nicht vor den Augen. Wir hätten uns alle die Köpfe eingerannt, ehe wir eine Stunde unterwegs sind. Nein, wir müssen bis zum Morgen warten.«
    Arvog und seine Männer ließen sich überzeugen, erst nach Elvening zu reiten, und danach zu Zarathon zurückzukehren, doch verlangte Arvog Duzellas Versprechen, daß sie nicht fliehen würde, bevor sie sie zu

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