Die Enden der Parabel
ja alle wissen. Es ist die Widerstandskraft der Strukturen, die dem Tod zuneigen. Tod wird in noch mehr Tod verwandelt. Baut seine Herrschaft aus, so wie die Kohle in der Erde dichter wird vom Druck der immer neuen Schichten - Epoche auf Epoche, Stadt über Stadtruine. Zeichen des Todes, des Verstellers.
Diese Zeichen sind Wirklichkeit. Sie sind aber auch Symptome eines umfassenden Prozesses. Dieser Prozeß folgt der gleichen Form, der gleichen Struktur. Um ihn zu begreifen, müssen Sie auf die Zeichen achten. All das Gerede von Ursache und Wirkung ist weltliche Geschichte, und weltliche Geschichte ist ein Ablenkungsmanöver. Nützlich für Sie, meine Herren, doch nicht mehr für uns hier drüben. Wenn Sie wirklich die Wahrheit wollen - eine kühne Vermutung, zugegeben -, dann müssen Sie die Mechanismen dieser Dinge kennen. Hinein bis in das Innerste gewisser Moleküle - sie sind es schließlich, welche die Macht ausüben über Druck und Wärme, Fließgeschwindigkeit, Profit und Kosten, die Gestalt von Türmen ... Sie müssen zwei Fragen stellen. Erstens: Worin besteht die wahre Natur der Synthese? Und zweitens: Worin besteht die wahre Natur der Kontrolle? Sie glauben, das schon zu wissen; Sie klammern sich an Ihren Glauben. Doch früher oder später werden Sie ihn lassen müssen ... "
Schweigen, das neues Schweigen gebiert. Rutschen und Rücken auf den Stühlen, rings um den Tisch, aber die kleinen Finger halten Kontakt.
"Herr Rathenau? Könnten Sie mir wohl eins verraten?" Heinz Rippenstoß, der NaziScherzbold und Partyschreck, kann sich mal wieder nicht beherrschen. Schon hört man Kichern in der Runde, und Peter Sachsa wendet sich zur Tür. "Ist Gott wirklich Jude?"
[1.20] Weihnachtsparty
Pumm, Easterling, Dromond, Lamplighter, Spectro, sie sind Sterne am Weihnachtsbaum des Doktors, leuchten herab auf diese heiligste der Nächte. Jeder einzelne verkündigt einen Fehlschlag, ist eine Sonne, die nach Süden aus dem Himmel flieht, immer nach Süden, und uns preisgibt an einen Norden ohne Ende. Doch Kevin Spectro ist der hellste, der entfernteste von ihnen allen. In Knightsbridge wimmelt es von Menschen, im Radio dröhnen Weihnachtslieder, die U-Bahn ist ein Schlachtfeld, nur Pointsman ist ganz allein. Aber sein Weihnachtsgeschenk hat er gekriegt, fa la la, braucht sich diesmal keinen Hund für eine Büchse Schweinefleisch eintauschen, liebe Leute, er hat sein eigenes Wunder und sein eigenes Menschenkindlein, schon ziemlich ausgewachsen zwar, doch mit der Kindheit der Seelenkunde selbst irgendwo auf seiner Slothropschen Rinde, ja, reiner Geschichte, erstarrt, verkapselt, unberührt vom Jazz, der Depression, dem Krieg - als ob, wenn ihr so wollt, ein Stück vom alten Dr. Jamf dort überlebte, über den Tod hinaus, die Abrechnung in die-, in dieser zentralen Kammer, wißt schon, welcher ... Er hat keinen, den er fragen, keinen, dem er es erzählen könnte. Mein Herz, fühlt er, mein Herz fließt über jetzt vor lauter Virilität und Hoffnung... Die Meldungen von der Riviera sind äußerst vielversprechend. Die Versuche hier scheinen zur Abwechslung mal klappen zu wollen. Aus irgendeiner dunklen Quelle, einer Blankobewilligung oder einem freiwerdenden Etat, hat Brigadier Pudding sogar zusätzliche Mittel für die ARF beschafft. Spürt auch er Pointsmans Macht? Will er sich rückversichern? Zu den unmöglichsten Tageszeiten ertappt sich Pointsman, fasziniert, dabei, daß ihm der Schwanz steht. Er beginnt, Witze zu reißen, englische Pawlowianerwitze, die beinahe sämtlich auf dem einen unglücklichen Umstand basieren, daß die lateinische cortex auf Englisch bark heißt, was eben nicht nur "Rinde" bedeutet, sondern auch "bellen" - ganz abgesehen von der altbekannten, launigen Beziehung, die zwischen Bäumen und Hunden besteht (sie sind wirklich unsäglich, und die meisten PIS-CES-Kollegen haben Geschmack genug, diese Quelle der Erheiterung nur sparsam anzuzapfen, aber verglichen mit Witzen aus dem Mainstream, wie etwa dem bemerkenswerten "Was sagte der Cockney zum Cowboy aus San Antonio?", wirken sie noch umwerfend originell...). Irgendwann während der diesjährigen PISCES-Weihnachtsfeier wird Pointsman von Maudie Chilkes in eine Abstellkammer voller Belladonna, Gaze, Glastrichter und dem Geruch nach medizinischem Kautschuk entführt, wo sie sich wie der Blitz auf ihre roten Knie sinken läßt und anfängt, seine Hose aufzuknöpfein, während er ihr völlig verwirrt, Herrgott im Himmel! über das Haar streicht
Weitere Kostenlose Bücher