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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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Seltersstrahl. Schneestöbernde Federn kleben an ihren Körpern fest, während sie sich, Slothrop dicht hinter ihr, durchs Schlafzimmer hetzen, Katjes gesprenkelte Haut im Schummerlicht selbst auf die kürzeste Distanz eine perfekte Tarnung. Fortwährend stolpert Slothrop rop über irgendwelche Möbel. "Mannomann, wenn ich dich kriege!" In welchem Augenblick sie die Salontür auf stößt, hindurchschlüpft und sie wieder zuknallt, so daß Slothrop mit voller Wucht dagegenrennt, zurückprallt, Scheiße sagt, die Tür wieder öffnet und vor einem großen, roten Damasttischtuch steht, mit dem ihm Katje zuwinkt. "Was wird das?" forscht Slothrop.
    "Ein Zauberstück", kreischt Katje und wirft das Tischtuch, das sich auffältelt wie eine kristallische Verwerfung, rot durch die Luft und über ihn. "Jetzt kannst du miterleben, wie ich einen amerikanischen Lieutenant verschwinden lasse!" "Hör mit dem Quatsch auf!" Slothrop drischt mit beiden Armen um sich, um das Tuch abzuschütteln. "Was soll ich miterleben, solange ich hier drunterstecke." Er findet nirgends einen Saum und fühlt etwas wie Panik.
    "Das ist ja der Witz dran", und plötzlich ist sie zu ihm unter das Tuch geschlüpft, nippelt an seinen Brustwarzen, krault seine Nackenhaare, zieht ihn auf den weichen Teppichboden nieder: "My little chickadee."
    "Hey, woher kennst du den denn? Weißt du noch, wie er mit dieser Ziege zu Bett geht?"
    "Oh, frag mich nicht..." Diesmal wird es eine Kurzvorstellung, aber synchron und gut gelaunt, beide sind etwas benommen und voller Federn, die festkleben und nicht weichen wollen ... Als es ihnen gekommen ist, bleiben sie liegen, wo sie gerade sind, zu aufgelöst, um sich noch zu bewegen, mmhm, Damast und Samt, behaglich ist's hier drinnen, und rot wie im Mutterschoß ... Zusammengeringelt, ihre Füße zwischen den seinen, sein Schwanz in die warme Grube unter ihren Arschbacken gebettet, schlafen sie ein, und Slothrop gibt sich die größte Mühe, brav durch die Nase zu atmen.
    Er erwacht im Morgenlicht, meergespiegelte Sonne, gefiltert von Palmenblättern vor dem Fenster und dem roten Tischtuch, Vogelzwitschern, ein Stockwerk höher läuft Wasser ein. Allmählich zu sich kommend liegt er eine Minute lang da, kein Brummschädel, aber noch slothroplos, Teil dieses pulsenden Kreislaufs von Gehen und Wiederkommen. Katje liegt, lebendig und warm, wie ein S gegen sein eigenes S geschmiegt und beginnt, sich zu regen.
    Aus dem Nebenzimmer hört er das unverwechselbare Klicken eines US-Army-Koppelschlosses. "Da will", bemerkt er, rasch begreifend, "anscheinend gerade jemand meine Hose klauen." Füße tappen, dicht neben seinem Kopf, über den Teppich. Slothrop hört, wie sein Kleingeld in den Taschen klimpert. "Dieb!" brüllt er, wodurch Katje munter wird und sich umdreht, ihn zu umarmen. Slothrop, der endlich den Saum ortet, den er in der vergangenen Nacht nicht gefunden hat, steckt seinen Kopf unter dem Tischtuch hervor und sieht gerade noch einen großen Fuß in einem zweifarbigen Schuh, kaffee und indigo, durch die Tür verschwinden. Er rast ins Schlafzimmer und entdeckt, daß auch alles übrige, was er angehabt hat, verschwunden ist, selbst Schuhe und Unterwäsche.
    "Meine Sachen!" An Katje vorbei, die sich gerade aus dem Damast schält und nach seinen Füßen angelt, galoppiert er zur Tür, reißt sie auf, steht im Flur, erinnert sich dort, daß er splitternackt ist, erspäht einen Wäschekarren und schnappt sich ein purpurrotes Laken aus Satin, das er sich a la Toga umdrapiert. Aus dem Treppenhaus dringen ein Kichern und das Tapptapp von Kreppsohlen. "Aha!" kreischt Slothrop und spurtet den Korridor hinunter. Das glatte Laken will nicht halten. Es flattert, rutscht und verheddert sich zwischen den Beinen. Die Treppe rauf, zwei Stufen auf einmal, aber oben ist nur ein anderer Flur, genauso menschenleer. Wo steckt ihr alle?
    Ein Stück gangabwärts geht ein winziger Kopf hinter einer Ecke auf, eine winzige Hand erscheint und zeigt Slothrop einen winzigen Vogel. Das zugehörige Gelächter erreicht ihn einen Sekundenbruchteil später, während er schon in Richtung der Erscheinung sprintet. Im Treppenhaus hört er Fußgetrappel abwärts. Fluchend stürzt der Große Purpurrote Drachen drei Treppen hinunter und durch eine Tür auf eine kleine Terrasse,
    wo er gerade noch sieht, wie jemand über eine Steinbalustrade hüpft und in der oberen Hälfte eines mächtigen Baumes verschwindet, der von irgendwo unten heraufwächst. "In die Baumfalle

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