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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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ihm aufmerksam zu - andere dachten nur daran, wie sie ihn an Phoebus verpfeifen könnten. Einige von den älteren Anti-Byronisten waren in der Lage, ihre Parameter, die aus der Schweiz abgetastet wurden, willentlich so zu verändern, daß es sich auf den Ebonitskalen der Überwacher niederschlagen mußte. Es kam sogar zu ein paar wenigen Selbstzerstörungen in der Hoffnung, mit diesem Opfer die Zerschlägertrupps auf Byrons Spur zu locken.
    Von einer Transzendenz für Birnen zu sprechen galt selbstverständlich als die reine Subversion. Bei Phoebus war alles auf der Effizienz der Birnen aufgebaut - dem Verhältnis zwischen der nutzbaren Energieausbeute und dem dafür notwendigen Energieaufwand. Das Netz forderte, daß dieser Wirkungsgrad so niedrig wie möglich zu sein habe. Auf diese Weise konnten sie mehr von ihrem Saft verkaufen. Umgekehrt vergrößerte dieser schlechte Wirkungsgrad jedoch die Lebensdauer der Glühbirnen, was sich auf die Verkaufszahlen bei Phoebus negativ auswirken mußte.
    Anfangs versuchte Phoebus, den elektrischen Widerstand der Glühdrähte zu erhöhen und auf diese Weise, klammheimlich und ganz langsam, die Brenndauer der Birnen zu verringern - bis man beim Netz die rückläufigen Einnahmen bemerkte und sein Veto zu schreien begann. Nach und nach einigten sich die beiden Parteien auf einen Kompromiß in der Lebenserwartungsfrage, der ihnen beiden genügend Reingewinne ließ, und auf eine Fifty/fifty-Teilung der Kosten für die gemeinsame Anti-Birnendiebstahls-Kampagne. Parallel dazu führten sie einen subtileren Feldzug gegen jene kriminellen Elemente, die auf den Gebrauch von Elektrizität und Birnen überhaupt verzichten und sich mit Kerzen leuchten. Phoebus schloß ein langfristiges Abkommen mit dem Fleischkartell, das auf eine allmähliche Reduzierung des Talgangebots auf dem Markt durch Erhöhung des Fettanteils in Fleischwaren -ungeachtet eventueller Schädigungen der Herzkranzgefäße bei den Verbrauchern -und Umdirigierung der trotzdem anfallenden Fettrückstände in die Seifenindustrie hinauslief. Seife war damals ein expansiver Wirtschaftszweig mit glänzenden Aussichten. Das Bland-Insti-tut hatte gerade tiefverwurzelte Gefühle in Sachen Scheiße bei den
    Konsumenten entdeckt. Selbst angesichts solcher Möglichkeiten waren die Verflechtungen mit Fleisch und Seife für Phoebus jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Wesentlich mehr kam es auf Wolfram an. Ein weiterer Grund, warum Phoebus die Lebensdauer der Birnen nicht allzu drastisch reduzieren konnte. Ein zu großer Bedarf an Glühdrähten hätte die verfügbaren Wolframvorräte aufgezehrt - die zum überwiegenden Teil aus China bezogen wurden, was delikate Fragen der Fernostpolitik ins Spiel brachte - und die Absprachen zwischen General Electric und Krupp über die Wolframkarbidproduktion - wer, wo, wieviel und zu welchem Preis -gestört. Der vereinbarte Rahmen betrug 37 bis 90 Dollar pro Pfund in Deutschland, 200 bis 400 Dollar pro Pfund in den USA. Diese Preise regulierten unmittelbar die Produktion von Werkzeugmaschinen und auf diese Weise sämtliche Bereiche der Leicht- und Schwerindustrie. Als der Krieg kam, hielten es einige Leute für unpatriotisch von GE, Deutschland einen solchen Vorteil eingeräumt zu haben. Aber niemand, der irgendwelche Macht gehabt hätte, keine Angst.
    Byron, während erweiterbrennt, erkennt mehr und mehr von diesem Muster. Er lernt, wie man mit anderen elektrischen Geräten, in Haushalten, in Fabriken, auf den Straßen, Verbindung aufnimmt. Alle haben sie ihm etwas zu erzählen. Das Muster nimmt Gestalt an in seiner Seele (was auch das alte Wort war für den Kohlefaden in den frühen Birnen ...), und je umfassender und klarer es ihm erscheint, desto verzweifelter wird Byron. Eines Tages wird er alles wissen - und doch so machtlos sein wie zuvor. Sein ungestümer Jugendtraum, die Vereinigung der Birnen aller Länder, scheint jetzt unmöglich - das Netz ist weit offen, alle Botschaften können abgehört werden, es sitzen genügend Verräter draußen in den Leitungen. Propheten haben traditionsgemäß kein langes Leben: sie werden entweder gleich ermordet, oder man verwickelt sie in einen Unfall, der ernst genug ist, um sie zum Nachdenken zu veranlassen, und meistens ziehen sie sich dann zurück. Byron jedoch ist ein noch besseres Schicksal zugemessen. Er ist verdammt, bis in alle Ewigkeit weiterzuexistieren, wissend um die Wahrheit und doch machtlos, etwas zu verändern. Nicht länger mehr wird

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