Die Enden der Parabel
Anarchistenbombe mit Lunte dran die brennt... Der Affe macht, daß er wegkommt. Slothrop steht erstarrt zwischen den spiegelfeuchten Räumen, sein Make-up rinnt ihm in Tropfen runter, Ratlosigkeit malt sich murmelklar in seinen Augen, die Lippen schürzen sich zu einem Verfluchtnochmalwasnun? Er kann nicht sprechen, der erwartete Verbindungsmann war noch nicht da, seine Stimme würde ihn verraten ... Die Lunte brennt immer tiefer herunter. Slothrop sieht sich um. Alle Wasch- und Pißbecken sind belegt. Soll er die Lunte einfach irgendwem unter den Schwanz halten, mitten in den Pissestrahl ... hm, aber würde das nicht so aussehen, als wollte ich einen Antrag machen... au weia, manchmal wünscht' ich wirklich, ich wär nicht so entschlußlos ... vi-vielleicht ginge's bei einem, der schwächer ist wie ich... aber gerade die Kleinen haben die Reflexe, vergiß das nicht -
Er wird aus seiner Unschlüssigkeit von einem sehr großen, fetten, ein wenig orientalisch aussehenden Transvestiten erlöst, dessen Ideal, auf der Leinwand wie im Leben, die kleine Margaret O'Brien zu sein scheint Irgendwie schafft's dieser Asiate, so ernst zu wirken, wie's zu seinen Zöpfen paßt, selbst jetzt, als er die Knisterbombe an sich reißt, losrast, sie in einer Kloschüssel versenkt, die Strippe zieht und sich wieder zu Slothrop und den anderen umdreht, auf dem Gesicht die frohe Miene bürgerlicher Pflichterfüllung als plötzlich -
KRUPPALOOMA diese riesenhafte Explosion ausbricht: Wasser springt mit blaugrünem, überraschtem Zungenschlag (jemals 'n Lokus "Igitt!" schreien gesehen?) aus jeder einzelnen der schwarzlidrigen Muscheln, Rohre platzen und kreischen, Wände und Fußboden beben, Verputz beginnt in Sicheln und Puderwolken von der Decke zu regnen, und all die schnatternden Transvestiten verstummen, berühren ihren Nächsten in einer stummen Geste der Vorbereitung auf Die Stimme Aus Dem Lautsprecher, die da spricht:
"Dies war eine Natriumbombe. Natrium explodiert, sobald es mit Wasser in Berührung kommt." Also war die Lunte eine Attrappe, diese dreckige Ratte ... "Ihr habt gesehen, wer sie in die Toilette geworfen hat. Er ist ein gefährlicher Irrer. Ergreift ihn, und ihr werdet reichlich belohnt werden. Euer Kleiderschrank könnte sich so herausputzen, daß der von Norma Shearer daneben wie die Mülltonne im Keller bei Gimbel's aussähe."
So werfen sie sich alle auf den armen, protestierenden Marga-ret-O'Brien-Verehrer, während Slothrop, für den die Demütigung und (schon bald, je länger sich das Eintreffen der Polizei verzögert) die sexuellen Schändungen und Foltern eigentlich bestimmt waren (das zahl ich dir heim, Paps!), auf leisen Sohlen davonschleicht, die Satinbänder seiner Robe lockert, als er dem Ausgang näher kommt und sich endlich, widerwillig, auch das Blondhaar von seinem fettschnörkeligen Kopf zerrt, die schimmernde Perücke der Unschuld ...
EIN AUGENBLICK DER KURZWEIL MIT TAKESHI UND ICHIZO, DEN KOMISCHEN KAMIKAZES
Takeshi ist groß und dick (flicht aber keine Zöpfe in sein Haar wie diese Margaret O'Brien), Ichizo ist klein und dürr. Takeshi fliegt eine Zero, während Ichizo ein Ohka-Gerät fliegt, was nichts als eine lange Bombe ist, mit einem Cockpit, in dem Ichi-zo sitzen kann, zwei Stummelflügeln, einem Raketenantrieb und ein paar Leitwerksflächen am Heck. Takeshi mußte nur zwei Wochen zur Kamikaze-Schule gehen, auf Formosa. Ichizo mußte sechs Monate lang zur Ohka-Schule gehen, in Tokio. Sie sind verschieden wie. Erdnußbutter und Gelee, die beiden. Unfair, zu fragen, wer davon was ist.
Sie sind die beiden einzigen Kamikazes auf diesem Stützpunkt hier, der ziemlich abgelegen ist, auf einer Insel, um die sich mittlerweile niemand mehr so richtig kümmert. Der Krieg spielt sich auf Leyte ab... dann auf Iwo Jima und Richtung Okinawa, aber immer zu weit weg, um von hier aus angeflogen werden zu können. Aber sie haben ihre Befehle, und ihr Exil. Zur Abwechslung gibt's kaum was, höchstens Strandspaziergänge, um tote Cypri-dinae zu sammeln. Was eine Krebsart ist, dreiäugig, sieht aus wie 'ne Kartoffel mit 'nem Schnurrbart. Getrocknet und pulverisiert, sind die Cypridinae eine großartige Lichtquelle. Damit das Zeug im Dunkeln leuchtet, braucht man nichts weiter als Wasser hinzuzufügen. Das Licht ist blau, ein unheimliches Blau in vielerlei Schattierungen, mit etwas Grün drin, etwas Indigo, ein geisterhaft kaltes und nächtliches Blau. In mondlosen oder bedeckten Nächten ziehen Takeshi und
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