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Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)

Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)

Titel: Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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den Weg ab. Gezielt erschossen sie wehrhafte Bewohner und stießen anschließend unaufhaltsam in das Dorf vor.
    Caiden hockte zusammen mit seinem Vater hinter einem Brunnen aus alten Backsteinen, der nahe ihrer Hütte Schutz vor den Angreifern bot. Schon vor Jahren hatten sich die beiden eine mit Sandsäcken verstärkte Defensivstellung gebaut, um den gelegentlichen Übergriffen marodierender Banden effektiver entgegentreten zu können. Durch lautes Gebrüll versuchten sie mit ihren Nachbarn eine wirksame Verteidigung aufzubauen, doch im ohrenbetäubenden Motorengeheul der Wüstenbuggys und dem chaotischen Bellen der Jagdhunde gingen ihre Anweisungen ungehört unter. Cassidy war ins Innere der Wellblechhütte geflüchtet und verfolgte das Geschehen mit einem Auge an der Eingangstür. Als Caiden die Aussichtslosigkeit ihres letzten Aufbegehrens erkannte, klopfte er seinem Vater auf die Schulter, lief anschließend gebückt auf seine eingeschüchterte Schwester zu und drückte ihr eine mit Wasser gefüllte Feldflasche in die Hand, die er bereits für die tägliche Jagd vorbereitet hatte. Die Worte, die er ihr dabei zurief, die er ihr ins Gesicht schrie, würde sie nie wieder vergessen können:
     
    »Lauf! LAUF, VERDAMMT NOCHMAL! LOS!«
     
Sein Befehl hallte noch immer durch ihren Kopf, zusammen mit dem Geschrei der sterbenden Freunde und Nachbarn. Traumatisiert musterte Cassidy leise schluchzend die Umgebung. Die spärliche Vegetation bestand aus trockenen Gräsern und verdorrten Überresten von Bäumen, die mit Entstehung der Spalte ihre Lebensgrundlage verloren hatten. Eine bedrückende Stille lag in der Luft, kein Windhauch, keine Menschen oder Tiere, die Geräusche von sich gaben. Nachdem sie sich beruhigt hatte, konnte sie ihren allmählich langsamer werdenden Herzschlag hören. Cassidy versuchte sich von den grausamen Bildern abzulenken, indem sie sich an die Überlebensstrategien erinnerte, die sie ihr älterer Bruder einst gelehrt hatte. Caiden unternahm hin und wieder Wanderungen zu dem befreundeten Dorf, das zwei Tagesreisen weiter westlich lag. Entgegen dem Willen ihrer Eltern ließ er sich ein paar Mal von seiner Schwester begleiten, doch nun musste sie den Weg alleine finden, wenn sie überleben wollte. Cassidy beschloss sich zunächst einen Überblick zu verschaffen und suchte nach einer geeigneten Stelle, um die Felswand hinaufzuklettern. In östlicher Richtung stieg eine gewaltige Rauchwolke in den Himmel; die Gang hatte ihre Siedlung in Brand gesteckt. Für einen Moment schloss das Mädchen die Augen in einem erneuten Anfall von Trauer und Verzweiflung, zwang sich anschließend jedoch, dem Überlebenstrieb Vorrang zu gewähren. Sie blickte gen Westen, wo sich ein seltsam anmutender Wald auf einem Hügel erhob, an dessen Fuße es nichts als kahle Steppe gab. Die Wurzeln der toten Bäume erschwerten die Erosion und hielten so auch Jahrzehnte nach ihrem Tod die Erde an Ort und Stelle. Die trotzigen Gewächse stellten außerdem den ersten Wegpunkt auf der Reise in das Nachbardorf dar. Vorsichtig ließ sich das Mädchen aus ihrem Versteck an der Felswand zurück auf den Grund des Grabens hinabgleiten und begann ihre Wanderung ins Ungewisse. Ohne Nahrung und mit dem spärlichen Wasservorrat musste sie ihre Kräfte einteilen und konzentrierte sich darauf, gleichmäßig einen Fuß vor den anderen zu setzen. Glücklicherweise spendete die Spalte den ganzen Tag lang kühlen Schatten und reduzierte so ihren Flüssigkeitsverlust.
    Erst kurz vor Einbruch der Nacht erreichte Cassidy den bewaldeten Pikahügel. Er verdankte seinen Namen den inzwischen verschwundenen Pfeifhasen, die hier vor der Klimaerwärmung gelebt hatten. Die Bäume selbst waren schon vor Jahrzehnten in der Hitze verdorrt, lediglich am Boden behaupteten sich vereinzelte Gräser und Sträucher. Trotzdem konnte sie nirgendwo etwas Essbares finden, um ihren Hunger zu stillen. Das Wasser aus der Feldflasche hatte den Tag nicht überlebt, zu anstrengend war die Hetzjagd durch die Schlucht gewesen. Als sich die Dunkelheit wie ein kalter Schleier über die Steppe legte und ihr ausgezehrter Körper vor Erschöpfung zu zittern begann, rollte sich das Mädchen in einer weichen Mulde zusammen und schlief binnen weniger Minuten ein.
    Während der Nacht wälzte sich Cassidy von Alpträumen geplagt auf dem Boden hin und her. Gern hätte sie sich mit Zweigen oder trockenen Blättern zugedeckt, doch ihr Bruder lehrte sie bereits als Kind, dass derartige

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