Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
wenig sie sich über den unerwarteten Besuch freute. An ihrem Kragen erkannte Jade die Rangabzeichen eines sicariianischen Sergeants. Sie kommandierte demnach einen Trupp aus zwölf Soldaten, der sich vermutlich im Umkreis des Herrenhauses verschanzt hatte. Kahlrasierte Köpfe waren bei weiblichen Legionärinnen nicht unüblich, besonders bei Unteroffizierinnen, die von ihren Männern zunächst als Soldatin und erst danach als Frau gesehen werden wollten.
»Der Plan deines Colonels ist fehlgeschlagen«, antwortete ihr Jade und stolzierte dabei unaufhaltsam auf sie zu. Dog kannte zwar weder die Ränge noch die Taktiken der sicariianischen Armee, aber auch er konnte spüren, wie ihn unzählige Augen in den Getreidefeldern beobachteten. »Euer Konvoi wurde bei einem Luftangriff zerstört. Dein Colonel ist tot, die Gefangenen sind entkommen«, fuhr Jade fort, bis sie unmittelbar vor Charles und der Soldatin stand. »Du bist allein!«, hauchte sie ihr zu.
»Allein?«, echote sie zurück. Diesmal mit einem deutlich spöttisch klingenden Unterton. Anschließend nahm sie Daumen und Zeigefinger in den Mund und pfiff einmal laut in die untergehende Abendsonne, woraufhin die versteckten Legionäre aus ihren Löchern kamen. Einen Moment lang blickten sie sich fragend an, richteten dann aber alle ihre Gewehre auf Jade und Dog.
»Ihr verdammten Bacchae!«, giftete die Soldatin und streckte dabei ihren Kopf in Jades Richtung, so als wollte sie ihr am liebsten das Ohr abbeißen. »Ständig meint ihr, euch in alles einzumischen und uns Befehle erteilen zu dürfen! Doch damit ist jetzt Schluss! Verschwinde und nimm diesen Verräter mit, bevor ich euch beide erschießen lasse!«
Jade trat einen Schritt zurück und ließ es dabei aussehen, als würde sie tatsächlich die Flucht antreten wollen. Die Soldatin zog verächtlich die Mundwinkel hoch und entspannte sich, da riss Jade innerhalb eines Sekundenbruchteils ihr Schwert vom Rücken und schlug ihr mit einem Hieb den Kopf ab. Dog verschanzte sich sofort hinter einer Holzsäule auf der Terrasse des Herrenhauses und Charles hätte sich in Erwartung des nun folgenden Feuergefechts beinahe aus seinem Rollstuhl fallen lassen.
Jade hingegen schien für ein paar Augenblicke wie zur Salzsäule erstarrt. Das Blut ihres ahnungslosen Opfers tropfte von der Klinge auf den aufgeplatzten Holzboden und versickerte zwischen den knochentrockenen Brettern. Die Sklaven warfen sich auf die Erde oder versteckten sich in den Schuppen. Cassidy entsicherte ihr Gewehr und spähte unter dem klapprigen Kombi hindurch.
Doch nichts geschah. Keiner der Legionäre wagte es, einen Schuss abzugeben. Jade stach ihre Schwertspitze in den Hals des Kopfes und stolzierte die drei Stufen der Veranda hinab auf die Straße.
»Gibt es hier sonst noch jemanden, der ein Problem mit uns hat?«, schmetterte sie den Soldaten entgegen. Bis auf ihr Schwert in der rechten Hand schien sie völlig unbewaffnet und trug nicht mal eine schusssichere Weste unter dem leichten Trenchcoat. Die lag zusammen mit ihrer Schrotflinte im Kofferraum der Rostlaube.
Ein einzelner Schuss würde genügen, um ihr das Maul zu stopfen , dachte sich Dog im Stillen. Jade hatte ihm den Rücken zugekehrt und war umgeben von Legionären, die sicher nicht unglücklich darüber wären, wenn er sie aus dem Weg räumen würde. In diesem Moment bemerkte er, wie er sein Gewehr stattdessen instinktiv auf die sicariianischen Soldaten ausgerichtet hatte.
»Euer Colonel ist tot! Euer Sergeant ist tot! Ihr habt hier nichts mehr verloren!«, rief Jade ihnen zu. Sie schleuderte den leblosen Schädel in Richtung der Legionäre und zeigte mit ihrem ausgestreckten Schwert auf die Hauptstraße. »Verschwindet, bevor euch das gleiche Schicksal ereilt!«
Dann geschah etwas, womit Cassidy und Dog nie im Leben gerechnet hätten. Zwölf sicariianische Soldaten, alle bis an die Zähne bewaffnet und gut verschanzt, verließen ihre Stellungen und traten den Fußmarsch nach Arnac an, für den sie die halbe Nacht brauchen würden. Jade wartete geduldig, bis die Legionäre außer Reichweite waren und kehrte anschließend zur Veranda zurück. Charles ließ ein paar Sklaven die Leiche wegschaffen, während er sich den Angstschweiß von der Stirn wischte.
»Was zum Henker war denn das?«, fauchte Dog Jade an.
»Sie ist eine verdammte Bacchae«, erklärte Charles mürrisch. Er wirkte dabei trotzdem, als wäre ihm eine schwere Last von der Brust genommen worden. »Die haben viel zu
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